Leitsatz (amtlich)
1. Die Klauseln in einem zwischen Generalunternehmer und Subunternehmer im Jahre 1996 geschlossenen Bauvertrag, wonach die Abnahmewirkungen erst mit Abnahme durch den Bauherrn eintreten sollen und die zwischen dem Generalunternehmer und dem Bauherrn getroffenen Vereinbarungen über Beginn und Inhalt der Gewährleistungspflicht auch für den Subunternehmer gelten sollen, sind nach § 9 AGBG unwirksam.
2. Der Auftragnehmer eines Bauvertrages, der den Gewährleistungseinbehalt des Auftraggebers durch eine Bürgschaft abgelöst hat, darf nach Ablauf der Gewährleistungsfrist die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an sich selbst verlangen (Abweichung von OLG Düsseldorf v. 19.6.2002 - 19 U 37/01, OLGReport Düsseldorf 2003, 366 = NJW-RR 2003, 668).
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 10.12.2004; Aktenzeichen 19 O 366/04) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 10.12.2004 verkündete Urteil des LG Berlin - 19 O 366/04 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % hiervon abzuwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Für die Beklagte wird die Revision zum BGH zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Berechtigung der Klägerin, nach Ablauf der Gewährleistungsfrist aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrag eine von ihr der Beklagten übergebene Gewährleistungsbürgschaft an sich herauszuverlangen. Wegen des Einzelheiten des Tatbestandes wird auf die tatsächliche Darstellung in dem angefochtenen Urteil des LG Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die von der Beklagten im Berufungsrechtszug mit Schriftsatz vom 12.9.2005 eingereichte Kopie der ihr übergebenen Bürgschaftsurkunde, wegen deren weiteren Inhalts auf die Anlage BB2 (Bl. 209 d.A.) verweisen wird, enthält folgende Klausel:
"Unsere Verpflichtungen aus dieser Bürgschaft erlöschen erst mit Rückgabe der Bürgschaftsurkunde."
Mit ihrer Berufung wehrt sich die Beklagte dagegen, dass das LG die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festgestellt hat. Sie macht geltend, sie sei zur Übergabe der Bürgschaftsurkunde schon deshalb nicht verpflichtet gewesen, weil die vertragliche Gewährleistungspflicht zum Übergabezeitpunkt noch nicht abgelaufen gewesen sei. Zudem befinde sich das LG mit der von ihm vertretenen Auffassung im Widerspruch zur ganz überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung, wonach der Sicherungsgeber die Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde nur an den Bürgen verlangen könne.
Sie beantragt, das Urteil des LG Berlin vom 10.12.2004 - 19 O 336/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
Wegen des Weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die nach § 511 Abs. 1 ZPO statthafte Berufung ist zulässig, da sie gem. §§ 517, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden ist. Sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg, da das LG zutreffend den Rechtsstreit als in der Hauptsache erledigt angesehen hat.
III. Der Klägerin stand nach § 17 Nr. 8 der in den Bauvertrag einbezogenen VOB/B ein fälliger Anspruch auf Rückgabe der Urkunde über die Gewährleistungsbürgschaft an sich zu.
A. Entgegen der Auffassung der Beklagten lief die Gewährleistungsfrist mit dem 2.5.2002 ab, da sie gem. § 13 Nr. 4 S. 2 VOB/B mit der Abnahme der klägerischen Leistung begonnen hat. Soweit die Beklagte unter Hinweis auf § 13 Nr. 3 Abs. 2 der "Bedingungen der A. GmbH für Nachunternehmer" (Anlage K2, Bl. 8 ff. d.A.) und Ziff. 9. 4 des Verhandlungsprotokolls der Parteien vom 22.8.1996 (Anlage K 3, Bl. 17 ff. d.A.) die Gewährleistungsfrist erst mit der Abnahme der gesamten Baumaßnahme durch ihren Auftraggeber beginnen lassen will, ist dem nicht zu folgen, da diese Klauseln nach § 9 des auf den im Jahre 1996 geschlossenen Vertrag anzuwendenden AGBG unwirksam sind, weil sie die Klägerin unangemessen benachteiligen.
Mit dem LG ist davon auszugehen, dass es sich bei den Klauseln in den Nachunternehmerbedingungen und im Verhandlungsprotokoll um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 1 AGBG handelt. Die Nachunternehmerbedingungen verdeutlichen bereits durch den Titel ihren Charakter als Allgemeine Geschäftsbedingungen. Auch das Verhandlungsprotokoll enthält vorformulierte Vertragsklauseln, insb. ist die Klausel Ziff. 9. 4 drucktechnisch als vorformulierte Klausel ausgewiesen. Damit besteht eine von der Beklagten als Verwenderin zu widerlegende Vermutung dafür, dass es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 1 AGBG handelt (Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 1 AGBG Rz. 20). Diese Vermutung hat die Beklagte auch in der Berufung nicht widerlegt.
Das von der Beklagten verwendete Klauselwe...