Leitsatz (amtlich)

Die Schriftform des § 550 Satz 1 BGB ist nicht gewahrt, wenn im Falle einer Nachtragsvereinbarung zwar "Schriftlichkeit" eingehalten wird, die Annahmeerklärung aber nicht mehr rechtzeitig i.S.d. § 147 Abs. 2 BGB zugeht.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 14.07.2006; Aktenzeichen 91 O 6/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14.7.2006 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 91 des LG Berlin abgeändert:

Die Klage wird - auch in der Fassung des Schriftsatzes vom 18.1.2007 - abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Streithelfer haben die ihnen entstandenen Kosten zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

6. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

1. Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 14.7.2006 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 91 des LG Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Beklagte verfolgt ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Sie meint, dass das LG zu Unrecht von der Einhaltung der Schriftform des Mietvertrages vom 8./10.9.1993 ausgegangen sei. Schon der Beginn des Mietverhältnisses lasse sich nicht feststellen, weil dieser nicht schriftlich festgehalten worden sei. Jedenfalls aber habe der 5. Nachtrag zum Mietvertrag die gesetzlich erforderliche Schriftform nicht eingehalten, weil eine rechtzeitige Annahme ihres Angebots auf Vertragsänderung durch die Klägerin nicht erfolgt sei. Sie sei deshalb zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrages berechtigt gewesen, so dass das Mietverhältnis am 31.3.2006 beendet sei und der Klägerin von diesem Zeitpunkt an Mietansprüche nicht mehr zustünden. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf ihre Schriftsätze vom 18.9.2006 und 15.1.2007 verwiesen.

Die Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin und deren Streithelfer beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das Urteil des LG für zutreffend und meinen, dass das Schriftformerfordernis für den auf 20 Jahre abgeschlossenen Vertrag eingehalten sei. Jedenfalls verstoße aber die Geltendmachung der fehlenden Schriftform gegen Treu und Glauben, da die 5. Nachtragsvereinbarung zugunsten der Beklagten ergangen sei.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Kläger und der Streithelfer in der Berufungsinstanz wird auf ihre Schriftsätze vom 14.12.2006 und 10.1.2007 Bezug genommen.

2. Die Berufung der Beklagten ist begründet, weil die von ihr unter dem 21.9.2005 ausgesprochene Kündigung das Mietverhältnis nach § 580a Abs. 2 BGB zum 31.3.2006 beendet hat. Entgegen der Auffassung der Kläger und der Streithelfer geht der Senat davon aus, dass der Mietvertrag wegen Nichteinhaltung der nach §§ 550 Satz 1, 126 Abs. 2 BGB erforderlichen Schriftform als für unbestimmte Zeit geschlossen galt mit der Folge der jederzeitigen, nicht durch § 242 BGB ausgeschlossenen Möglichkeit der ordentlichen Kündigung durch die Beklagte.

a) Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt zwar ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis der §§ 566 Satz 1 BGB a.F., 550 Satz 1 BGB n.F., 126 Abs. 2 BGB nicht darin, dass die in § 3 Ziff. 1 des Vertrages für den Beginn des Mietverhältnisses vorgesehene "Bezugsfertigkeit" nicht schriftlich festgehalten worden ist. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die in vollem Umfang zutreffenden Ausführungen des Urteils des LG. Ergänzend hierzu ist auf § 4 Ziff. 2 des Mietvertrages zu verweisen, wonach die Miete, Nebenkosten und Umsatzsteuer "ab Bezugsfertigstellung" zu zahlen waren. Durch Vorlage von Überweisungsträgern oder Kontoauszügen lässt sich hierdurch der Beginn und damit die Dauer des Mietverhältnisses bestimmen. Dies reicht für den Zweck der vorgesehenen Schriftform, nämlich dem potentiellen Grundstückserwerber zu ermöglichen, Gewissheit über den Inhalt und den Umfang eines Mietverhältnisses zu erlangen in das er nach § 566 Abs. 1 BGB eintritt, aus. Erforderlich ist nicht, das sämtliche wesentlichen Vertragsbedingungen (schriftlich) bestimmt sind; ausreichend ist vielmehr - wie bei der Abtretung künftiger Forderungen - deren Bestimmbarkeit (BGH, GE 2004, 1163 = BGH v. 14.7.2004 - XII ZR 68/02, BGHReport 2004, 1542 = MDR 2004, 1347 = NJW 2004, 2962; GE 2006, 50; GE 2006, 184 = BGH v. 2.11.2005 - XII ZR 233/03, NotBZ 2006, 56 = BGHReport 2006, 216 = MDR 2006, 561 = NJW 2006, 140). Diese Bestimmbarkeit liegt hier nach Auffassung des Senats ohne Zweifel vor, so dass für den Grundstückserwerber feststellbar ist, in welche langfristigen Vereinbarungen er ggf. (BGH, GE 2004, 1163) eintritt.

b) Nach Auffassung des Senats ist jedoch wegen der von der Hausverwaltung erst mit Schreiben an die Beklagte vom 21.4.2004 vorgenommene Übersendung des Nachtrags Nr. 5 die Schr...

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