Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreiber. Eisenbahninfrastrukturunternehmen. Insolvenzverwalter. Kündigung des Pachtvertrages. Ordnungsverfügung. Rückgabe der Genehmigung. Stilllegungsverfahren. Zulässigkeit der Klage gegen eine Zwangsmittelandrohung bei Ablauf der (in der Grundverfügung) gesetzten Frist zur Handlung und fehlende Pflicht zur Beachtung der Frist wegen der aufschiebenden Wirkung der Klage. Eisenbahnrechtliche Ordnungspflicht eines Insolvenzverwalters. Verpflichtung zur Durchführung eines Stilllegungsverfahrens für die Eisenbahninfrastruktur Q-V

 

Leitsatz (amtlich)

Eisenbahnrechtliche Ordnungspflicht des Insolvenzverwalters

  1. Unzulässig ist die Klage gegen die Zwangsmittelandrohung, wenn die (hier in der Grundverfügung) gesetzte Frist zur Handlung abgelaufen ist und die Frist wegen der aufschiebenen Wirkung der Klage nicht beachtet werden musste.
  2. Die Betriebsaufnahme des Eisenbahninfrastrukturunternehmens löst die generelle Betriebspflicht des letzten Betreibers aus und stellt ihn bzw. das Infrastrukturunternehmen vor die Wahl, eine Strecke entweder dauernd betriebsbereit und betriebssicher vorzuhalten oder aber nach dem vorgesehenen Verfahren still zu legen.
  3. Ein wirksamer Verzicht auf die Genehmigung gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 2 AEG ist wegen fehlender Dispositionsbefugnis des Inhabers der Genehmigung über den Bestand der betroffenen Rechtsposition nicht erfolgt.
  4. Der Anordnung der Durchführung eines Stilllegungsverfahrens im Sinne des § 11 AEG steht nicht entgegen, dass die streitgegenständliche Strecke nicht mehr durchgängig befahrbar ist.
  5. Der Betreiber der Eisenbahninfrastruktur ist aufgrund der Kündigung des Pachtvertrages nicht daran gehindert, ein „Angebot für die Übernahme der Infrastruktureinrichtungen durch Verkauf oder Verpachtung zu in diesem Bereich üblichen Bedingungen” zu machen und darüber Verhandlungen mit Dritten im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 AEG zu führen.
  6. Ein Insolvenzverwalter, der die Betriebsführung des Eisenbahninfrastrukturunternehmens übernommen und sich ihrer bis zum Erlass der streitgegenständlichen Stilllegungsverfügung nicht wirksam entledigt hat, haftet ordnungsrechtlich als Handlungsstörer, weil die ihm aufgegebene Stilllegungsmaßnahme an die Betreiberstellung der Eisenbahninfrastruktur anknüpft.
 

Normenkette

AEG § 6 Abs. 3 Nr. 2, § 11

 

Verfahrensgang

VG Halle (Saale) (Entscheidung vom 05.04.2011; Aktenzeichen 6 A 200/09)

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine ihm seitens des Beklagten auferlegte Verpflichtung zur Durchführung eines Stilllegungsverfahrens für die Eisenbahninfrastruktur Q-V.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter der D. Eisenbahngesellschaft mbH (D.EG), über deren Vermögen mit Beschluss des Amtsgerichtes Hagen vom 31. März 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Mit Bescheid vom 11. Juni 2003 erteilte das damalige Ministerium für Bau und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt der vorgenannten Gesellschaft die Genehmigung, als öffentliches Eisenbahninfrastrukturunternehmen die Strecke von Q., Spitze der Weiche 34 im Streckenkilometer 15,442 bis V., Spitze der Weiche 5 im Streckenkilometer 30,615 zu betreiben. Eigentümerin der Grundstücke und Grundstücksteilflächen dieser Strecke einschließlich der darauf befindlichen Gebäude ist die (…) AG. Zuvor hatten die (…) AG und die D.EG mit Vertrag vom 20. Dezember 2002 die Verpachtung der zur Strecke gehörenden Grundstücke, Grundstücksteilflächen und der hierauf befindlichen Betriebsanlagen sowie die Übergabe/Übernahme des Betriebes und den Weiterbetrieb der Eisenbahninfrastruktur ohne zeitliche Unterbrechung für den öffentlichen Eisenbahnverkehr vereinbart.

In § 5 des Vertrages wurde die Übergabe der Strecke „wie sie steht und liegt” sowie der Betriebsführung auf die D.EG vereinbart; die Laufzeit des Vertrages war gemäß dessen § 10 Abs. 1 bis Ende des Jahres 2023 bestimmt. In § 10 Abs. 5 wurde zudem geregelt „Vor Beendigung des Vertrages hat der Pächter nach § 11 AEG … das Verfahren zur dauernden Einstellung des Betriebes der Infrastruktur durchzuführen”. Gemäß § 3 Abs. 1 Vertrages war die Verwendung der Pachtsache im Rahmen von § 1 nur zum Betrieb als öffentliche Eisenbahninfrastruktur gemäß § 3 AEG im eisenbahnbetriebsüblichen Maße zulässig.

Ob und inwieweit die D.EG sodann den Betrieb tatsächlich aufgenommen, mithin von der ihr erteilten Genehmigung Gebrauch gemacht hat, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Mit Schreiben vom 3. November 2003 teilte die (…) AG dem damaligen Ministerium für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt mit, dass die Strecke ab 31. Oktober 2003 an die D.EG verpachtet wurde, welche sie als öffentliche Eisenbahninfrastruktur weiter betreibe. Unter dem 8. Dezember 2003 teilte die D.EG der v. g. Behörde mit, dass ihr die Infrastruktur Q-V von der (…) AG per 30. November 2003 förmlich übergeben worden sei.

Nachdem über das Vermögen der D.EG das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, teilte der Kläger als bestellter Insolvenzverwalter der (…) AG mit Schreiben vom 21. Dezember...

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