Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Wettbewerb. Kartelle. Sektor der Industriesäcke aus Kunststoff. Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird. Befugnis des Gerichts zu unbeschränkter Nachprüfung. Begründungspflicht. Zurechnung einer Zuwiderhandlung der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft. Haftung der Muttergesellschaft für die Zahlung der gegen die Tochtergesellschaft festgesetzten Geldbuße. Verhältnismäßigkeit. Verfahren vor dem Gericht. Angemessene Entscheidungsfrist

 

Normenkette

EG Art. 81

 

Beteiligte

FLS Plast / Kommission

FLS Plast A/S

Europäische Kommission

 

Tenor

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die FLS Plast A/S trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 16. Mai 2012,

FLS Plast A/S mit Sitz in Valby (Dänemark), Prozessbevollmächtigte: M. Thill-Tayara und Y. Anselin, avocats,

Klägerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch F. Castillo de la Torre und V. Bottka als Bevollmächtigte im Beistand von M. Gray, Barrister, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter A. Borg Barthet und E. Levits, der Richterin M. Berger (Berichterstatterin) und des Richters S. Rodin,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2014,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die FLS Plast A/S (im Folgenden: FLS Plast) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union, FLS Plast/Kommission (T-64/06, EU:T:2012:102, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung K(2005) 4634 endg. der Kommission vom 30. November 2005 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/F/38.354 – Industriesäcke) (im Folgenden: streitige Entscheidung) teilweise abgewiesen hat, oder, hilfsweise, die Aufhebung oder Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße.

Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitige Entscheidung

Rz. 2

Die FLS Plast, vormals Nyborg Plast International A/S, ist in ihrer Eigenschaft als ehemalige Muttergesellschaft der Trioplast Wittenheim SA (vormals Silvallac SA, im Folgenden: Trioplast Wittenheim), die in Wittenheim (Frankreich) Industriesäcke, Folien und Kunststoffbeutel herstellte, Adressatin der streitigen Entscheidung. FLS Plast ist eine Tochtergesellschaft des Konzerns, der von der FLSmidth & Co A/S (im Folgenden: FLSmidth) beherrscht wird.

Rz. 3

Im Dezember 1990 erwarb FLS Plast 60 % der Anteile an Trioplast Wittenheim. Die übrigen 40 % erwarb sie im Dezember 1991. Verkäuferin war Cellulose du Pin, eine Gesellschaft mit Sitz in Frankreich, die zum Konzern der Compagnie de Saint-Gobain SA gehört.

Rz. 4

FLS Plast verkaufte ihrerseits Trioplast Wittenheim im Jahr 1999 an die Trioplanex France SA, eine französische Tochtergesellschaft der Trioplast Industrier AB (im Folgenden: Trioplast Industrier), die Muttergesellschaft des Trioplast-Konzerns. Diese Übertragung wurde am 1. Januar 1999 wirksam.

Rz. 5

Im November 2001 unterrichtete die British Polythene Industries PLC die Europäische Kommission von der Existenz eines Kartells im Sektor der Industriesäcke aus Kunststoff.

Rz. 6

Die Kommission richtete, nachdem sie im Jahr 2002 Nachprüfungen in den Geschäftsräumen u. a. von Trioplast Wittenheim durchgeführt hatte, in den Jahren 2002 und 2003 Auskunftsersuchen an die betroffenen Gesellschaften, zu denen auch Trioplast Wittenheim gehörte. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2002, ergänzt mit Schreiben vom 16. Januar 2003, teilte Trioplast Wittenheim mit, dass auch sie bei der Untersuchung im Rahmen der Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Kronzeugenregelung) mit der Kommission zusammenarbeiten wolle.

Rz. 7

Am 30. November 2005 erließ die Kommission die streitige Entscheidung. Nach deren Art. 1 Abs. 1 Buchst. h sollten FLSmidth und FLS Plast dadurch gegen Art. 81 EG verstoßen haben, dass sie vom 31. Dezember 1990 bis zum 19. Januar 1999 an einem System aus Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen im Sektor für Industriesäcke aus Kunststoff in Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden zur Festsetzung von Preisen, Erarbeitung gemeinsamer Preisberechnungsmethoden, Aufteilung von Märkten, Zuweisung von Verkaufskontingenten, Kunden und Aufträgen, Abstimmung von Angeboten auf Ausschreibungen und zum Austausch sensibler Informationen über einzelne Verkäufe mitgewirkt hätten.

Rz. 8

In Art. 2 Abs. 1 Buchst. f der streitigen Entscheidung setzte die Kommission ...

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