Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftungsverteilung bei Kfz-Unfall: Vertrauen auf die Richtigkeit des Blinkens eines Vorfahrtberechtigten. Haftungsverteilung bei Kfz-Unfall: Zurechnung des Verschuldens und der Betriebsgefahr bei Leasingfahrzeug. Haftungsverteilung bei Kfz-Unfall: abstrakte Berechnung der Nutzungsausfallentschädigung

 

Orientierungssatz

1. Ein Blinken des bevorrechtigten Verkehrs allein reicht noch nicht aus, um dem wartepflichtigen Verkehr die Haftung für seine Vorfahrtverletzung abzunehmen. Vielmehr ist dieser gehalten, sich nicht allein auf ein so unsicheres Anzeichen zu verlassen, sondern darf erst bei Hinzutreten weiterer Umstände, die die Abbiegeabsicht des bevorrechtigten Fahrzeugs bestätigen, davon ausgehen, daß er seine Fahrt aufnehmen kann. Dies gilt umso mehr, wenn der Wartepflichtige nicht an einer Seitenstraße sondern an einer Firmenausfahrt steht (entgegen OLG München, 18. September 1998, 10 U 6463/97, DAR 1998, 474 und OLG Zweibrücken, 6. Juli 1990, 1 Ss 159/00, VRS 80, 48 (1991); Anschluß KG Berlin, 25. September 1989, 12 U 4646/88, VersR 1991, 934 und OLG Oldenburg (Oldenburg), 25. Mai 1992, Ss 130/92, NZV 1992, 454).

2. Ein zu frühes Blinken des bevorrechtigten Fahrzeugs bei Nichtbeachtung des abbiegebereiten Fahrzeugs rechtfertigt einen Haftungsanteil von 25%.

3. Der die Leasingnehmerin als Fahrzeughalterin treffende Verursachungsbeitrag ihres Fahrzeugführers ist sowohl hinsichtlich des Verschuldens als auch hinsichtlich der Betriebsgefahr ihres Fahrzeuges der Leasinggeberin gemäß §§ 9 StVG, 254 BGB und 17 StVG zuzurechnen. Sie kann deshalb keinen vollen Schadensersatz wegen der Beschädigung ihres Eigentums am unfallbeteiligten Fahrzeug beanspruchen.

4. Für gewerblich genutzte Kraftfahrzeuge kommt eine abstrakte Berechnung des Nutzungsausfallschadens nicht in Betracht.

 

Tenor

1) Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.850,44 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.5.2001 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2) Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 7/9 und die Beklagten als Gesamtschuldner 2/9.

3) Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.600,00 Euro, für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.700,00 Euro vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert beträgt 7.902,84 Euro.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall aus eigenem und abgetretenem Recht der Fahrzeughalterin.

Die Klägerin, ein gewerbliches Leasingunternehmen für Kraftfahrzeuge, verleaste an die Firma K GmbH (im folgenden: Leasingnehmerin) einen Personenkraftwagen. Diese wiederum stellte das Fahrzeug ihrem Mitarbeiter, dem Zeugen B, zum geschäftlichen und privaten Gebrauch zur Verfügung. Alle Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfällen wurden gemäß den Bedingungen des Leasingvertrages durch die Leasingnehmerin bereits vorab an die Klägerin abgetreten. Wegen der weiteren Vertragsbedingungen wird auf Bl. 56-59 d.A. Bezug genommen.

Das geleaste Fahrzeug wurde bei einem Unfall mit dem durch den Beklagten zu 1) geführten und bei der Beklagten zu 2) versicherten Fiat-Kleintransporter erheblich beschädigt als der Zeuge B am 26.2.2001 gegen 14.30 Uhr aus der Ausfahrt der Firma H auf der Bundesstraße 86 in Richtung S nach links auffuhr und dabei mit dem Transporter, der die Bundesstraße 86 in Richtung O befuhr, zusammenstieß.

Der Beklagte zu 1) wollte an einer etwa 80 Meter hinter der Ausfahrt der Fa. Holz-Koch liegenden Kreuzung rechts einfahren.

Durch den Unfall entstanden am am Fahrzeug der Klägerin Reparaturkosten in Höhe von 12.683,61 DM und für ein Sachverständigengutachten zur Schadenshöhe wandte die Klägerin 753,00 DM auf. Am Fahrzeug verbleibt auch nach vollständiger Reparatur wegen der Schwere des Unfallschadens ein merkantiler Minderwert von 1.000,00 DM.

Daneben verlangt die Klägerin 970,00 DM Nutzungsentschädigung und eine Unfallkostenpauschale in Höhe von 50,00 DM.

Die Beklagte zu 2) wurde schriftlich unter Fristsetzung zum 10.5.2001 gemahnt.

Die Klägerin behauptet, der Zeuge B sei auf die Bundesstraße aufgefahren weil bei dem vom Beklagten zu 1) geführten Fahrzeug der Blinker nach rechts in Betrieb war und dieses seine Fahrt verlangsamt habe. Er habe deshalb damit gerechnet, daß das Fahrzeug in die Einfahrt der Firma H einbiege. Der Zeuge habe mit dem Fahrzeug an der Ausfahrt gestanden, geblinkt und sich zweimal über das Blinken des Transporters vergewissert.

Auf die Frage nach dem Unfall, warum er denn geblinkt habe, habe der Beklagte zu 1) geantwortet, daß er eigentlich erst an der nächsten Kreuzung abbiegen wollte. Auf Frage des aufnehmenden Polizeibeamten zum unstreitig bei dessen Eintreffen in Betrieb befindlichen Blinker habe der Beklagte zu 1) nur widersprüchlich geantwortet.

Die Klägerin gesteht eine Mitverursachung des Unfalls durch den Zeugen B zu, ist aber der Ansicht, ihr stehe unabhängig vom Umfang des Verursachungsbeitrages des Beklagten zu 1) v...

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