Leitsatz (amtlich)
Verweigert der Besteller einer Bauleistung (zu Unrecht) schon die Aufklärung der Frage, ob überhaupt Mängel vorliegen, so verwirkt er zwar seinen - eventuellen - Mängelbeseitigungsanspruch materiell-rechtlich nicht, wohl aber im Prozess des Unternehmers auf Werklohnzahlung.
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 30.01.2004; Aktenzeichen 4 O 250/03) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Lüneburg vom 30.1.2004 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: (1/2 × 21.290,64 Euro =) 10.645,32 Euro.
Gründe
I. Der Kläger hat im Bauvorhaben des Beklagten eine Heizungsanlage eingebaut und macht Restwerklohn i.H.v. 21.290,64 Euro geltend, den das LG antragsgemäß zugesprochen hat. Der Beklagte behauptet diverse Mängel und bekämpft das landgerichtliche Urteil insoweit, als keine Zug-um-Zug-Verurteilung (Zahlung Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung) erfolgt ist, weil, so die Auffassung des LG, der Beklagte aufgrund seines vorprozessualen Verhaltens seine Gewährleistungsrechte verwirkt habe.
Wegen der getroffenen Feststellungen im Einzelnen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat der Restwerklohnklage uneingeschränkt stattgegeben. Es sei von einer schlüssigen Abnahme des Werks auszugehen, weil der Beklagte die Heizungsanlage seit seinem Einzug in das Haus im Oktober 2002 bestimmungsgemäß nutze und die erste Rüge eines Mangels erst am 3. Dezember erfolgt ist. In der mehrwöchigen rügelosen Nutzung der Anlage liege die schlüssige Anerkennung der Arbeiten als im Wesentlichen vertragsgerecht.
Der Beklagte habe daher nur noch die Rechte aus § 634 BGB, insb. den Nacherfüllungsanspruch aus § 635 BGB. Diese Rechte habe er allerdings durch sein treuwidriges Verhalten unter Berücksichtigung von Treu und Glauben entsprechend den §§ 162, 242 BGB verwirkt, sodass er dem Verlangen des Klägers auf Zahlung des Werklohns nicht die Einrede der mangelnden Fälligkeit oder des nicht erfüllten Vertrages nach § 641 Abs. 3 BGB entgegensetzen könne. So habe der Beklagte im einstweiligen Verfügungsverfahren eine Besichtigung der Mängel und deren verbindliche Feststellung durch den Kläger und dessen Sachverständigen verhindert, indem er zahlreiche hierzu erbetene Termine für einen Ortstermin ablehnte. Er habe den Kläger schlicht hingehalten. Der Gewährung eines unverzüglichen Zutritts zum Bauobjekt und der Möglichkeit der sachgerechten Überprüfung hätte es jedoch nicht zuletzt aus Gründen der "Waffengleichheit" bedurft, weil der Beklagte ebenfalls mehrfach einen privaten Sachverständigen bemüht hatte. Unabhängig davon sei festzustellen, dass der Beklagte aufgrund des verweigerten Ortstermins mit der Nacherfüllung gem. § 293 BGB in Annahmeverzug geraten sei. Denn der Kläger habe seine Bereitschaft zur Nacherfüllung zu Recht davon abhängig gemacht, die Berechtigung des Nacherfüllungsverlangens unter Hinzuziehung eines Sachverständigen zu überprüfen und zu bewerten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er statt einer unbedingten Verurteilung zur Restwerklohnzahlung eine solche nur Zug um Zug gegen die Beseitigung von 22 aufgelisteten Mängeln begehrt.
Der Beklagte rügt, die Annahme des LG, er habe Nacherfüllungsansprüche gem. § 635 BGB durch treuwidriges Verhalten verwirkt, sei rechtsfehlerhaft. Der Werkunternehmer werde durch die Vorschriften über den Annahmeverzug, insb. § 300 BGB, ausreichend geschützt. Es bestehe kein Bedürfnis dafür, einen "einfachen" Annahmeverzug durch die materiell-rechtliche Aberkennung der Gewährleistungsrechte zu sanktionieren. Dies entspreche nicht der gesetzlichen Wertung und könne daher nicht über § 242 BGB konstruiert werden.
Auch ein Annahmeverzug liege im Übrigen nicht vor. Das LG habe die Voraussetzungen der §§ 293 ff. BGB rechtsfehlerhaft bejaht. Denn die Leistung sei tatsächlich nicht so angeboten worden, wie sie zu bewirken sei, sodass der Gläubiger nur noch hätte "zuzugreifen" brauchen. Demgegenüber reiche das bloß verbale Angebot, die Mängel zu besichtigen, nicht aus.
Die Annahme des LG, der Beklagte habe den Zugang der ersten Mangelrüge mit Schreiben vom 15.1.2003 mit Fristsetzung zum 25. Februar nicht bewiesen, beruhe auf einem Verfahrensfehler. Das LG hätte den Zugang dieses Schreibens unterstellen müssen, weil dieser auf S. 16 der Klageerwiderung vom 29.9.2003 unter Beweis gestellt gewesen sei. Hiervon ausgehend hätte der Kläger mehr tun müssen, als geraume Zeit nach Ablauf der gesetzten Frist zur Nacherfüllung lediglich eine Besichtigung anzubieten. Davon unabhängig seien die Gründe der Terminsverschiebung (Verhinderung des Prozessbevollmächtigten) und der Weigerung der Hinzuziehung eines Privatsachverständigen des Klägers sachgerecht gewesen.
Der Beklagte beantragt, ihn unter Abänderung des angefochtenen Urteils des LG Lüneburg zu verurteilen, an den Kläger 21.990,64 Euro zu zahlen, Zug um Zug gege...