Normenkette
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Verfahrensgang
LG Leipzig (Urteil vom 19.05.2004; Aktenzeichen 11 O 5981/03) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Leipzig vom 19.5.2004 - Az.: 11 O 5981/03 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV. Streitwert des Berufungsverfahrens: 24.542,01 EUR.
Gründe
I. Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadenersatz wegen der Beschädigung einer Bäckereimaschine. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands in der Vorinstanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat der Klage stattgegeben, weil der Beklagte wegen fahrlässiger widerrechtlicher Verletzung des klägerischen Eigentums hafte. Der Anspruch sei nicht verjährt, weil nach dem unstreitig gebliebenen Vortrag der Kläger erst Anfang Februar 2002 Kenntnis vom Schädiger erhalten habe.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er ist der Ansicht, der Anspruch sei verjährt, weil vorliegend § 439 HGB zur Anwendung gelange und § 852 BGB als lex spezialis vorgehe. Das LG habe übersehen, dass die frachtrechtlichen Haftungsbeschränkungen - insbesondere die Verjährungsvorschrift des § 439 HGB - auch für Ansprüche gegen die "Leute" des Frachtführers gelte. § 439 HGB erfasse nicht nur vertragliche Ansprüche, sondern auch alle konkurrierenden, außervertraglichen.
Unabhängig davon fände § 435 HGB keine Anwendung, weil das Verhalten des Beklagten keinesfalls leichtfertig gewesen sei. Die Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass zum Zeitpunkt des Schadenseintritts die Sendung bereits abgeliefert gewesen sei. Die Ablieferung sei ein zweigliedriger Akt, der die Möglichkeit einer durch den Frachtführer ungestörten Sachherrschaft des Empfängers und das Element des Einverständnisses des Empfängers mit der Übernahme der Sachherrschaft umfasse. Die Zeugen hätten aber übereinstimmend bekundet, ein Zugriff auf die Ladung sei ihnen mangels einer Hebebühne am Lkw nicht möglich gewesen. Erst mittels eines Gabelstaplers sei der Kläger in die Lage versetzt worden, überhaupt Besitz an der auf dem Lkw befindlichen Maschine zu übernehmen. Der Schaden sei aber vorher und damit im Obhutszeitraum der Firma P. eingetreten, so dass die Haftungsbeschränkungsvorschriften der §§ 425 ff. HGB Anwendung fänden.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des LG Leipzig vom 19.5.2004 - Az.: 11 O 5981/03 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt im Wesentlichen seinen vorinstanzlichen Vortrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 18.11.2004 verwiesen.
II. Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet, weil er dem Kläger zum Ersatz des Schadens an der Bäckereimaschine verpflichtet und dieser Anspruch nicht verjährt ist.
1. Der Beklagte hat die Bäckereimaschine des Klägers am 5.3.1999 zumindest fahrlässig beschädigt und ist ihm nach § 823 Abs. 1 BGB zum Ersatz des hieraus resultierenden Schadens verpflichtet. Hierüber und über die Höhe des geltend gemachten Schadens streiten die Parteien nicht.
2. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist dieser Anspruch aber nicht verjährt, weil sich der Schaden außerhalb des sog. "Obhutszeitraums" ereignete, so dass der Anspruch nicht nach der frachtrechtlichen Sondervorschrift des § 439 Abs. 1 HGB verjährt, sondern nach den allgemeinen Verjährungsvorschriften.
a) Nach § 439 Abs. 1 HGB verjähren Ansprüche aus einer Beförderung, die den Vorschriften der §§ 407 ff. HGB unterfallen, in einem Jahr ab Ablieferung des Guts. Erfasst werden hierbei nicht nur die frachtrechtlichen Ansprüche der §§ 425 ff. HGB, sondern auch außervertragliche Ansprüche vertragsfremder Dritter, wenn sie sich auf die Beschädigung oder den Verlust von Gütern während der Beförderung beziehen. Handelt es sich bei einem solchen Anspruch um einen aus unerlaubter Handlung, so ist § 439 HGB lex spezialis zu § 852 BGB.
b) Dies gilt nicht, wenn der Schaden - wie vorliegend - außerhalb des sog. "Obhutszeitraums" eingetreten ist.
aa) Die Einbeziehung konkurrierender, außervertrag-
licher Ansprüche in das System der Haftungsbegrenzungen und -beschränkungen gilt nur für den Zeitraum der Entgegennahme des Frachtguts bis zu dessen Ablieferung. Hierfür spricht der Wortlaut des § 439 Abs. 1 HGB, der nur Ansprüche aus einer Beförderung erfasst, die den Vorschriften der §§ 407 bis 450 HGB unterliegt. Diese Beförderung ist die Verpflichtung des Frachtführers aus dem Frachtvertrag (§ 407 Abs. 1 HGB), ein Frachtgut an den Bestimmungsort zu befördern und dort an ...