Das Urteil ist nicht rechtskräftig; aufgehoben und zurückverwiesen durch Urteil des BVerwG vom 12.02.2002 – BVerwG 5 C 48.01 –

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Jugendhilfe (Hilfe zur Erziehung)

 

Verfahrensgang

VG Neustadt a.d. Weinstraße (Urteil vom 05.02.2001; Aktenzeichen 3 K 2281/00)

 

Nachgehend

BVerwG (Urteil vom 12.12.2002; Aktenzeichen 5 C 48.01, 5 PKH 42.01)

 

Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 5. Februar 2001 – 3 K 2281/00.NW – wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Übernahme der Unterbringungskosten für ihren Sohn in einem Mutter-Kind-Heim in einer Justizvollzugsanstalt durch die Beklagte während einer von ihr zu verbüßenden viermonatigen Freiheitsstrafe. Sie ist für ihren am 23. Januar 2000 geborenen Sohn allein sorgeberechtigt. Da es in rheinlandpfälzischen Justizvollzugsanstalten keine Einrichtungen gibt, in denen Mütter mit ihren Kindern untergebracht werden können, soll sie ihre Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt Frankfurt am Main III verbüßen, die über ein „Mutter-Kind-Heim” verfügt. Diese verlangt vor der Aufnahme eines Kindes u.a. die Kostenübernahmeerklärung des Unterhaltspflichtigen oder des örtlich zuständigen Jugendamtes. Im Jahr 2000 betrug der tägliche Entgeltsatz 128,30 DM. Da die Klägerin und ihr Sohn Sozialhilfe beziehen, stellte sie am 8. Mai 2000 bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung.

Gegen die Ablehnung dieses Antrages durch Bescheid vom 12. Mai 2000 erhob die Klägerin am 17. Mai 2000 Widerspruch und verwies darauf, dass es das Wohl ihres Sohnes unabdingbar erfordere, auch während ihrer Inhaftierung von ihr betreut und versorgt zu werden.

In einem Bericht des allgemeinen Sozialdienstes des Jugendamtes der Beklagten vom 30. Juni 2000 heißt es u.a., dass nach Prüfung der familiären und häuslichen Umstände eine Unterbringung und Versorgung des Kindes durch Verwandte nicht möglich sei. Eine Trennung von Mutter und Kind bis mindestens zur Vollendung des 3. Lebensjahres, wenn Kinder zumindest ansatzweise Verständnis für eine solche Trennung entwickeln könnten, werde zudem für nicht verantwortbar gehalten. Aus fachlicher Sicht des Jugendamtes verbiete sich daher derzeit eine Trennung von Mutter und Kind.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2000 wies der Stadtrechtsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein Anspruch auf Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 i.V.m. § 34 SGB VIII scheide aus, weil durch die beabsichtigte gemeinsame Unterbringung der Klägerin und ihres Sohnes deren Beziehung zueinander gerade nicht aufgelöst werde, so dass nicht durch eine Heimunterbringung auf eine Rückkehr in die Familie, auf eine Erziehung in einer anderen Familie oder auf eine Vorbereitung des Kindes auf ein selbständiges Leben hingearbeitet werden müsse. Bei dem Mutter-Kind-Heim der Justizvollzugsanstalt Frankfurt am Main III handele es sich zwar um eine Einrichtung im Sinne von § 19 SGB VIII. Voraussetzung für eine Hilfegewährung nach dieser Bestimmung sei aber zusätzlich, dass die Hilfe zur Erziehung wegen der Persönlichkeitsentwicklung des allein erziehenden Elternteiles erforderlich sei. Die Klägerin sei indessen zur Erziehung ihres Sohnes durchaus geeignet. Nach alledem bestehe kein Anspruch auf Hilfe zur Erziehung. Dies bedeute jedoch nicht zwangsläufig eine Trennung der Klägerin von ihrem Sohn. Vielmehr könnten gemäß § 80 Abs. 1 StVollzG die Klägerin und ihr Sohn in derselben Justizvollzugsanstalt untergebracht und nach Absatz 2 dieser Bestimmung von der Geltendmachung eines Kostenersatzanspruches abgesehen werden, wenn andernfalls die gemeinsame Unterbringung gefährdet würde.

Am 22. September 2000 hat die Klägerin daraufhin Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.

Mit Urteil vom 5. Februar 2001 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Mai 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2000 verpflichtet, der Klägerin Hilfe zur Erziehung in Form der Übernahme der Kosten für die Unterbringung ihres Sohnes in einem Mutter-Kind-Heim einer Justizvollzugsanstalt zu gewähren. Zur Begründung wurde ausgeführt: Zwar lägen aus den im Widerspruchsbescheid dargelegten Gründen die Voraussetzungen für eine Hilfe zur Erziehung gemäß § 19 SGB VIII nicht vor. Hingegen seien die Voraussetzungen des § 27 SGB VIII erfüllt, ohne dass zusätzlich auch die Voraussetzungen des § 34 SGB VIII vorliegen müssten; § 34 werde in § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII nur beispielhaft genannt. Hilfe zur Erziehung könne daher auch in Form der pädagogischen Betreuung von Mutter und Kind in einem Mutter-Kind-Heim einer Justizvollzugsanstalt gewährt werden. Die besonderen Verhältnisse in einer Justizvollzugsanstalt führten nämlich zu einem erzieherischen Bedarf. Insbesondere wegen ihrer Arbeitspfl...

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