Entscheidungsstichwort (Thema)

Heizölmehrkosten nach Umbau einer Fernwärmeheizzentrale. Darlegung von Mehrkosten als Grundlage für Schadensersatz. Schätzung der Schadenshöhe durch Gericht

 

Leitsatz (redaktionell)

Wurde die Haftung einer Partei durch ein Gericht dem Grunde nach festgestellt, steht damit Haftungsgrund und Schadenseintritt fest. In einem solchen Fall darf von der Zubilligung eines Schadensersatzes grundsätzlich nicht schon deshalb abgesehen werden, weil es an ausreichenden Anhaltspunkten für eine Schätzung des gesamten Schadens fehlt. Vor einer vollständigen Abweisung der vom Gericht als sachlich berechtigt angesehenen Klage ist zu prüfen, in welchem Umfang der vorgetragene und festzustellende Sachverhalt eine hinreichende Grundlage für eine Schätzung nach § 287 ZPO bietet.

 

Normenkette

BGB a.F. § 631 Abs. 1; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

Thüringer OLG (Urteil vom 23.05.2001)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des OLG Jena v. 23.5.2001 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Mit Schreiben v. 23.2.1993 beauftragte die Beklagte den Kläger mit dem Umbau ihrer Fernwärmeheizzentrale in W. . Der Kläger sollte hierzu die Ausrüstung, insbesondere zwei Heizkessel vom Typ O. , zu einem Pauschalpreis liefern und montieren. Wegen Lieferschwierigkeiten änderten die Parteien den Auftrag dahin, dass statt der O. -Kessel zwei Kessel vom Typ Y. P. einzubauen waren, die eine maximale Rauchgastemperatur von 150°C nicht überschreiten sollten. Der Kläger bestätigte die Änderung des Kesseltyps und die Rauchgastemperatur in einem Protokoll v. 12.3.1993.

Da nach Einbau der beiden Kessel die Wärmeerzeugungsanlage die vereinbarte Rauchgastemperatur überschritt, rügte die Beklagte mit Schreiben v. 15.11.1993 Mängel der Heizungsanlage und verweigerte deren Abnahme sowie die Bezahlung der Schlussrechnung i. H. v. 122.647,50 DM. Im Februar 1998 ließ sie eine Regelungstechnik nachrüsten, die den zweiten kleineren Kessel nunmehr ordnungsgemäß zuschaltete.

Der Kläger hat Mängel bestritten. Mit seiner Klage hat er Zahlung der Restvergütung nebst Zinsen verlangt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Schlussrechnung des Klägers sei nicht prüfbar und jedenfalls nicht fällig. Hilfsweise hat sie sich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen der Mängel berufen und Schadensersatz i. H. v. 236.000,- DM wegen Mehrverbrauchs an Brennstoffen infolge der Mängel gefordert. Hiermit hat sie hilfsweise aufgerechnet.

Das LG hat die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte Klageabweisung. Der Kläger bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg, soweit das Berufungsgericht auf Grund seiner bisherigen Feststellungen den Schadensersatzanspruch der Beklagten der Höhe nach als nicht gerechtfertigt angesehen hat. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

1. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers aus Werkvertrag auf Zahlung des Restwerklohns i. H. v. 122.647,50 DM bejaht (§ 631 Abs. 1 BGB a. F.). Es hat festgestellt, die verlangte Vergütung sei der Höhe nach zutreffend berechnet und fällig.

Die Revision kann demgegenüber nicht mit Erfolg geltend machen, eine prüfbare Schlussrechnung als Fälligkeitsvoraussetzung liege nicht vor. Zwar haben die Parteien gemäß 2.10 zu § 15 der Ausschreibungsunterlagen, die Gegenstand des Vertrages sind, vereinbart, dass alle Rechnungen - prüffähig - in dreifacher Ausfertigung einzureichen sind. In der Kostenzusammenstellung sind die einzelnen Titel aufgeführt, aber nur eine Pauschalsumme von 1.633.000 DM hierfür ausgewiesen. Das Berufungsgericht hat in Auslegung dieser vertraglichen Regelungen festgestellt, dass die Schlussrechnung des Klägers diesen Voraussetzungen entspricht; sie brauche nicht besonders aufgeschlüsselt werden, weil ein Pauschalbetrag vereinbart worden sei. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Das Berufungsgericht hat ein Recht der Beklagten, die Abnahme des Werkes und die Zahlung der Restvergütung zu verweigern, verneint, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme das Werk (nach Einbau der Steuerung durch die Beklagte) mangelfrei sei (§§ 320 Abs. 1 S. 1, 633 Abs. 1 BGB a. F.). Der gerichtliche Sachverständige S. sei zu dem Ergebnis gelangt, die Abgastemperatur der Y. -Heizkessel entspreche den Sollwerten, nachdem mittlerweile eine Regelungstechnik eingebaut worden sei; infolge dieser Maßnahme sei eine Gleichwertigkeit der Y. -Kessel mit den O. -Kesseln erreicht worden.

Das Berufungsgericht hat dabei offen gelassen, ob der Kläger die Einhaltung einer maximalen Rauchgastemperaturgrenze von 150°C zugesichert hat. Jedenfalls hätten die Parteien ausweislich des Protokolls v. 12.3.1993, das unstreitig Vertragsinhalt geworden sei, zumindest eine Vereinbarung über die Beschaffenheit der Ersatzkessel dahin getroffen, dass die beiden Y. -Heizkessel eine Rauchgastemperatur von 150°C nicht überschreiten dürften.

a) Diesen rechtlichen Ansatz greift die Revision im Ergebnis ohne Erfolg an. Zutreffend ist zwar, dass die Zusicherung einer Eigenschaft im dem hier maßgebenden Werkvertragsrecht nicht, wie das Berufungsgericht meint, einen erkennbaren Einstandswillen des Unternehmers voraussetzt. Vielmehr genügt das ernsthafte Versprechen des Unternehmers, das Werk mit einer bestimmten Eigenschaft herzustellen (BGH, Urt. v. 5.12.1995 - X ZR 14/93, MDR 1996, 675 = NJW-RR 1996, 783 [784] m. w. N.). Ob ein Unternehmen eine bestimmte Eigenschaft des Werkes vertraglich zugesichert hat, ist jedoch durch Auslegung des Vertrages nach den §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Das Berufungsgericht hat dem entsprechend festgestellt, dass die Parteien vertraglich eine maximale Rauchgastemperatur von 150°C für beide Y. -Heizkessel festgelegt haben.

b) Ohne Erfolg rügt die Revision als verfahrensfehlerhaft (§ 286 ZPO), das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Sachverständige auch nach Einbau der automatischen Steuerung durch die Beklagte im Februar 1998 bei den Y. -Kesseln eine Überschreitung der geschuldeten maximalen Rauchgastemperatur von 150°C festgestellt habe, während bei den O. -Kesseln die Abgastemperatur grundsätzlich unter 150°C bleibe; selbst bei richtiger Einstellung der Y. -Anlage lasse sich eine - wenn auch geringfügige - Überschreitung der Abgastemperatur von 150°C nicht vermeiden. Dies erfülle die zugesicherte Beschaffenheit nicht und stelle daher einen Mangel dar.

Die Revision übersieht, dass die bloße Abweichung von einem vertraglich vereinbarten Leistungssoll (hier maximale Rauchgastemperatur von 150°C) für sich noch keinen Mangel darstellt. Vielmehr liegt nur dann einen Mangel vor, wenn hierdurch die Tauglichkeit zu dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch gemindert ist (§ 633 Abs. 1 BGB a. F.). Bei der Feststellung eines Mangels ist demnach nicht auf die prozentuale Abweichung vom Leistungssoll abzustellen, sondern vor allem auf deren Auswirkungen auf die vertraglich vorausgesetzte Nutzbarkeit (BGH, Urt. v. 19.11.1998 - VII ZR 371/96, MDR 1999, 221 = BGHR BGB § 633 Abs. 1 - Fehler 2). Das Berufungsgericht hat angenommen, dass auch nach Einbau der Regelungstechnik durch die Beklagte die zugesicherte Grenze der Abgastemperatur von 150°C bei den Y. -Heizkesseln überschritten werden kann. Es hat im Anschluss an die für überzeugend erachteten Ausführungen des Sachverständigen S. diese Überschreitungen aber als geringfügig und zu vernachlässigen eingestuft und einen Mangel verneint, weil bei richtiger Einstellung der Steuerung ein Heizölmehrverbrauch nicht anfalle. Das Berufungsgericht hat damit festgestellt, dass die Y. -Kessel bei richtiger Einstellung jedenfalls jetzt die vertraglich vorausgesetzte Nutzbarkeit erfüllen und damit mangelfrei sind. Eine abschließende Feststellung, wann die entsprechende Einstellung der Regelungstechnik erfolgt ist, so dass ein Brennstoffmehrverbrauch nicht mehr eintritt, hat es hingegen nicht getroffen.

3. Mit Recht hat das Berufungsgericht eine Mangelhaftigkeit der Y. -Kessel auch insoweit verneint, als bei diesen eine längerfristige Überschreitung der Abgastemperatur von 150°C nur durch eine richtige Einstellung der Kessel vermieden werden kann, während bei den ursprünglich geschuldeten O. -Kesseln eine Überschreitung der Maximaltemperatur wegen werksseitigen Einbaus der Economizer (Wärmetauscher) von vornherein vermieden worden wäre. Zwar brauchte sich die Beklagte nicht darauf einzulassen, wegen der Lieferschwierigkeiten des Herstellers O. ein Ersatzprodukt einbauen zu lassen, das werksseitig nicht die gleichen Vorteile wie der O. -Kessel bot. Nachdem die Parteien unter Änderung des Vertrages sich auf die Lieferung und Montage von Y. -Kesseln geeinigt hatten, ist für die Frage der Mangelhaftigkeit aber allein maßgebend, ob diese Kessel mit Fehlern behaftet sind, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Einen solchen Mangel hat das Berufungsgericht auch insoweit verneint, als die Beklagte in dem bei den O. -Kesseln werksseitig eingebauten Economizer einen Vorteil gesehen hat, den der Y. -Kessel nicht biete. Im Anschluss an die Ausführungen der Sachverständigen K. und S. hat es festgestellt, dass sich der Wirkungsgrad bei beiden Kesselarten entweder durch einen Economizer oder durch eine Regelungstechnik oder durch beides zusammen verbessern lasse, dass aber im vorliegenden Fall ein Economizer nur dann günstiger gewesen wäre, wenn ein dauerhafter Hochlastbetrieb gefahren werde, was nicht der Fall sei. Diese Feststellungen hat die Revision nicht angegriffen.

4. Ohne Erfolg beanstandet die Revision, das Berufungsgericht habe sich nicht hinreichend mit den Einwendungen der Beklagten gegen das Gutachten des Sachverständigen S. auseinander gesetzt.

a) Die Revision rügt: Nach Ansicht des Sachverständigen S. sei von einem günstigeren Wirkungsgrad des O. -Kessels erst ab einem Kesselbelastungsgrad von 50 % auszugehen. Dies stehe in Widerspruch zu der von der Beklagten vorgelegten Wirkungsgradskizze, wonach der Wirkungsgrad des O. -Kessels bereits im Teillastbereich über 40 % günstiger sei als der des Y. -Kessels. Das Berufungsgericht habe dieses Diagramm für unbeachtlich gehalten, weil die Erstellung durch eine qualifizierte Person nicht erkennbar sei. Dabei habe es übersehen, dass sich die Beklagte zum Beweis des günstigeren Wirkungsgradverlaufs des O. -Kessels auf den Zeugen Sch. bezogen habe, der das Gutachten der W. GmbH v. 22.3.1995 erstellt habe.

Das Berufungsgericht hat sich mit den Messungen des Sachverständigen K. und den schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen S. , der bei seiner mündlichen Anhörung am 24.4.2001 auch zu den von der Beklagten behaupteten Wirkungsgraden der beiden Kesseltypen Stellung genommen hat, im Einzelnen auseinander gesetzt. In diesem Zusammenhang hat es auch die von der Beklagten vorgelegte Skizze gewürdigt. Angesichts der Stellungnahme des Sachverständigen, der dieses Diagramm in seine Beurteilung einbezogen hat und dem das Berufungsgericht gefolgt ist, hat es in tatrichterlicher Würdigung von der Vernehmung des Zeugen Sch. , den die Beklagte zum Beweis der Richtigkeit des Diagramms benannt hat, Abstand genommen, weil es bei der Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen S. ersichtlich als zutreffend unterstellt hat, dass der Zeuge die in dem Diagramm niedergelegten Messdaten bestätigen werde. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

b) Ohne Erfolg beanstandet die Revision auch, nicht nachvollziehbar sei, auf welche tatsächliche Grundlage der Sachverständige S. seine Auffassung stütze, der aus der Überschreitung der Rauchgastemperatur von 150°C resultierende Heizölmehrverbrauch beruhe auf einer fehlerhaften Bedienung der Heizanlage sowie der fehlenden automatischen Regelung. Zum Zeitpunkt der Begutachtung durch den Sachverständigen sei die Steuerung bereits von der Beklagten eingebaut gewesen. Der Sachverständige habe eine Bedienung der Anlage auch nicht überprüft. Die Beklagte habe hingegen unter Beweisantritt dargetan, dass die Anlage korrekt bedient worden sei.

Zwar hat der Sachverständige S. keine eigenen Messungen hinsichtlich der Abgastemperaturen durchgeführt, sondern, dem gerichtlichen Auftrag entsprechend, sich auf die Ergebnisse der von ihm überprüften dreimonatigen Messungen des Sachverständigen K. gestützt, die er und das Berufungsgericht als ausreichend angesehen haben. Das Berufungsgericht hat aber festgestellt, der Sachverständige S. habe alle erforderlichen Unterlagen als Grundlage für seine Begutachtung herangezogen und gewürdigt. Die von ihm daraus gezogenen Folgerungen seien plausibel und nachvollziehbar begründet. Das gelte auch für seine Aussage im Rahmen seiner mündlichen Anhörung am 24.4.2001, dass ein Heizölmehrverbrauch bei richtiger Einstellung der Regelungstechnik nicht anfalle. Diese tatrichterliche Würdigung ist unter revisionsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Ihr steht auch nicht die unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung der Beklagten entgegen, ihre Angestellten hätten die Anlage ordnungsgemäß bedient. Abgesehen davon, dass eine korrekte Bedienung der Anlage nicht ohne weiteres etwas darüber aussagt, ob diese auch richtig eingestellt ist, ist die Anlage nach den Feststellungen des Berufungsgerichts seit Einbau der automatischen Steuerung durch die Beklagte und deren Einstellung der Anlage mangelfrei, so dass es auf eine eventuelle fehlerhafte Bedienung nicht mehr ankommt.

c) Ebenso wenig greift die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe den Widerspruch zwischen dem zusätzlichen Brennstoffbedarf wegen Überschreitung der Abgastemperatur von 150°C und der Bejahung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit der Y. -Kessel mit den ursprünglich geschuldeten O. -Kesseln übergangen. Der Sachverständige S. hat nicht in Abrede gestellt, dass es zu Überschreitungen der Abgastemperatur von 150°C kommen kann. Er hat diese aber als geringfügig gewertet und ausgeführt, dass bei richtiger Einstellung der Regelungstechnik ein Heizölmehrverbrauch nicht anfalle. Das Berufungsgericht hat diese Beurteilung des Sachverständigen gewichtet und entsprechende Feststellungen getroffen.

d) Schließlich kann die Revision auch nicht mit Erfolg geltend machen, das Berufungsgericht habe sich nicht mit dem Privatgutachten der W. GmbH v. 2.3.1995 auseinander gesetzt. Dies trifft zwar insoweit zu, als das Berufungsgericht sich jedenfalls nicht erkennbar in den Entscheidungsgründen mit diesem Gutachten befasst hat. Dieser Umstand ist aber für die Würdigung der Gutachten der Sachverständigen K. und S. sowie für die Entscheidung des Berufungsgerichts ohne Bedeutung. Bei dem Gutachten v. 2.3.1995 handelt es sich um eine Stellungnahme zu einem Gutachten der Technischen Universität D. , die sich auf die Situation der Heizanlage vor Einbau der automatischen Steuerung bezieht und sich nicht mit gelegentlichen Überschreitungen der Abgastemperatur und deren Bewertung nach dem Einbau befasst.

5. Das Berufungsgericht hat der Beklagten einen aufrechenbaren Schadensersatzanspruch dem Grunde nach zuerkannt. Der Kläger habe sich im Verzug befunden, nachdem die Beklagte ihn mit Schreiben v. 15.11.1993 unter Fristsetzung mit Androhung der Ersatzvornahme aufgefordert habe, die Funktionsfähigkeit der Heizungsanlage herzustellen.

a) Der Höhe nach hat es einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die von der Beklagten eingebaute Regeltechnik verneint, weil die Beklagte trotz Hinweises des Gerichts die Kosten nicht dargelegt habe. Dies hat die Revision nicht angegriffen.

b) Einen Anspruch auf Ersatz der Kosten wegen Mehrverbrauchs an Heizöl hat das Berufungsgericht nicht als gerechtfertigt angesehen, weil die Beklagte zum einen als Schaden nur den Mehrverbrauch bis zu dem Tag geltend machen könne, an dem die Regelungstechnik eingebaut worden sei und zum anderen es versäumt habe, ihre Mehrkosten nachvollziehbar darzulegen und unter Vorlage von Brennstoffrechnungen nachzuweisen.

Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Der Kläger schuldet nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts der Beklagten Ersatz der Mehrkosten für Heizöl nicht nur bis zum Einbau der Regelungstechnik, sondern darüber hinaus bis zur zweckentsprechenden Einstellung der Steuerung und der Inbetriebnahme der automatischen Regelung der Kessel, weil erst durch diese Maßnahmen der Mangel endgültig beseitigt wurde.

Verfahrensfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch einen Anspruch auf die vor dem Einbau der Regeltechnik angefallenen Heizölmehrkosten der Beklagten mit der Begründung verneint, diese habe es versäumt, ihre Mehrkosten nachvollziehbar darzulegen und unter Vorlage von Brennstoffrechnungen nachzuweisen. Da das Berufungsgericht eine Haftung der Klägerin dem Grunde nach festgestellt hat, standen damit Haftungsgrund und Schadenseintritt fest. In einem solchen Fall darf nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH von der Zubilligung eines Ersatzes grundsätzlich nicht schon deshalb abgesehen werden, weil es an ausreichenden Anhaltspunkten für eine Schätzung des gesamten Schadens fehle. Auch wenn damit der Sachverhalt nicht in vollem Umfang ausgeschöpft wird, ist vor einer vollständigen Abweisung der vom Gericht sachlich als berechtigt angesehenen Klage vielmehr zu prüfen, in welchem Umfang der vorgetragene und festzustellende Sachverhalt eine hinreichende Grundlage für eine Schätzung nach § 287 ZPO bietet (BGH, Urt. v. 12.10.1993 - X ZR 65/92, MDR 1994, 250 = BGHR ZPO § 287 - Mindestschaden 2 m. w. N.; Urt. v. 23.10.1991 - XII ZR 144/99, NJW-RR 1992, 202). Eine solche Schätzung darf nur dann abgelehnt werden, wenn deren Ergebnis mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde (BGH, Urt. v. 12.10.1993 - X ZR 65/92, MDR 1994, 250 = BGHR ZPO § 287 - Mindestschaden 2 m. w. N.). Anhaltspunkt für eine Schätzung boten hier schon die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, nach denen infolge des Mangels ein Mehrverbrauch an Heizöl von jährlich 16,4t entstanden ist. Da bereits jetzt der Zeitraum zwischen dem vereinbarten Übergabetermin im August 1994 und dem Einbau der Regelungstechnik feststeht und zudem die Beklagte - unwidersprochen - behauptet hat, für einen Liter Heizöl durchschnittlich einen Betrag von 0,30 DM netto aufwenden zu müssen, hätte das Berufungsgericht die Schadenshöhe, jedenfalls aber den Mindestschaden schätzen können und müssen.

6. Mit Erfolg rügt die Revision den vom Berufungsgericht angenommenen Zinsbeginn ab 10.10.1994. Waren, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, die gelieferten Y. -Kessel jedenfalls bis Februar 1998 mangelhaft, so hatte die Beklagte jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt ein Abnahmeverweigerungsrecht, so dass die Restwerklohnforderung der Klägerin noch nicht fällig war (§§ 640, 641 BGB a. F.)

7. Deshalb ist das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Bei der erneuten Befassung mit der Sache wird das Berufungsgericht, ggf. nach ergänzendem Vortrag der Parteien, unter Beachtung der dargelegten Grundsätze zur Schadenshöhe weitere Feststellungen zu treffen haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1118775

BGHR 2004, 715

BauR 2004, 851

IBR 2004, 194

IBR 2004, 238

BrBp 2004, 350

NZBau 2004, 328

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