Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Senats für Familiensachen des OLG Brandenburg vom 13.10.2015 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.
Wert: bis 600 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Der Antragsteller nimmt - vertreten durch seine Mutter - den Antragsgegner, seinen Vater, im Wege des Stufenantrags auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch. Der Antragsgegner hat in erster Stufe den Auskunftsanspruch nur hinsichtlich seines Einkommens anerkannt. Das FamG hat den Antragsgegner über das Anerkenntnis hinaus verpflichtet, Auskunft auch über sein Vermögen am 31.12.2011 durch Vorlage eines spezifizierten Vermögensverzeichnisses über alle aktiven und passiven Vermögenswerte zu erteilen. Die nur hiergegen eingelegte Beschwerde des Antragsgegners hat das OLG als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 600 EUR nicht übersteige. Nach Aufhebung dieses Beschlusses durch den Senat (BGH, Beschl. v. 14.5.2014 - XII ZB 487/13, FamRZ 2014, 1286) und Zurückverweisung der Sache an das OLG hat dieses die Beschwerde erneut als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
II.
Rz. 2
Die gem. §§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
Rz. 3
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine erneute Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner auch nicht in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BGH v. 12.10.2011 - XII ZB 127/11, FamRZ 2011, 1929 Rz. 8 m.w.N.).
Rz. 4
2. Das OLG hat die Beschwerde zutreffend nach §§ 68 Abs. 2 Satz 2, 61 Abs. 1 FamFG als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 600 EUR nicht übersteigt.
Rz. 5
a) Das OLG hat ausgeführt, der Wert des Beschwerdegegenstands richte sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, der für den Antragsgegner mit der Auskunftserteilung und dem Zusammenstellen der Belege verbunden sei. Da ihm eine kostengünstige Auskunft aus dem Grundbuch oder aus dem Amtlichen Liegenschaftskataster nicht zur Verfügung stehe, sei der Antragsgegner darauf angewiesen, die Auskunft über den Bestand seiner Grundstücke durch das Sichten von Kaufverträgen und das Zusammentragen der daraus entnommenen Daten zu erstellen. Zur Bewertung des Zeitaufwands könne grundsätzlich auf die Verdienstausfallentschädigung für Zeugen nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz zurückgegriffen werden. Der Verweis des Antragsgegners auf mehrere hundert Grundstücke und seine Beteiligung an mehreren Unternehmen rechtfertige weder die Hinzuziehung eines Steuerberaters noch die Bewertung des vom Antragsgegner selbst zu betreibenden Aufwands mit mehr als 600 EUR. Zur Bewertung des Zeitaufwands, den der Antragsgegner mit rund 83 Stunden veranschlagt habe, sei auf einen Stundensatz von 3,50 EUR zurückzugreifen, den der Auskunftspflichtige in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringe noch einen Verdienstausfall erleide. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass die zur Auskunft erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden könnten. Dass der Antragsgegner dafür nach eigenen Angaben in seiner Freizeit knapp eineinhalb Monate benötige, sei in Anbetracht der bisherigen Dauer des Verfahrens nicht unangemessen. Selbst bei einer maßvollen Erhöhung des veranschlagten Zeitaufwands auf 100 Stunden werde somit nur ein Kostenbetrag von 350 EUR erreicht.
Rz. 6
b) Dadurch wird der verfahrensrechtliche Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz nicht verletzt.
Rz. 7
aa) Das OLG hat nunmehr zutreffend den vom Antragsgegner glaubhaft dargelegten Zeitaufwand von rund 83 Stunden für die Zusammenstellung von rund 500 Grundstücksdaten zugrunde gelegt.
Rz. 8
bb) Ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden sind die Erwägungen, mit denen das OLG den anzusetzenden Stundensatz für die Durchführung dieser Arbeiten festgestellt und mit 3,50 EUR zugrunde gelegt hat.
Rz. 9
(1) Zur Bewertung des vom Auskunftspflichtigen aufzuwendenden Zeitaufwands ist nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet. Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass die zur Auskunftserteilung erforderlichen Tätigkeiten in der Freizeit erbracht werden können. Der Auskunftspflichtige, der in Abweichung hiervon behauptet, dass ihm dies nicht möglich sei, hat die Gründe hierfür im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu machen (BGH, Beschl. v. 11.3.2015 - XII ZB 317/14, FamRZ 2015, 838 Rz. 16 f.).
Rz. 10
(2) Dies ist dem Antragsgegner nicht gelungen. Er hat nach dem nunmehr vom OLG gegebenen Hinweis vorgetragen, dass er knapp eineinhalb Monate benötige, wenn er die Auskunft in seiner Freizeit erstellte und diese ununterbrochen ausnutze. Damit hat er keine Gründe vorgetragen, die ihn an einer Erledigung der Arbeiten während seiner Freizeit hinderten, sondern lediglich die dafür nötige Erledigungsfrist mitgeteilt. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner die vom OLG angesetzten 100 Stunden zur Erfüllung des Auskunftsverlangens nicht in seiner Freizeit aufbringen kann, sind entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht ersichtlich. Daher ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht den Zeitaufwand des Antragsgegners entsprechend den Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) über die Entschädigung von Zeugen bewertet und dabei auf den in § 20 JVEG festgelegten Stundensatz von 3,50 EUR zurückgegriffen hat.
Rz. 11
(3) Das OLG war in der Frage der Bewertung des Stundensatzes auch nicht durch die Ausführungen in dem Senatsbeschluss vom 14.5.2014 (XII ZB 487/13, FamRZ 2014, 1286) gebunden. Zwar hatte das OLG, an das die Sache zurückverwiesen worden war, gem. § 74 Abs. 6 Satz 4 FamFG die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen. In Bezug auf den anzuwendenden Stundensatz hatte der Senat jedoch keine rechtliche Festlegung getroffen.
Rz. 12
Nachdem das OLG bei seiner ersten Befassung keine Feststellungen darüber getroffen hatte, ob der Antragsgegner die Arbeiten in seiner Freizeit erledigen kann oder ob er hierfür Arbeitszeit aufwenden muss, war Letzteres im Rahmen der rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung zu unterstellen und der Stundensatz auf Grundlage des vom Antragsgegner mitgeteilten monatlichen Nettoeinkommens in einer Größenordnung von 15 EUR anzunehmen. Die rechtsbeschwerderechtlich notwendige Unterstellung bindet das OLG jedoch nicht für das weitere Verfahren.
Rz. 13
(4) In Anbetracht des vom OLG nunmehr ermittelten Stundensatzes von 3,50 EUR wird der nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands von über 600 EUR selbst unter Zugrundelegung der vom Antragsgegner geltend gemachten Stundenzahl deutlich unterschritten.
Fundstellen
FamRZ 2016, 1154 |
FuR 2016, 472 |