Leitsatz (amtlich)
Beim Verkauf eines "Lagerfahrzeuges" ohne Hinweis auf einen Verkauf als Neuwagen handelt es sich nicht um ein Standardgeschäft, bei dem bestimmte Höchstgrenzen für eine noch vertragsgerechte Lagerzeit anzunehmen wären. Vielmehr ist für die Frage, ob die tatsächliche Lagerzeit (hier: 27 Monate) Gewährleistungsrechte begründet, der Vertrag nach den Umständen des Einzelfalles auszulegen.
Der Begriff "Lagerfahrzeug" und die fehlende Verwendung des Begriffes "neu" zusammen mit der Angabe "Modelljahr 2002" bezeichnen ein Fahrzeug, das irgendwann in der Zeit, in der das "Modell 2002" produziert wurde, sei es auch zu Beginn dieses Zeitraums, hergestellt wurde und seitdem, eventuell sogar seit Modelleinführung im Jahr 2001, auf Lager gestanden hat.
Normenkette
BGB § 434 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Urteil vom 17.09.2004) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Braunschweig vom 17.9.2004 abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Mit der Klage macht der Kläger aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau Gewährleistungsrechte aus einem Kaufvertrag geltend. Am 15.1.2004 schlossen die Ehefrau des Klägers als Käuferin und die Beklagte einen Kaufvertrag, der auf Käuferseite von dem Kläger unterschrieben wurde, über das "ImportFahrzeug wie gesehen" Chrysler PT Cruiser 2.0 Limited Fahrgestellnummer ... zu einem Kaufpreis von 17.590 EUR. Unter Sonstiges heißt es im Kaufvertrag "Lagerfahrzeug, Modelljahr 02". Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Kaufvertrag Anlage K1 (Bl. 5 d.A.) verwiesen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Pkw, der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nie zum Verkehr zugelassen worden war und dem aktuellen Modell zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entsprach, am 15.10.2001 produziert worden ist.
Mit Schreiben vom 12.3.2004 verlangte der Kläger von der Beklagten unter Fristsetzung die Lieferung eines "vertragsgemäßen" Fahrzeugs, das allenfalls 12 Monate alt sei. Nach Fristablauf trat der Kläger mit Schreiben vom 30.3.2004 vom Kaufvertrag zurück und forderte die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises und zur Erstattung von Aufwendungen i.H.v. 2.145 EUR bis zum 5.4.2004 auf.
Der Kläger hat behauptet, dass er bei dem Wechsel von den von ihm gesondert erworbenen Winterreifen zu den mitgelieferten Sommerreifen an diesen "Standbeulen" entdeckt habe und dabei die lange Standzeit des Fahrzeugs bemerkt habe. Das Fahrzeug sei wegen der Standzeit von mehr als 12 Monaten nicht vertragsgemäß.
Mit der Klage verlangt der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages unter Anrechnung von 0,10 EUR je 1.000 km Laufleistung von 7000 km und den Ersatz für die Kosten einer Anhängerkupplung (847,50 EUR), eines Navigationssystems (208,72 EUR), von ChromZubehör (984,14 EUR) und für 4 neue Reifen (440 EUR).
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 19.620,36 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 6.4.2004, Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Chrysler PT Cruiser 2. 0 Limited, FahrgestellNr.: ..., zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass das Fahrzeug vertragsgemäß sei. Das Fahrzeug sei nicht als Neufahrzeug verkauft worden. In einem nicht nachgelassenen Schriftsatz hat die Beklagte in erster Instanz behauptet, dass der vereinbarte Kaufpreis 37 % unter dem Listenpreis für Neufahrzeuge gelegen habe.
Das LG hat der Klage überwiegend stattgegeben. Es hat den Nutzungsausgleich anders berechnet und hinsichtlich der Kosten für die Reifen die Klage abgewiesen, weil der Kläger der Beklagten insofern keine Nachfrist gesetzt habe. Das Fahrzeug weise einen Sachmangel auf. Es sei zwar nicht als Neufahrzeug i.S.v. "fabrikneu" verkauft worden, das nach der Rechtsprechung des BGH nicht älter als 12 Monate sein dürfe. Bei einem "Lagerfahrzeug" müsse zwar mit einer längeren Lagerdauer gerechnet werden. Die Lagerdauer dürfe jedoch wegen der Alterungserscheinungen, die auch unabhängig vom Gebrauch auftreten, 2 Jahre nicht übersteigen.
Dagegen richtet sich die form und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten. Das gelieferte Fahrzeug sei vertragsgerecht. Die Festsetzung einer maximal zumutbaren Lagerdauer von 24 Monaten bei einem als Lagerfahrzeug verkauften Kraftfahrzeug sei willkürlich. In der Rechtsprechung werde die Frage, ob die tatsächliche Lagerzeit nach dem Vertrag noch akzeptabel sei, jeweils nach den konkreten Umständen des Einzelfalls entschieden. Hier habe auch der Kläger nicht vorgetragen, dass konkludent eine maximale Lagerdauer von 24 Monaten vereinbart worden sei. Der Mitarbeiter der Beklagten habe bei Vertragsschluss ausdrücklich darauf h...