Entscheidungsstichwort (Thema)

Baurechtliche Zulässigkeit einer Mobilfunkanlage als gewerbliche Nutzung in allgemeinem Wohngebiet

 

Leitsatz (amtlich)

In allgemeinen Wohngebieten sind Mobilfunkanlagen als gewerbliche Nutzung nicht nach § 4 Abs. 2 BauNVO allgemein zulässig, sondern bedürfen zu ihrer Zulassung einer Ausnahme nach § 34 Abs. 2 i.V.m. § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 1 BauNVO. Bei der Ermessensentscheidung nach § 31 Abs. 1 BauGB dürfen nur städtebauliche Gründe zu Grunde gelegt werden. Dabei darf die von der Mobilfunkanlage ausgehende Strahlenbelastung nicht zur Grundlage einer ablehnenden Entscheidung gemacht werden, wenn die Anlage die durch die Verordnung über elektromagnetische Felder – 26. BImSchV – festgelegten Grenzwerte einhält.

 

Normenkette

BauNVO § 4 Abs. 2, § 14 Abs. 2 S. 1; BauGB § 31 Abs. 1

 

Tenor

1. Unter Aufhebung des Bescheides vom 26.09.2003 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 01.06.2004 wird die Beklagte verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Ausnahme unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Gerichtskosten des Verfahrens tragen die Klägerin und die Beigeladene jeweils zu einem Viertel und die Beklagte zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Beigeladenen trägt die Beklagte jeweils zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Klägerin und die Beigeladenen jeweils zu einem Viertel. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Vollstreckung darf durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem jeweiligen Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abgewendet werden, falls nicht der betreffende Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Klärung der baurechtlichen Zulässigkeit einer Mobilfunkanlage auf dem Grundstück Untere K.straße Nr. 42 in …, Parzelle-Nr. 70/5, Flur 09, in der Gemarkung R..

Die Klägerin betreibt ein Mobilfunknetz. Im Rahmen des Ausbaus des Mobilfunknetzes soll auf dem im Eigentum der Beigeladenen stehenden Vorhabengrundstück eine Antennenanlage mit einer Gesamthöhe von 7 m errichtet werden.

Mit Antrag vom 03.07.2003 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die „Errichtung einer Antennenanlage als nichtstörende, gewerbliche Nutzung”. Gemäß den Planvorlagen soll auf dem in der Unteren K.straße Nr. 42 in R. vorhandenen dreigeschossigen Gebäude eine einschließlich des Blitzschutzes 7,00 m hohe Antennenanlage errichtet werden. Die Höhe der Antennenanlage allein beträgt 6,70 m. Die Antennenanlage soll auf dem von der Straße aus gesehen hinteren Gebäudeteil errichtet werden, das ca. 1,40 m höher ist als der vordere Gebäudeteil. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens legte die Klägerin eine Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post vom 16.07.2003, in der die Übereinstimmung der geplanten Anlage mit den strahlenschutzrechtlichen Bestimmungen bestätigt wird.

Mit Bescheid vom 26.09.2003 versagte die Beklagte der Klägerin die beantragte Baugenehmigung. Zur Begründung ist in dem Bescheid ausgeführt, die Antenne sei in einem allgemeinen Wohngebiet nicht allgemein zulässig und stelle keine Nebenanlage i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO dar. Die optische Wirkung der Antennenanlage führe zu einer wahrnehmbaren gewerblichen Überformung des allgemeinen Wohngebietes und sei deshalb gebietsfremd und störend.

Mit am 23.10.2003 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben legte die Klägerin Widerspruch ein. Außerdem beantragte sie die Erteilung einer Ausnahme. Zur Begründung führte sie aus, die gesundheitliche Unbedenklichkeit der Antennenanlage sei durch die Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post vom 16.07.2003 bescheinigt. Die Mobilfunkanlage sei nach § 4 Abs. 3 BauNVO in einem allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässig. Es handele sich dabei um einen nicht störenden Gewerbebetrieb. Unabhängig davon sei die Anlage auch als Nebenanlage nach § 14 Abs. 2 BauNVO zulässig. Da die streitgegenständliche Anlage der Versorgung mehrerer Baugebiete diene, sei § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO anwendbar. Mobilfunkanlagen seien nicht störende Gewerbebetriebe, wenn durch eine Standortbescheinigung die Einhaltung der Personengrenzschutzwerte der 26. BImSchV nachgewiesen sei. Dies sei im vorliegenden Fall durch die Standortbescheinigung vom 16.07.2003 geschehen. Das Ermessen der Beklagten bei der Entscheidung nach § 31 Abs. 1 BauGB sei auf Null reduziert. Bei der Ermessensentscheidung könnten nur städtebauliche Gründe berücksichtigt werden. Solche Gründe seien von der Beklagten aber nicht aufgeführt worden.

Der Widerspruch wurde mit auf Grund mündlicher Verhandlung vom 01.07.2004 ergangenem Widerspruchsbescheid zurückgewiesen. In dem Be...

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