Tenor
I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 23. März 2000 aufgehoben. Auf die Berufung der Parteien wird das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 27. Juli 1999 teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 579.689,08 DM zu zahlen nebst Zinsen aus 502.766,08 DM in Höhe von jährlich
- 6,5 % seit dem 21. Oktober 1995 bis zum 30. Januar 1996,
- 6,25 % seit dem 31. Januar 1996 bis zum 14. April 1996,
- 5,75 % seit dem 15. April 1996 bis zum 30. Oktober 1996,
- 5,00 % seit dem 31. Oktober 1996 bis zum 29. Januar 1997,
- 4,00 % seit dem 30. Januar 1997 bis zum 17. April 1997,
4,60 % seit dem 18. April 1997
sowie aus 76.923,00 DM in Höhe von jährlich
- 5,75 % seit dem 15. Juni 1996 bis zum 30. Oktober 1996,
- 5,00 % seit dem 31. Oktober 1996 bis zum 29. Januar 1997,
- 4,00 % seit dem 30. Januar 1997 bis zum 17. April 1997,
- 4,60 % seit dem 18. April 1997.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin darüber hinaus weitere 395.751,85 DM zu zahlen nebst Zinsen
- aus 395.178,00 DM in Höhe von jährlich 8 % seit dem 31. März 1995 und
- aus 573,85 DM in Höhe von jährlich
- 6,50 % seit dem 6. Dezember 1995 bis zum 30. Januar 1996,
- 6,25 % seit dem 31. Januar 1996 bis zum 14. April 1996,
- 5,75 % seit dem 15. April 1996 bis zum 30. Oktober 1996,
- 5,00 % seit dem 31. Oktober 1996 bis zum 29. Januar 1997,
- 4,00 % seit dem 30. Januar 1997 bis zum 17. April 1997,
- 4,60 % seit dem 18. April 1997.
3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 1/8 der Kosten der ersten Instanz, im übrigen tragen die Beklagten die Kosten sämtlicher Rechtszüge als Gesamtschuldner.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche aus einem Unternehmenskaufvertrag. Mit notariellem Vertrag vom 6. November 1992 erwarben die Beklagten von der damals als Treuhandanstalt bezeichneten Klägerin die Geschäftsanteile an der T. Textilbetrieb GmbH (künftig GmbH).
In § 4 Abs. 4 des Kaufvertrages vereinbarten die Vertragsparteien eine Neu- (bzw. Nach-)bewertung des im Eigentum der GmbH stehenden Grundbesitzes. Im einzelnen heißt es dazu:
„Zum Anlagevermögen der Gesellschaft gehört Grundbesitz. Die Parteien sind sich darüber einig, daß wegen des noch nicht funktionsfähigen Grundstücksmarktes eine verläßliche Ermittlung des Verkehrswertes von Grund und Boden zur Zeit nicht möglich ist. Dem Kaufpreis liegt deshalb ein vorläufiger Wertansatz für den Grund und Boden (nachfolgend auch „Ausgangswert”) wie folgt zugrunde:
Grundstücksbezeichnung |
Grundbuch von |
Flurstück |
Größe |
DM/m² |
G. |
str. |
P. |
275/3 |
7152 |
9,– |
G. |
str. |
P. |
254/3 |
1146 |
9,– |
G. |
str. |
P. |
280 |
10520 |
9,– |
Die Parteien werden auf den 31.12.1994 eine Neubewertung von Grund und Boden der Gesellschaft (ohne Gebäude) durchführen, die, sollten sich die Parteien darüber nicht innerhalb von zwei Monaten nach diesem Datum anderweitig einigen, auf Antrag einer der Parteien oder der Treuhandanstalt für beide Seiten verbindlich von einem öffentlich-rechtlich bestellten und vereidigten von der Industrie- und Handelskammer Dresden zu bestellenden Grundstückssachverständigen durchzuführen ist. Die Kosten für die Erstellung des Gutachtens tragen die Parteien je hälftig. Bei der Neubewertung bleiben solche etwaigen Werterhöhungen, die auf zwischenzeitliche Maßnahmen, wie insbesondere Bau- oder Erschließungsmaßnahmen, die der Käufer (bzw. die Gesellschaft) selbst durchgeführt oder für die er (sie) die Kosten getragen hat, unberücksichtigt. Übersteigt der so ermittelte Verkehrswert den dem Kaufpreis zugrunde gelegten vorläufigen Wert für den Grund und Boden, so hat der Käufer den Betrag in Höhe der Wertdifferenz, höchstens jedoch DM 21,– pro m², innerhalb von 5 Jahren nach der Einigung bzw. Gutachtenerstellung in fünf gleichen Jahresraten vorschüssig an den Verkäufer zu bezahlen und ab dem 31.03.1995 mit 8 % p.a. zu verzinsen.”
In § 6 des Vertrages wurde den Beklagten eine Investitionsverpflichtung auferlegt. Danach hatten sie dafür einzustehen, daß der Gesellschaft bis spätestens 31. Dezember 1994 Mittel zu Investitionen in Höhe von 1.500.000 DM zur Verfügung stünden. Für den Fall, daß sie ihrer Verpflichtung nicht oder nur teilweise nachkämen, sollte die Klägerin – vom Vorliegen bestimmter Ausnahmetatbestände abgesehen – berechtigt sein, eine Vertragsstrafe in Höhe von 25 % der nicht durchgeführten Investitionen zu verlangen.
Die nach § 4 Abs. 4 des Vertrages veranlaßte Neubewertung der Grundstücke der GmbH ergab jeweils qm-Preise von mehr als 30 DM. Die Beklagten zahlten die daraufhin von der Klägerin verlangten Beträge (316.142,40 DM sowie – zahlbar zum 28. September 1999 – 79.035,60 DM und anteilige Gutachterkosten von 573,85 DM) nicht. Ebenso vergeblich forderte die Klägerin wegen unterlassener Investitionen gemäß § 6 Abs. 2 bis Abs. 4 des Vertrages 375.000 DM (= 25 % der zugesagten Investitionen von 1.500.000 DM). Wegen dieser und anderer Ansprüche aus dem Kaufvertrag sowie wegen einer von der Beklagten am 13. Juli 1993 übernommenen (weiteren) strafbewehrten Verpflichtung zu Investitionen (Vertragsstrafe von 76.923,00 DM) hat die Klägerin mit ihrem Antrag zu 1) Zahlung von 1.041.716,25 DM sowie der weiteren 79.035,60 DM verlangt. Ferner hat sie mit ihrem Antrag zu 2) Stufenklage erhoben.
Das Landgericht hat die Beklagten durch Teilurteil zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 375.000 DM verurteilt, weil die Beklagten ihrer Investitionspflicht aus dem Vertrag vom 6. November 1992 nicht nachgekommen seien. Wegen weiterer nicht eingehaltener Zusagen aus dem Vertrag hat es die Beklagten für verpflichtet gehalten, 150.000 DM zu zahlen. Ferner hat es dem mit der Stufenklage geltend gemachten Auskunftsantrag stattgegeben. Dagegen hat das Landgericht Ansprüche der Klägerin aufgrund der Neu- (bzw. Nach-)bewertungsklausel sowie der Verpflichtungserklärung vom 13. Juli 1993 verneint.
Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin hat ihren Zahlungsanspruch, soweit ihr dieser aberkannt worden ist, in Höhe von 472.674,85 DM weiter verfolgt. Den Klageantrag zu 2 haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Oberlandesgericht hat die Beklagten auch zur Bezahlung der Vertragsstrafe aus der Verpflichtungserklärung vom 13. Juli 1993 (76.923 DM) verurteilt. Die Verurteilung wegen der in der Vereinbarung vom 6. November 1992 eingegangenen Vertragsstrafe für nicht getätigte Investitionen hat das Berufungsgericht um 22.908,44 DM auf 352.091,56 DM vermindert. Es hat insoweit Investitionen in Höhe von 91.633,75 DM als bewiesen angesehen. Insgesamt hat das Berufungsgericht der Klägerin mithin 579.014,56 DM zuerkannt. Die von der Klägerin aufgrund der Nachbewertung in Höhe von 395.178 DM (316.142,40 DM und 79.035,60 DM) und 573,85 DM geltend gemachten Ansprüche hat auch das Berufungsgericht abgewiesen.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihren aufgrund der Nachbewertung der Grundstücke erhobenen Anspruch weiter. Daneben macht sie geltend, dem Oberlandesgericht sei bei der Addition der von ihm als erwiesen erachteten Investitionen zugunsten der Beklagten ein Rechenfehler unterlaufen.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Interesse ist, ausgeführt:
Der Klägerin stehe aufgrund der Nachbewertung der Grundstücke der GmbH kein Anspruch zu. Die einschlägige Klausel im Vertrag sei eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Als solche unterliege sie der Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG. Dieser Nachprüfung sei die Klausel nicht etwa gemäß § 8 AGBG entzogen. Denn es handele sich insoweit um eine Preisnebenbestimmung, die abweichend vom Leitbild des § 433 Abs. 2 BGB eine Nachleistungspflicht begründe. Die Nachbewertungsklausel sei unwirksam, weil sie entgegen Treu und Glauben die Beklagten unangemessen benachteilige. Dies müsse schon deshalb angenommen werden, weil nach dem Vertrag die Berücksichtigung einer nachträglichen Wertminderung zum Stichtagszeitpunkt 31. Dezember 1994 nicht möglich sei.
Die Beklagten hätten im Frühjahr 1993 Webereimaschinen angeschafft und dadurch Investitionen in Höhe von 91.633,75 DM vorgenommen. Dies stehe aufgrund der Aussage des Zeugen P. fest. Nach der zugrundeliegenden Vereinbarung müsse die vom Landgericht ausgeurteilte Vertragsstrafe von 375.000 DM, die dem Grunde nach berechtigt sei, um 25 % des festgestellten Investitionsvolumens (25 % von 91.633,75 DM = 22.908,44 DM) reduziert werden. Die Beklagten schuldeten mithin insoweit nur (375.000 DM – 22.908,44 DM =) 352.091,56 DM.
II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Der Klägerin steht für den Grundbesitz der GmbH ein Anspruch auf die Wertdifferenz von 21 DM/qm zwischen dem Wert der Grundstücke und dem vorläufigen Wertansatz von 9 DM/qm selbst dann zu, wenn es sich bei der Nachbewertungsklausel des § 4 Abs. 4 des Unternehmenskaufvertrages, anders als die Revision meint, um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Dann nämlich ist diese Bestimmung gemäß § 8 AGBG der Inhaltskontrolle nach den §§ 9 ff. AGBG entzogen.
a) Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Erlaß des angegriffenen Urteils in seinen Entscheidungen vom 26. Januar 2001 (V ZR 452/99, NJW 2001, 2399 unter II 2 c) und vom 11. Mai 2001 (V ZR 491/99, WM 2001, 1305 unter II 1) die Auffassung vertreten, daß eine derartige Nachbewertungsklausel nach § 8 AGBG der Inhaltskontrolle nach §§ 9 ff. AGBG nicht unterliege, weil die Klausel unmittelbar die Höhe des vom Käufer im Endergebnis zu zahlenden Kaufpreises bestimme. Kontrollfähig seien jedoch lediglich Nebenabreden, die zwar mittelbar Auswirkungen auf Preis und Leistung haben, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehle, dispositives Gesetzesrecht treten könne. Solche Nebenabreden regelten nicht das Ob und den Umfang von Entgelten, sondern hätten die Art und Weise der Erbringung und etwaige Modifikationen als ergänzende Regelungen „neben” einer bereits existierenden Preishauptabrede zum Inhalt. Nachbewertungsklauseln enthielten demgegenüber solche Regelungen, die auch aus der Sicht des Käufers klar und verständlich die zukünftige, bei Vertragsschluß noch nicht ausreichend bezifferbare Geldforderung nach allgemeinen Kriterien deutlich bestimmbar umschrieben. Dies mache die Klauseln kontrollfrei.
b) Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Zwar könnte die Kontrollfreiheit entfallen, wenn die Klausel ein einseitiges Leistungsänderungsrecht für die Klägerin begründen würde (BGH, Urteil vom 26. Januar 2001, aaO). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Beide Parteien sind vielmehr an das vereinbarte Verfahren zur Ermittlung des endgültigen Kaufpreises gebunden.
2. Bedenken gegen die Klausel bestehen auch nach § 3 AGBG nicht. Die Klausel ist nicht überraschend. Den Beklagten kann es nicht unbekannt geblieben sein, daß es zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in Sachsen noch keinen funktionsfähigen Grundstücksmarkt gab und deswegen die Vereinbarung eines angemessenen Kaufpreises vielfach nicht möglich war. Der Vertragstext war insoweit eindeutig. Es lag auf der Hand, mit steigenden Grundstückspreisen zu rechnen. Auch liegt eine erhebliche Abweichung vom dispositiven Recht, die eine Ungewöhnlichkeit im Sinne des § 3 AGBG begründen könnte, nicht vor (BGH, Urteil vom 26. Januar 2001, aaO, unter II 2 b). Bereits vor dem 3. Oktober 1990 konnte eine Nachbewertung, die wegen Fehlens eines funktionsfähigen Grundstücksmarktes im Gebiet der neuen Länder durchgeführt werden sollte, nicht nur individualrechtlich, sondern auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart werden. Dies folgt (vgl. BGH, aaO) aus Nr. 4 der Anlage zum Vertrag über die Schaffung einer Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990 (Erster Staatsvertrag, BGBl. II S. 518, 566).
3. Zu Recht verweist die Revision darauf, daß die vom Berufungsgericht angenommenen einzelnen Investitionen in ihrer Summe nicht 91.633,75 DM ergeben, sondern lediglich 88.935,67 DM, so daß die Vertragsstrafe zu niedrig angesetzt ist. Das Oberlandesgericht hat sich insoweit auf die Aussage des Zeugen P. gestützt. Die von dem Zeugen laut Protokoll vom 2. März 2000 bestätigten Investitionen (Ankauf mehrerer Maschinen) ergeben 88.935,67 DM. Die Vertragsstrafe aufgrund des Vertrages vom 6. November 1992 beläuft sich daher auf 352.766,08 DM (1.500.000 DM – 88.935,67 DM = 1.411.064,33 DM; hiervon 25 % = 352.766,08 DM). Dem Urteil des Oberlandesgerichts sind weitere Investitionen von 2.698,08 DM, die ein Gesamtinvestitionsvolumen von 91.633,75 DM ergeben würden, nicht zu entnehmen.
III. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Der Klägerin sind zusätzlich zu den vom Oberlandesgericht zuerkannten 579.014,56 DM nebst Zinsen weitere 396.426,37 DM zuzusprechen, nämlich 395.178 DM und 573,85 DM (insgesamt 395.751,85 DM), die die Klägerin als Nachbewertung geltend macht, und 674,52 DM als weitere Vertragsstrafe (zusätzlich zu den vom Oberlandesgericht insoweit ausgeurteilten 352.091,56 DM). Zur Klarstellung wird der Tenor insgesamt neu gefaßt. Da die Stufenklage im zweiten Rechtszug übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, kann auch unter Einbeziehung der insoweit vom Oberlandesgericht getroffenen Kostenentscheidung eine abschließende Entscheidung über die gesamten Kosten des Rechtsstreits ergehen.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Hübsch, Wiechers, Dr. Wolst, Dr. Frellesen
Fundstellen
Haufe-Index 657818 |
NJOZ 2002, 747 |