Leitsatz (amtlich)

Die von einer ausländischen Versandapotheke getätigte Ausstellung von Quittungen zur Vorlage bei der gesetzlichen Krankenkasse über eine Zuzahlung, die die Kunden wegen einer nicht auf dieser Quittung vermerkten anderweitigen Gutschrift nur zur Hälfte geleistet haben, stellt eine Unlauterkeit nach § 3 Abs. 2 UWG dar.

 

Normenkette

UWG § 3

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Urteil vom 21.07.2016; Aktenzeichen 7 O 1/16 KfH)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Ravensburg vom 21.07.2016, Az. 7 O 1/16 KfH, wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus dem Unterlassungsanspruch durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,00 Euro und aus dem Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert: 100.000,00 Euro

 

Gründe

A. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Unterlassung, an Endverbraucher in Deutschland Zuzahlungsquittungen über einen Betrag auszustellen, der von diesen nie an sie geleistet wurde.

I. Der Kläger ist Inhaber der B.-Apotheke in K. und verfügt zudem über eine Versandhandelserlaubnis, die er im Internet unter der Anschrift "www.f ...-p... de" nutzt. Die Beklagte ist eine in den Niederlanden ansässige Versandhandelsapotheke, die ihr Internetangebot auf den deutschen Markt ausrichtet.

Die Beklagte warb auf ihrer Internetseite mit dem folgenden "Rezeptbonus" (Anlage K 7):

"D.-Rezeptbonus

Für jedes rezeptpflichtige Medikament erhalten Sie in jedem Fall einen Rezeptbonus von 2,50 EUR - selbst, wenn Sie keine Zuzahlung leisten müssen. Für zuzahlungspflichtige Medikamente erhalten Sie sogar einen Rezeptbonus in Höhe der halben gesetzlichen Zuzahlung - das sind bis zu fünf Euro."

Darunter heißt es u.a.: "Bonus wird direkt mit dem Rechnungsbetrag verrechnet."

Im Juni 2015 bestellte eine gesetzlich krankenversicherte Kundin, Frau S. K., bei der Beklagten das Medikament "F. D.". Der gesetzliche Zuzahlungsbetrag lag bei 5,71 Euro (Anlage K 1). Die Beklagte stellte der Kundin die in der Urteilsformel des LG abgedruckte Zuzahlungsquittung zur Vorlage bei der Krankenkasse über diesen Betrag aus (Anlage K 2). Zugleich schrieb sie dem Kundenkonto die Hälfte dieses Betrages (2,86 Euro) gut und verlangte Zahlung von 2,85 Euro (Anlage K 3).

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Ausstellung der Quittung über eine höhere als tatsächlich geleistete Zahlung sei wegen eines Verstoßes gegen die fachliche Sorgfalt wettbewerbswidrig. Die Quittung erlaube dem Käufer, gegenüber der Krankenkasse und dem Finanzamt eine höhere als tatsächlich erbrachte Belastung geltend zu machen und damit die Belastungsgrenzen schneller zu erreichen.

Der Kläger hat erstinstanzlich sinngemäß folgenden Antrag gestellt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, gegenüber gesetzlich versicherten Endverbrauchern in Deutschland Zuzahlungsquittungen zur Vorlage bei der gesetzlichen Krankenkasse über einen Betrag auszustellen, den der Kunde tatsachlich als Zuzahlung an die Beklagte nicht geleistet hat, wenn dies geschieht wie folgt (gemäß Anlage K 2):

((Abbildung))

II. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Festsetzung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ersatzordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren angedroht.

III. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Verletzungshandlung gem. Ziff. 1 zu erteilen, nämlich Auskunft über die Anzahl der Verschreibungen, bei denen den gesetzlich versicherten Endverbrauchern in Deutschland Zuzahlungsquittungen zur Vorlage bei der gesetzlichen Krankenkasse über einen Betrag ausgestellt wurden, den der Kunde tatsachlich nicht als Zahlung an die Beklagte geleistet hat, aufgeschlüsselt nach Kalendermonaten und Bundesländern sowie die mit diesen Verschreibungen erzielten Umsatze, sowie Auskunft über die Werbung für diese Handlungen, wobei die Angaben nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger, Bundesländern und Kalendervierteljahren aufzuschlüsseln sind.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die Handlung Ziff. 1 entstanden ist und noch entstehen wird.

V. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen Betrag von 1.973,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.10.2015 sowie ferner weitere 1.973,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.02.2016 zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, die Gutschrift stehe nicht in einem Zusammenhang mit der Zuzahlungspflicht. Es handle sich um einen Willkommensbonus, der unabhä...

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