Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen
Leitsatz (amtlich)
1. Eine die Gemeinschaftsordnung ändernde Vereinbarung über den Kostenverteilungsschlüssel läßt sich nicht allein daraus ableiten, daß mehrere Jahre lang eine von der Gemeinschaftsordnung abweichende Abrechnung erfolgt ist und die entsprechenden Eigentümerbeschlüsse nicht angefochten worden sind.
2. Leidet die Jahresabrechnung an einem Mangel und ist der Eigentümerbeschluß über die Jahresabrechnung ganz oder teilweise für ungültig erklärt worden, fehlen in der Regel auch die Voraussetzungen für die Entlastung des Verwalters.
3. Allein die Absicht eines Wohnungseigentümers, seine Wohnung zu verkaufen, steht seiner Wahl zum Verwaltungsbeirat in der Regel nicht entgegen.
4. Unbedenklich ist, daß die Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses, mit dem die Jahresabrechnung gebilligt wird, auf die Rechnungsposten beschränkt wird, bei denen Mängel vorliegen.
5. Der Verwalter, der bereits vor Verfahrenseinleitung sein Verwaltungsamt verloren hat, ist Verfahrensbeteiligter und rechtsmittelbefugt, wenn die Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses seine Rechtsstellung berührt.
6. Obwohl die Anschlußrechtsbeschwerde nicht als Rechtsmittel angesehen und eine Beschwer allgemein als Zulassungsvoraussetzung nicht gefordert wird, muß doch der Antrag des Anschlußrechtsmittels auf mehr gehen als das, was der angefochtene Beschluß bereits zugesprochen hat.
Normenkette
WEG § 10 Abs. 1 S. 2, § 16 Abs. 2, § 26 Abs. 1, § 28 Abs. 3, 5, § 45 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 1 T 2238/00) |
AG München (Aktenzeichen 481 UR II 893/99) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der weiteren Beteiligten und die Anschlußrechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 15. Januar 2001 werden zurückgewiesen.
II. Von den gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben der Antragsteller 1/10 und die weitere Beteiligte 9/10 zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 45.500 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus 16 Wohnungen bestehenden Wohnanlage mit Tiefgarage, die von der weiteren Beteiligten von 1994 bis Ende 1998 verwaltet wurde. Seit Ablauf der Amtszeit des letzten Verwalters am 31.12.2000 ist die Wohnanlage ohne Verwalter. Am 21.9.1999 genehmigten die Wohnungseigentümer zu Tagesordnungspunkt (TOP) 3b die von der weiteren Beteiligten erstellten Jahresgesamtabrechnung und die Einzelabrechnungen 1998, erteilten unter TOP 4 der weiteren Beteiligten und unter TOP 5 dem Verwaltungsbeirat Entlastung, genehmigten unter TOP 6 den Wirtschaftsplan 1999 und bestellten unter TOP 7 die Wohnungseigentümer N. und S. für die Dauer von drei Jahren zu Verwaltungsbeiräten.
Am 21.10.1999 hat der Antragsteller, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, beantragt, den Eigentümerbeschluß zu TOP 3b mit Ausnahme der Heizkosten, Verwaltungskosten und Garagenkosten, die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 4 bis 6 und den Eigentümerbeschluß zu TOP 7 hinsichtlich des Verwaltungsbeirats N. für ungültig zu erklären, hilfsweise festzustellen, daß zu TOP 5 kein Eigentümerbeschluß gefaßt worden ist.
Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 19.1.2000 die Anträge abgewiesen. Das Landgericht hat am 15.1.2001 auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers den Beschluß des Amtsgerichts abgeändert und die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 3b und 4 bis 6 im beantragten Umfang für ungültig erklärt. Im übrigen (hinsichtlich TOP 7) hat es das Rechtsmittel zurückgewiesen. Die weitere Beteiligte hat insoweit sofortige weitere Beschwerde eingelegt, als das Landgericht die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 3b, 4 und 6 für ungültig erklärt hat; mit Schriftsatz vom 7.6.2001 hat sie ihr Rechtsmittel hinsichtlich TOP 6 zurückgenommen. Der Antragsteller hat Anschlußrechtsbeschwerde eingelegt mit den Anträgen, hinsichtlich TOP 5 festzustellen, daß kein Eigentümerbeschluß zustande gekommen ist, TOP 7 für ungültig zu erklären, hilfsweise den Einzelgeschäftswert für TOP 7 von 5.000 DM auf 500 DM herabzusetzen.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten und die Anschlußrechtsbeschwerde des Antragstellers haben keinen Erfolg.
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Die Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse zu TOP 3b und 4 berührt die Rechtsstellung der weiteren Beteiligten; sie ist deshalb rechtsmittelbefugt, obwohl sie bereits vor Verfahrenseinleitung ihr Verwalteramt verloren hat (vgl. BayObLG WE 1992, 51; Staudinger/Wenzel WEG § 43 Rn. 12; Palandt/Bassenge BGB 60. Aufl. § 43 WEG Rn. 19).
2. Die Anschlußrechtsbeschwerde hinsichtlich des Eigentümerbeschlusses zu TOP 5 ist unzulässig. Das Landgericht hat den Eigentümerbeschluß für ungültig erklärt. Dem Anschlußrechtsmittelantrag, festzustellen, daß kein Eigentümerbeschluß zustande gekommen ist, fehlt deshalb das Rechtsschutzbedürfnis....