Verfahrensgang
AG Waldbröl (Entscheidung vom 12.12.2003; Aktenzeichen 6 C 504/03) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Waldbröl vom 12.12.2003, Az: 6 C 504/03, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Von der Abfassung eines Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO unter Verweis auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts Waldbröl vom 12.12.2003 abgesehen. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen, durch das Amtsgericht abgewiesenen Klageantrag in vollem Umfang weiter. Der Beklagte tritt der Berufung unter Verteidigung des erstinstanzlichen Urteils entgegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die Entscheidung des Amtsgerichts, nach der der Klägerin kein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wegen Nichteinzahlung zweier einbehaltener Sicherheiten auf ein Sperrkonto zusteht, beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Das Amtsgericht hat hinsichtlich des Hauptantrags einen Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 266 Abs. 1,2. Alt. StGB zutreffend verneint.
Zwar ist es unerheblich, dass dem Beklagten als Geschäftsführer der GmbH, die Vertragspartnerin der Klägerin war, keine eigenen vertraglichen Pflichten gegenüber der Klägerin oblagen. Als vertretungsberechtigtes Organ der GmbH (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) und damit der Vertragspartei haftet er strafrechtlich für die Verletzung einer dieser obliegenden Vermögensbetreuungspflicht (vgl. BGH NJW 1996, 65).
Das Amtsgericht ist jedoch zutreffend davon ausgegangen, dass die Pflicht des Auftraggebers nach § 17 VOB/B, eine Sicherheit auf ein Sperrkonto einzuzahlen, keine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Auftragnehmer i. S. d. § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB (Treubruchtatbestand) beinhaltet.
Der Treubruchtatbestand setzt das Bestehen einer (gesetzlichen oder vertraglichen) Vermögensbetreuungspflicht voraus. Grundsätzlich sind unter Treuepflichten i. S. d. § 266 StGB inhaltlich besonders qualifizierte Pflichten zu verstehen, d.h. Pflichten aus einem Verhältnis, das seinem Inhalt nach wesentlich durch die Besorgung fremder Vermögensangelegenheiten bestimmt wird (vgl. Lenckner/Perron in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2002, § 266 Rn. 23 m.w.N.). Ein solches "fremdnützig typisiertes Schuldverhältnis" mit Geschäftsbesorgungscharakter (vgl. Lenckner/Perron, a.a.O., Rn. 23a) wird für Vertragsbeziehungen, in denen als bloße Nebenpflicht beispielsweise eine Pflicht zur Rückgabe einer Sicherheit, Anrechnung einer Vorauszahlung, Rückgabe einer Kaution, Herausgabe einer Provision o.ä. besteht, grundsätzlich nicht angenommen (vgl. die Nachweise in: Lenckner/Perron, a.a.O., Rn. 23, 26). Soweit eine Treuepflicht ausnahmsweise in einem an sich nicht fremdnützigen Rechtsverhältnis angenommen wird, ist erforderlich, dass dieses dennoch wesentliche Elemente einer Geschäftsbesorgung aufweist (vgl. Lenckner/Perron a.a.O. Rn. 27 m.N.). Dies bedeutet, dass dem Verpflichteten zumindest ein gewisser Spielraum für eigenverantwortliches Handeln zustehen muss.
Ein fremdnützig typisiertes Schuldverhältnis bzw. eine Sicherungspflicht mit Geschäftsbesorgungscharakter besteht zwischen den Parteien bzw. der Klägerin als Auftragnehmerin und der mittlerweile insolventen GmbH als Auftraggeberin eines Werkvertrags unzweifelhaft nicht.
Zwar hat der Bundesgerichtshof entgegen der bis dahin herrschenden Meinung in der Literatur entschieden, dass es sich bei der gesetzlichen Pflicht des Vermieters aus § 551 Abs. 3 BGB, eine Mietkaution auf ein besonderes Konto anzulegen, trotz ihres zivilrechtlichen Charakters als bloßer Nebenpflicht strafrechtlich um eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Mieter handelt, deren Verletzung strafbar nach § 266 StGB ist (BGH NJW 1996, 65, mit Nachweisen zur Gegenauffassung). Diese Entscheidung lässt sich jedoch entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht auf die Sicherungspflichten nach § 17 VOB/B übertragen. Während der Bundesgerichtshof bezüglich der Mietkautionen die vom Gesetzgeber beabsichtigte Anlehnung an die Regelungen für Mündelgelder betont hat und beide als gesetzliche Treuhandverhältnisse gewertet hat, handelt es sich bei § 17 VOB/B um eine vertragliche Pflicht, bei der weder Interessenlage noch Schutzbedürftigkeit mit derjenigen bei der Anlage von Mündelgeld vergleichbar sind. § 17 VOB/B als Treuepflicht i. S. d. § 266 Abs. 1 StGB anzusehen hieße, die Strafbarkeit von vertraglichen Sicherungspflichten in einem unübersehbaren und mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht vereinbaren Umfang auszuweiten.
Im übrigen ist nach Auffassung der Kammer unabhängig davon, ob man das objektive Bestehen einer Vermögensbetreuungspflicht bejaht, nicht ausreichend erkennbar, dass der Beklagte dadurch, dass er es unterlassen hat, die Sicherheiten auf ein Sperrkonto einzuzahlen, auch den subjektiven Tatbestand der Untreu...