Tenor
Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluß des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 23. Juli 2001 wird als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs gemäß § 2 Abs. 1 DNA-IFG in Verbindung mit § 81 g StPO gestattet, daß dem Betroffenen Körperzellen entnommen und zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters molekulargenetisch untersucht werden. Die hiergegen vom Betroffenen erhobene Beschwerde ist nicht zulässig.
Gemäß § 304 Abs. 4 Satz 1 StPO ist gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofs eine Beschwerde grundsätzlich nicht statthaft. Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs ist nach § 304 Abs. 5 StPO jedoch ausnahmsweise die Beschwerde zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Beschlagnahme oder Durchsuchung betreffen. Bei dieser, den Grundsatz der Unanfechtbarkeit durchbrechenden Bestimmung handelt es sich um eine die Anfechtungsmöglichkeit abschließend regelnde Ausnahmevorschrift, die restriktiv auszulegen und einer analogen Anwendung nicht zugänglich ist. Sie kann daher nur auf solche nicht ausdrücklich aufgezählten Verfügungen des Ermittlungsrichters erstreckt werden, die nach dem Wortsinn noch als Unterfall einer der in § 304 Abs. 5 StPO ausdrücklich genannten Eingriffsmaßnahmen unter den Wortlaut der Norm subsumierbar sind und nach Sinn und Zweck der zugrunde liegenden gesetzgeberischen Konzeption der Anfechtung offenstehen müssen (BGHSt 29, 13, 14; 36, 192, 195; 43, 262, 264). Nach diesen Maßstäben hat der Senat bisher lediglich die Arrestanordnung nach § 111 d StPO als Unterfall der Beschlagnahme (BGHSt 29, 13) und die Anordnung der Erzwingungshaft gegen einen Zeugen gemäß § 70 Abs. 2 StPO als Unterfall der Verhaftung (BGHSt 36, 192) als beschwerdefähig angesehen. Maßnahmen nach § 2 DNA-IFG in Verbindung mit § 81 g StPO werden dagegen von § 304 Abs. 5 StPO nicht erfaßt.
Die Anordnung der Entnahme von Körperzellen und deren molekulargenetischer Untersuchung zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters einer Person kann auch bei weitestem Verständnis des Wortsinns nicht mehr unter den Begriff einer der in § 304 Abs. 5 StPO genannten Maßnahmen subsumiert werden. Sie wird – entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers – aber auch nicht nach Sinn und Zweck der Vorschrift erfaßt. Zweck der Einführung des § 304 Abs. 5 StPO durch das Strafverfahrensänderungsgesetz 1979 war es, zur Entlastung des Staatsschutzsenats des Bundesgerichtshofs die Möglichkeit der Anfechtung von Verfügungen des Ermittlungsrichters auf einen engen Kreis von Maßnahmen zu begrenzen, die nachhaltig in die Rechtssphäre des jeweils Betroffenen eingreifen (vgl. die Gesetzesbegründung BRDrucks. 420/77 S. 57 f.). Dabei hat der Gesetzgeber aber nicht alle besonders eingriffsintensiven Maßnahmen der Anfechtung unterstellt. Vielmehr hat er andere Ermittlungsmaßnahmen, die in vergleichbarer oder noch schwerer wiegender Weise (Grund-)Rechte des Betroffenen berühren, nicht in den Katalog des § 304 Abs. 5 StPO aufgenommen, wie etwa die körperliche Untersuchung (§ 81 a StPO) oder die Überwachung des Fernmeldeverkehrs (jetzt: der Telekommunikation, § 100 a StPO). Er hat diesen auch später nicht erweitert, als er beispielsweise durch die gesetzliche Regelung der Aufzeichnung des nichtöffentlich gesprochenen Worts (§ 100 c Abs. 1 Nr. 2 und 3 StPO) oder des Einsatzes verdeckter Ermittler in Wohnungen (§§ 110 a, 110 c StPO) weitere in besonderem Maße grundrechtsrelevante und dem Richtervorbehalt unterstellte Ermittlungsmaßnahmen in die StPO einfügte. Dies zeigt, daß der Gesetzgeber den Ausnahmekatalog des § 304 Abs. 5 StPO nicht allein nach dem Maßstab der Schwere der angeordneten Eingriffe in (Grund-)Rechte der Betroffenen gestaltet, sondern auch andere Besonderheiten berücksichtigt, so etwa den Umstand, ob der Betroffene von der in Rede stehenden Eingriffsmaßnahme regelmäßig erst nach deren Beendigung erfährt (vgl. § 101 Abs. 1, § 110 d Abs. 1 StPO). Allein die Schwere des Eingriffs in Rechte des Betroffenen stellt daher kein Kriterium dar, das bei der Auslegung des § 304 Abs. 5 StPO eine Erweiterung des Katalogs dieser Vorschrift über den möglichen Wortsinn hinaus rechtfertigen könnte. Im Hinblick auf die restriktiven gesetzlichen Regelungen zum Umgang mit dem Zellmaterial und zum zulässigen Untersuchungsbereich der DNA (§ 2 DNA-IFG, § 81 g Abs. 2, § 81 f Abs. 2 StPO) käme die Intensität des Eingriffs hier zudem ohnehin nur der der Abnahme eines Fingerabdrucks gleich (vgl. BVerfG NStZ 2001, 328, 329).
Selbst wenn die Einwände des Betroffenen gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zutreffen sollten, wäre sein Rechtsmittel auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer sog. außerordentlichen Beschwerde zulässig. Eine außerordentliche Beschwerde gegen rechtskräftige Entscheidungen ist im Strafverfahren, zu dem im weiteren Sinne auch das DNA-Identitätsfeststellungsverfahren nach §§ 2 ff. DNA-IFG zählt (BVerfG NStZ 2001, 328; BGH StV 1999, 302), nicht anzuerkennen (BGHSt 45, 37). Dies gilt selbst dann, wenn die rechtskräftige Entscheidung Grundrechte des Betroffenen verletzt. Zwar hat bei Verstößen gegen Verfahrensgrundrechte, etwa gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) oder auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) der Richter, der die rechtskräftige Entscheidung erlassen hat, dem Grundrechtsverstoß auf Gegenvorstellung abzuhelfen (vgl. BVerfGE 63, 77, 78 f.; s. auch §§ 33 a, 311 a StPO). Dagegen ist die Anerkennung eines außerordentlichen weiteren Rechtsmittels und damit die Eröffnung einer gesetzlich nicht vorgesehenen weiteren fachgerichtlichen Instanz zur Beseitigung jeglicher Grundrechtsverstöße nicht geboten. Sie käme im Gegenteil mit der Garantie des gesetzlichen Richters in Konflikt (BGHSt 45, 37, 40).
Unterschriften
Tolksdorf, Winkler, Becker
Fundstellen