Entscheidungsstichwort (Thema)

Bürgschaftsforderung

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 06.08.1999; Aktenzeichen 15 O 125/99)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 06.08.1999

geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 203.528,29 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 09.11.1998 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 245.000,– DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Der Kläger kann Sicherheit durch schriftliche, unbedingte, unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft einer als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen deutschen Bank oder Sparkasse leisten.

Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Beklagten:

je 203.528,29 DM.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern wegen Kosten der Abrechnung und Erstattung von Überzahlungen in Anspruch.

Der Kläger beauftragte am 30.04.1994 die … mit der Ausführung von Erd-, Beton-, Stahlbeton- und Rohrverlegearbeiten für den Ausbau einer Kläranlage. Die Auftragnehmerin änderte danach ihren Firmennamen in … Anfang Dezember 1995 wurde über das Vermögen der Auftragnehmerin das Konkursverfahren eröffnet. Der Kläger hat den Bauvertrag mit Schreiben vom 25.01.1996 nach § 8 VOB/B gekündigt und die …, die zuvor bereits als Subunternehmerin der Gemeinschuldnerin tätig war, mit der Ausführung von Restarbeiten beauftragt. Im Bauvertrag zwischen dem Kläger und der Gemeinschuldnerin wurde die Geltung der VOB/B sowie der Besonderen Vertragsbedingungen (KEVM (B) BVB; Anl. B 12) und der Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (KEVM (B) ZVB; Anl. B 13) vereinbart. Mit Rücksicht auf Nr. 6 BVB i.V.m. Nr. 33 und Nr. 34 ZVB übernahm die Beklagte am 08.06.1994 eine Bürgschaft auf erstes Anfordern (Anl. K 1). Die Bürgschaft dient nach ihrer formularmäßigen Zweckerklärung als Sicherheit für die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen der Auftragnehmerin aus dem Vertrag – insbesondere für die vertragsgemäße Ausführung der Leistung einschließlich der Abrechnung, Gewährleistung und Schadenersatz – und für die Erstattung von Überzahlungen gegenüber dem Kläger i.H.v. 310.440,– DM.

Der Konkursverwalter hat dem Kläger mit Schreiben vom 12.02.1996 mitgeteilt, er habe mit der Fa. … vereinbart, daß deren Büroleiter für den Tiefbau das Aufmaß und die Schlußrechnung erstelle. Die Fa. … berechnete dem Konkursverwalter am 18.02.1998 für ihre Abrechnung 92.309,70 DM. Der Konkursverwalter wies mit Schreiben vom 27.04.1998 diese Rechnung zurück. Die Stadtverwaltung … forderte mit Schreiben vom 20.05.1998 den Konkursverwalter auf, die Schlußrechnung umgehend vorzulegen. Für den Fall, daß die Abrechnung des Bauvorhabens nicht bis 30.06.1998 erfolgen könne, werde sie dem Kläger daraus entstehende Nachteile (Rückforderung von öffentlichen Zuschüssen) in Rechnung stellen. Mit Schreiben vom 15.07.1998 kündigte der Kläger gegenüber dem Konkursverwalter an, nunmehr die Schlußrechnung selbst gem. § 14 Nr. 4 VOB/B auf Kosten des Auftragnehmers aufzustellen und für den entstehenden Aufwand die Beklagte aus der Bürgschaft in Anspruch zu nehmen.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 23.10.1998 (Anl. K 3) die Beklagte aus der Bürgschaft in Anspruch genommen. Er macht dabei geltend, eine Überzahlung von 17.332,44 DM und Aufwendungen für die Erstellung der Schlußrechnung gem. Rechnung des Ingenieurbüros … vom 01.07.1998 über 93.886,15 DM und der Fa. … vom 20.10.1998 über 92.309,70 DM (Anl. K 5). Die Rechnung der Fa. … entspricht – abgesehen vom Rechnungsdatum und der Rechnungsnummer – derjenigen vom 18.02.1998. Auf einer Besprechung am 29.06.1998 zwischen Vertretern des Klägers, der Fa. …, dem Ingenieurbüro … und dem Konkursverwalter verständigten sich die Beteiligten darauf, daß für die Kosten der Abrechnung die Vertragserfüllungsbürgschaft in Anspruch genommen werden soll.

Der Kläger meint, er habe nur – wie besprochen – zeitnah in den Besitz einer Schlußrechnung gelangen können. Andernfalls hätte er einen Dritten mit der Erstellung beauftragen müssen. In jedem Fall hätte er wegen der Vergütung für die Erstellung der Schlußrechnung auf die Bürgschaft der Beklagten zurückgegriffen.

Der Kläger hat beantragt.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 203.528,29 DM nebst 5 % Zinsen seit 09.11.1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, die Bürgschaft sei wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam. Ihre Inanspruchnahme aus der Bürgschaft auf erstes Anfordern sei rechtsmißbräuchlich, weil der Kläger versuche, in kollusivem Zusammenwirken mit dem Konkursverwalter der Beklagten als Bürgin die Kosten für die Erstellung der Schlußrechnung aufzubürden. Die Abrede gehe dahin, daß der vom ...

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