Entscheidungsstichwort (Thema)
Erledigung der Widerklage wegen der Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens
Leitsatz (amtlich)
1. Macht der Bauherr im Prozess über die Rückforderung eines Kostenvorschusses die ihm entstandenen Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens zum Gegenstand einer Widerklage, so ist die Widerklage grundsätzlich erledigt, wenn der Bauherr in der Berufungsinstanz gegen den Rückforderungsanspruch mit Schadensersatzansprüchen wegen Baumängeln aufrechnet.
2. Die Widerklage ist jedoch nur in der Höhe erledigt, in der der Bauherr nach der Kostenentscheidung in der Hauptsache Erstattung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens verlangen kann.
Normenkette
ZPO §§ 96, 485, 494a; BGB § 637 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 22.03.2012; Aktenzeichen 8 O 1/11) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des LG Hannover vom 22.3.2012 unter Zurückweisung der weiter gehenden Rechtsmittel abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.606,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.12.2011 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Es wird festgestellt, dass die Widerklage i.H.v. 845,29 EUR erledigt ist. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens tragen beide Parteien jeweils zur Hälfte. Der Beklagte kann Erstattung von diesbezüglich verauslagten Gerichtskosten nur verlangen, soweit sie über einen Betrag von 2.474,79 EUR hinausgehen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 60 %, der Beklagte 40 % zu tragen.
Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz haben die Klägerin 30 %, der Beklagte 70 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert: 1. Instanz 16.303,77 EUR
2. Instanz 21.055,05 EUR
Gründe
I. Die Parteien streiten um Mängel an einem Bauvorhaben.
Der Beklagte beauftragte die Klägerin durch Vertrag vom 12.4.2002 mit der Errichtung eines Anbaus zu einem Bürogebäude in H. Nach Fertigstellung der Arbeiten rügte der Beklagte verschiedene Mängel, darunter insbesondere die unzureichende Abdichtung der Dehnungsfuge zwischen den Stahlbetonsohlen des Altbaus und des von der Klägerin errichteten Neubaus.
Der Beklagte beantragte am 19.10.2007 die Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens (Verfahren 8 OH 11/07 LG Hannover), in dessen Verlauf der Sachverständige G. zunächst 4 Gutachten bzw. Stellungnahmen erstattete. Auf der Grundlage der vom Sachverständigen geschätzten Brutto-Mangelbeseitigungskosten zahlte die Klägerin im Juli 2009 an den Beklagten einen Sanierungskostenvorschuss i.H.v. 15.500 EUR. Im Anschluss beauftragte der Beklagte die Fa. T. mit Abdichtungsmaßnahmen im Keller zu Nettokosten i.H.v. 2.063,48 EUR; insoweit ist streitig, ob es sich lediglich um eine Notfallmaßnahme zur vorübergehenden Abdichtung der Fuge oder um eine dauerhafte Mangelbeseitigung handelte. In einer weiteren Stellungnahme vom 6.8.2010 gelangte der Sachverständige G. zu der Einschätzung, dass eine fortbestehende Undichtigkeit der Anschlussfuge nicht festzustellen sei. Der Beklagte macht insoweit geltend, dass auch nachträglich Feuchtigkeit in den Keller eingedrungen sei, zuletzt im Winter 2011/2012.
Die Klägerin hat erstinstanzlich primär Rechnungslegung über die Verwendung des Kostenvorschusses, hilfsweise Rückzahlung von 11.638,41 EUR begehrt. Der Beklagte hat bereits vorprozessual i.H.v. 2.474,29 EUR die Aufrechnung mit den im Beweissicherungsverfahren angefallenen Sachverständigenkosten erklärt und im Wege der Widerklage Erstattung der weiteren Kosten des OH-Verfahrens (weitere Gerichtskosten sowie Anwaltsgebühren) begehrt.
Das LG hat der Klage auf den Hilfsantrag i.H.v. 9.413,80 EUR und der Widerklage in voller Höhe stattgegeben. Der Rückzahlungsanspruch sei abzgl. der nachgewiesenen Verwendung des Vorschusses i.H.v. 3.611,41 EUR und der Aufrechnungserklärung i.H.v. weiteren 2.474,29 EUR begründet, die Widerklage in voller Höhe.
Gegen das Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, in der er vom Vorschussanspruch auf einen Schadensersatzanspruch wegen der Baumängel übergeht und gegen den Rückzahlungsanspruch mit Schadensersatzpositionen in einem Gesamtumfang von 19.871,91 EUR gestaffelt aufrechnet.
Der Beklagte beantragt, unter teilweiser Abänderung des Urteils des LG Hannover vom 22.3.2012 die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlussberufung hat die Klägerin zunächst beantragt, das Urteil des LG Hannover vom 22.3.2012 insoweit aufzuheben und abzuändern, als es im Wege der Widerklage die Klägerin verurteilt hat, an den Beklagten 4.165,36 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2010 zu zahlen.
Der Beklagte hat zunächst beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Widerklage für erledigt erklärt; die Klägeri...