Entscheidungsstichwort (Thema)
Wasserschaden, Eingefrorene Wasserleitungen, Mangelhafte Beheizung eines leerstehenden Gebäudes. Unzureichende Isolierung von Wasserleitungen
Leitsatz (redaktionell)
Wurde die Isolierung von Wasserleitungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt, kann eine Ursächlichkeit des Mangels für einen eingetretenen Wasserschaden durch das Gericht nicht ohne weitere Feststellungen mit der Begründung verneint werden, dass die Leitungen auch bei ordnungsgemäßer Isolierung eingefroren werden.
Normenkette
BGB a.F. §§ 633, 635
Verfahrensgang
KG Berlin (Urteil vom 14.03.2001) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts vom 14. März 2001 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Klägerin macht als Sachversicherer nach § 67 VVG übergegangene Schadensersatzansprüche geltend, die aus einem im Januar 1996 an dem Wohnanwesen U. in B. aufgetretenen Wasserschaden herrühren. Der Beklagte hatte dort im Jahr 1991 auf Grund eines mit den Hauseigentümern geschlossenen Werkvertrags die Wasser- und Heizungsanlagen erneuert. Dabei waren im Dachgeschoß die Leitungen im untersten Bereich der Dachschrägen verlegt worden, der durch das spätere Vorblenden von Gipskartonwänden in einer unbeheizten Abseite lag. Das Anwesen war seit Mitte 1995 unbewohnt. Im Januar 1996 platzten die Wasserleitungen an mehreren Stellen. Den entstandenen Wasserschaden hat die Klägerin in Höhe von 227.187,02 DM, der Klagesumme, reguliert. Die Parteien streiten darüber, ob der Schaden durch fehlerhafte Arbeiten oder wegen fehlender Gefahrenhinweise (so die Klägerin) oder durch mangelhafte Beheizung des leerstehenden Gebäudes (so der Beklagte) verursacht worden ist. Der Beklagte hat sich weiter auf Verjährung berufen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe
Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
I. 1. a) Das Berufungsgericht hat die Klage als nicht schlüssig angesehen. Zwar könne zugunsten der Klägerin als wahr unterstellt werden, daß die geplatzten Wasserrohrleitungen unzureichend isoliert gewesen seien. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin habe aber die unzureichende Isolierung die Einfriergefahr lediglich begünstigt. Ursächlich für den Schaden wäre nach Auffassung des Berufungsgerichts die unzureichende Isolierung nur dann gewesen, wenn bei sach- und fachgerechter Isolierung die Leitungen nicht eingefroren wären. Auf Grund der Dauer der Kälteperiode mit sehr tiefen Temperaturen hätte nach Auffassung des Berufungsgerichts eine „auch hundertprozentige Isolierung” ein Einfrieren nur verzögern, aber nicht verhindern können.
b) Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht habe für seine Feststellung, auch bei hundertprozentiger Isolierung hätte der Schaden nicht vermieden werden können, insbesondere angesichts des von der Klägerin vorgelegten, zu einem gegenteiligen Ergebnis kommenden Privatgutachtens des Sachverständigen B. (GA 37, 43), nicht über die erforderliche eigene Sachkunde verfügt. Es habe daher, wie von der Klägerin beantragt, entweder den Sachverständigen Brandes hören oder ein anderes Sachverständigengutachten einholen müssen.
c) Demgegenüber verweist die Revisionserwiderung darauf, daß die Klägerin in der Berufungsbegründung selbst vorgetragen habe, die Wasserleitungen seien in einem frostgefährdeten Bereich verlaufen und hätten deshalb während des Leerstands des Anwesens entleert oder anderweitig geschützt werden müssen. Weiter folge bereits aus der allgemeinen Lebenserfahrung, daß solche Leitungen während längerer Kälteperioden einfrören, wenn sie nicht anderweitig geschützt würden.
d) Dem Revisionsangriff kann der Erfolg nicht versagt bleiben. War, wie für das Revisionsverfahren mangels gegenteiliger tatrichterlicher Feststellungen zu unterstellen ist, die vom Beklagten ausgeführte Isolierung der Rohre nicht vereinbarungsgemäß und jedenfalls deshalb im Sinn des § 633 Abs. 1 BGB (in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung; im folgenden: a.F.) mangelhaft, kann die Ursächlichkeit des Mangels für den eingetretenen Wasserschaden nicht ohne nähere weitere Feststellungen, die das Berufungsgericht nicht getroffen hat, mit der Begründung verneint werden, daß die Leitungen auch bei ordnungsgemäßer Isolierung irgendwann eingefroren wären. Zwar ist die Ausgangsüberlegung des Berufungsgerichts an sich zutreffend, daß auch eine sach- und fachgerechte Isolierung bei einer Umgebungstemperatur unter dem Gefrierpunkt das Einfrieren des Wassers in den Leitungen nur verzögern, aber nicht dauerhaft hätte verhindern können. Seine daraus abgeleitete Folgerung, daß angesichts der Dauer der Kälteperiode auch eine „hundertprozentige” Isolierung nichts hätte bewirken können, kann sich jedoch nicht auf tragfähige tatsächliche Feststellungen stützen. Es liegt auf der Hand und auch das Berufungsgericht geht ausdrücklich davon aus, daß eine bessere Isolierung als die vorhandene das Einfrieren verzögert hätte. Sofern diese Verzögerung dazu geführt hätte, daß die Wassertemperatur in den Rohren zu dem Zeitpunkt, als sich die Umgebungstemperatur wieder auf einen Wert über dem Gefrierpunkt erhöht hatte, noch über dem Gefrierpunkt gelegen hätte, sie aber bei der tatsächlich durchgeführten Installation bereits zu einem früheren Zeitpunkt unter den Gefrierpunkt abgesunken war, wird sich die Ursächlichkeit der unterstellten unzureichenden Isolierung für den Schaden jedenfalls nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneinen lassen. Das Berufungsgericht wird dies – erforderlichenfalls mit sachverständiger Hilfe – aufzuklären haben.
2. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, daß in der Verlegung der Wasserleitungen in den unbeheizten Abseiten weder ein Mangel noch eine Pflichtverletzung liege, da die Bauherrschaft die spätere Errichtung der Rigipswände selbst veranlaßt und dadurch die unbeheizte Abseite selbst geschaffen habe. Damit kann ein in der Verlegung der Rohre in der Abseite möglicherweise liegender Werkmangel nicht verneint werden. Ein solcher scheidet nämlich nur dann aus, wenn die durchgeführte Verlegung entweder als solche fachgerecht war oder wenn sie jedenfalls den Vorgaben der Vereinbarung zwischen dem Beklagten und den Bestellern entsprach; weder das eine noch das andere hat das Berufungsgericht festgestellt.
3. Das Berufungsurteil kann demnach schon deshalb keinen Bestand haben, weil weder rechtsfehlerfrei festgestellt ist, daß die Werkleistung des Beklagten mangelfrei war noch, daß etwaige Mängel nicht zum Schadenseintritt beigetragen haben. Das Berufungsgericht wird, sofern es nicht nach Durchführung der erforderlichen Sachaufklärung erneut zu dem Ergebnis kommt, daß sich eine etwaige unzureichende Isolierung auf den Einfriervorgang unter den konkreten Umständen des Falls nicht ausgewirkt hat, zunächst zu klären haben, ob die Werkleistung des Beklagten im übrigen fachgerecht und vertragsgemäß war. Sofern das zu bejahen sein sollte, wird es Gelegenheit haben, sich erneut mit der Frage auseinanderzusetzen, ob dem Beklagten eine Verletzung von Hinweispflichten anzulasten ist. Eine solche käme insbesondere dann in Betracht, wenn der Beklagte durch die Dimensionierung der Isolierung oder durch die Art der Verlegung der Leitungsrohre die Gefahr des Einfrierens der Leitungen unter den konkreten und für den Beklagten erkennbaren Umständen (Klimaverhältnisse in Berlin; vorgesehene Schaffung einer Abseite) erhöht hatte. Sie ist weiter dann zu prüfen, wenn die Art der Verlegung der Rohre zwar den Absprachen unter den Beteiligten entsprach, mit Blick auf Lage und Anordnung der Rohre jedoch die einem Fachmann erkennbare Gefahr verbunden gewesen sein sollte, daß die Rohre einfrieren konnten. Hierfür könnte besonderer Anlaß bestanden haben, wenn aus der Sicht eines solchen Fachmanns nach der Anbringung der Rigipsplatten, nach der der Beklagte erneut mit Arbeiten an den Rohrleitungen befaßt war, mit einer solchen Gefahr zu rechnen war. Wieweit auch die Bauherrschaft, der Architekt oder Folgeunternehmer für den entstandenen Schaden mitverantwortlich sind, ist eine Frage der Mitverursachung und des Mitverschuldens.
II. Auf Grund der getroffenen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, daß das angefochtene Urteil aus einem anderen Grund im Ergebnis zutreffend ist. Von einer Verjährung der geltend gemachten Ansprüche kann auf Grund des festgestellten Sachverhalts nicht ausgegangen werden. Soweit die Klägerin Ansprüche wegen Mangelschäden nach § 635 BGB a.F. geltend macht, greift die fünfjährige Verjährung bei Arbeiten an Bauwerken nach § 638 BGB ein; gleiches gilt für „nahe” Mangelfolgeschäden. Dazu, ob die Verjährungsfrist bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen war, fehlt es an Feststellungen.
Unterschriften
Melullis, Keukenschrijver, Mühlens, Meier-Beck, Asendorf
Fundstellen
Haufe-Index 905842 |
BGHR 2003, 1053 |
IBR 2003, 188 |
BrBp 2003, 81 |
NZBau 2003, 329 |
NJOZ 2003, 682 |