Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung des Begriffs „Überschuldung” in § 19 Abs. 2 InsO. Überschuldungsprüfung nach Liquidationswerten gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO als Regelfall. Überschuldungsprüfung nach Fortführungswerten gem. § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO als Ausnahmefall

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung des Begriffs der Überschuldung in § 19 Abs. 2 InsO im Hinblick auf die Insolvenzverschleppungshaftung nach § 64 Abs. 2 GmbHG.

 

Normenkette

InsO § 19 Abs. 2; GmbHG § 64 Abs. 2

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 01.11.2005; Aktenzeichen 7 U 49/05)

LG Berlin (Entscheidung vom 11.01.2005; Aktenzeichen 21 O 523/04)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 7. Zivilsenats des KG vom 1.11.2005 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Streitwert: 90.338,32 EUR.

 

Gründe

[1] Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

[2] Es liegt keiner der im Gesetz vorgesehenen Gründe vor, nach denen der Senat die Revision zulassen darf (§ 543 Abs. 2 ZPO). Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

[3] Entgegen der Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerde, die sich hierfür auf keine Belege in Rechtsprechung und Wissenschaft berufen kann, ist die Auslegung der neuen Vorschrift des § 19 Abs. 2 InsO nicht zweifelhaft. Aus dem Aufbau der Norm des § 19 Abs. 2 InsO folgt ohne Weiteres, dass die Überschuldungsprüfung nach Liquidationswerten in Satz 1 den Regelfall und die nach Fortführungswerten in Satz 2, der eine positive Fortbestehensprognose voraussetzt, den Ausnahmefall darstellt. Im Haftungsprozess wegen Insolvenzverschleppung nach § 64 Abs. 2 GmbHG hat die Geschäftsleitung daher die Umstände darzulegen und notfalls zu beweisen, aus denen sich eine günstige Prognose für den fraglichen Zeitraum ergibt. Aus dem Gesetzeswortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO folgt außerdem zweifelsfrei, dass eine günstige Fortführungsprognose sowohl den Fortführungswillen des Schuldners bzw. seiner Organe als auch die objektive - grundsätzlich aus einem aussagekräftigen Unternehmenskonzept (sog. Ertrags- und Finanzplan) herzuleitende - Überlebensfähigkeit des Unternehmens voraussetzt.

[4] Von einer weiteren näheren Begründung wird gem. § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1621038

BB 2007, 125

DB 2006, 17

DStR 2007, 628

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