Entscheidungsstichwort (Thema)
Kaufpreis. Erlöschen der Forderung. Verrechnung. Erfüllung. Darlegungs- und Beweislast. Substantiierte Darlegung. Tatsachenbehauptung
Leitsatz (amtlich)
Zur Substanziierung des Vortrages, eine Kaufpreisforderung sei durch Verrechnung erfüllt worden.
Normenkette
BGB § 362 Abs. 1, § 433 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Neubrandenburg (Urteil vom 15.10.2002) |
AG Neubrandenburg |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Neubrandenburg v. 15.10.2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Im Jahre 2000 hatte die Firma G. B. GmbH (im Folgenden: G. B.) ihren gesamten Auftragsbestand an die Beklagte für 500.000 DM verkauft. Auf diesen Kaufpreis zahlte die Beklagte 232.000 DM. Durch Urteil des ArbG B. v. 28.2.2001 wurde die G. B. verurteilt, an den Kläger 5.494,46 DM nebst Zinsen zu zahlen. In Vollstreckung dieses Urteils hat der Kläger am 23.8.2001 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des AG L. erwirkt, mit dem der Anspruch der G. B. gegen die Beklagte auf Zahlung des Kaufpreises für den Auftragsbestand der G. B. gepfändet worden ist. Mit seiner Klage nimmt der Kläger die Beklagte als Drittschuldnerin aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss v. 23.8.2001 in Anspruch. Die Beklagte macht geltend, dass der Anspruch der G. B. durch Erfüllung erloschen sei.
Das AG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte auf die Berufung des Klägers zur Zahlung von 2.923,39 Euro verurteilt und die Revision zugelassen, "soweit die Kammer eine Frist zum weiteren Sachvortrag im Hinblick auf §§ 530, 531 ZPO n. F. nicht bewilligt hat". Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die Überweisung der Forderung der G. B. gegen die Beklagte im Rahmen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses v. 23.8.2001 sei wirksam. Die Forderung bestehe jedenfalls in der von dem Kläger geltend gemachten Höhe und stehe ihm zur Einziehung zur Verfügung. Unstreitig habe die G. B. gegen die Beklagte eine Forderung i. H. v. rund 500.000 DM aus dem im Jahre 2000 geschlossenen Kaufvertrag gehabt, mit dem sie ihren Kundenstamm verkauft habe. Im Hinblick auf die Zahlung von 232.000 DM verbleibe eine Restforderung der G. B. i. H. v. rund 300.000 DM, auf die der Kläger zugreifen könne. Auf der Grundlage des Sachvortrages der Beklagten könne nicht festgestellt werden, dass die Forderung der G. B. insgesamt erloschen sei. Hierfür habe aber die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast. In der mündlichen Verhandlung sei die Beklagte hierauf hingewiesen worden, eine Frist zum weiteren Sachvortrag habe der Beklagten aber nicht bewilligt werden können, da neuer Sachvortrag nicht mehr hätte zugelassen werden können und auch an §§ 531, 530, 521, 296 ZPO gescheitert wäre.
II.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Die Revision ist in vollem Umfang zulässig.
Zwar hat das Berufungsgericht die Zulassung der Revision auf die Frage beschränkt, ob weiterer Sachvortrag der Beklagten zu Recht als verspätet zurückgewiesen worden ist. Diese Beschränkung ist aber unwirksam. Eine Beschränkung der Zulassung der Revision kommt nur für rechtlich und tatsächlich selbstständige Teile des Streitstoffes in Betracht, über die ein Teilurteil hätte ergehen und auf die ein Rechtsmittel hätte beschränkt werden können, nicht aber auf Tatbestandsmerkmale oder eine Rechtsfrage (BGH, Urt. v. 17.2.1982 - IVb ZR 653/80, MDR 1982, 654 = NJW 1982, 1216 unter A; Urt. v. 26.11.1981 - III ZR 123/80, MDR 1982, 463 = NJW 1982, 2188 unter 1; vgl. zuletzt Urt. v. 4.6.2003 - VIII ZR 91/02, zur Veröffentlichung bestimmt). Der vom Berufungsgericht abgelehnte weitere Sachvortrag der Beklagten betrifft das Erlöschen der gesamten Klageforderung. Die Beschränkung der Revisionszulassung umfasst damit einen nicht abtrennbaren Teil der Klageforderung. Das Urteil muss deshalb insgesamt nachgeprüft werden.
2. Zu Recht rügt die Revision die Auffassung des Berufungsgerichts, der G. B. stünde noch eine restliche Kaufpreisforderung gegen die Beklagte zu, auf die der Kläger zugreifen könne, da die Beklagte die Erfüllung dieser Forderung nicht hinreichend dargetan habe.
Zur substantiierten Darlegung genügt die Behauptung von Tatsachen, die i. V. m. einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen (BGH, Urt. v. 24.6.1999 - X ZR 195/97, NJW-RR 1999, 1586 unter 2). Dem genügt das vom Berufungsgericht unberücksichtigt gebliebene Vorbringen der Beklagten.
Die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, worauf die Revision zu Recht hinweist, sie habe mit der G. B. in § 4 des Kaufvertrages v. 27.9.2000 vereinbart, dass der Kaufpreis von 500.000 DM zzgl. 16 % Mehrwertsteuer (= 580.000 DM) durch einen Teilbetrag i. H. v. 200.000 DM zzgl. Mehrwertsteuer (= 232.000 DM) durch Überweisung zu leisten sei und der Restbetrag mit Verbindlichkeiten der Verkäuferin verrechnet werden solle, dass so auch verfahren worden sei, dass sie, die Beklagte, als Subunternehmerin der G. B. entsprechende Leistungen - dieser durch Toureneinsatzpläne und entsprechende Stundenzettel nachgewiesen - erbracht habe und dass die G. B. in einem Schreiben v. 23.11.2000 bestätigt habe, dass der Kaufpreisanspruch nach § 4 des Kaufvertrages v. 27.9.2000 durch Zahlung und Verrechnung vollständig erfüllt sei. Die Vertragsfreiheit (§ 305 BGB) gestattet eine Vereinbarung in einem Kaufvertrag, dass ein Teil des Kaufpreises durch Verrechnung getilgt werden soll (vgl. BGH v. 27.3.1985 - VIII ZR 5/84, BGHZ 94, 132 [135] = AG 1986, 22). Sollte die Tatsachenfeststellung ergeben, dass die Beteiligten darüber einig waren, dass eine wirksame Verrechnung i. S. d. § 4 stattgefunden hat, ginge der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss v. 23.8.2001 ins Leere, und die Klage wäre abzuweisen.
3. Da sich aus dem bisherigen Sachvortrag der Beklagten bereits das Erlöschen der Forderung der G. B. gegen die Beklagte ergibt, kommt es auf die Frage der Präklusion des weiteren Vortrages der Beklagten nach §§ 530, 531 ZPO nicht an.
III.
Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das LG zurückzuverweisen, damit zu der Frage der vollständigen Erfüllung der Kaufpreisforderung die notwendigen Feststellungen getroffen werden können. Hierbei wird dem Kläger Gelegenheit zu geben sein, seine Einwendungen zu dem bisher unberücksichtigt gebliebenen Vortrag der Beklagten vorzubringen.
Fundstellen
Haufe-Index 959677 |
BGHR 2003, 1049 |
NJW-RR 2003, 1358 |
WM 2003, 2144 |
MDR 2003, 1169 |