Leitsatz (amtlich)
(1) Das Verfahren über einen beim LG anhängig gewordenen Antrag über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann auch in der Beschwerdeinstanz auf den Hilfsantrag des Antragstellers an das AG verwiesen werden, wenn für den aussichtsreichen Teil der beabsichtigten Klage das LG sachlich unzuständig ist.
(2) Für dieses Verfahren ist die Zuständigkeit der Zivilabteilung des AG auch dann begründet, wenn es sich bei dem Gegenstand der beabsichtigten Klage um eine Familienstreitsache nach dem am 1.9.2009 in Kraft getretenen neuen Verfahrensrecht in Familiensachen gem. §§ 112 Nr. 3, 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG handelt, das PKH-Gesuch vor dem 1.9.2009 angebracht und über die Verweisung erst nach dem Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes entschieden wurde. Bei einer anderen Auslegung der Übergangsvorschrift in Art. 111 Abs. 2 FGG-ReformG hinge die Frage, ob die Zuständigkeit der Zivilabteilung oder die des Familiengerichts begründet ist, vom Zeitpunkt der Verweisungsentscheidung ab, was mit dem Anspruch auf den gesetzlichen Richter nicht zu vereinbaren wäre.
Verfahrensgang
LG Kleve (Beschluss vom 04.05.2009; Aktenzeichen 2 O 128/09) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Kleve vom 4.5.2009 (2 O 128/09) in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 9.6.2009 wird mit der Maßga-be zurückgewiesen, dass das Verfahren über den Prozess-kostenhilfeantrag auf den Hilfsantrag der Antragstellerin an das AG Moers verwiesen wird.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
I. Die nach den §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde ist mit dem Hauptbegehren unbegründet. Das LG hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von der Antragstellerin beabsichtigte Klage zu Recht abgelehnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat vor dem LG keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 Satz 1 ZPO. Auf den Hilfsantrag der Antragstellerin ist aber das Verfahren über den Prozesskostenhilfeantrag analog § 281 ZPO an das AG Moers zu verweisen.
Die beabsichtigte Klage auf Schadensersatz i.H.v. 20.000 EUR wegen Unmöglichkeit der Herausgabe einer Grafschafter Eichentruhe, massiv, mit Holzschnitzereien aus dem 18. Jahrhundert, hat, wie bereits das LG zu Recht ausgeführt hat, vor dem LG keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
a) Zwar wäre das LG für eine Zahlungsklage in der beabsichtigten Höhe dem Streitwert sicher zuständig, denn nach den §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG ist die landgerichtliche Zuständigkeit gegeben, wenn der Wert des Streitgegenstands 5.000 EUR übersteigt. Der Wert des Streitgegenstands in diesem Sinne bestimmt sich indes nicht nach dem Wert der Truhe, sondern nach der Höhe des beziffert verfolgten Zahlungsanspruchs.
b) Eine Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Klage vor dem LG bestünde aber nur, wenn nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand eine Verurteilung des künftigen Beklagten zur Zahlung in einer Höhe wahrscheinlich wäre, die den landgerichtlichen Zuständigkeitsstreitwert übersteigt (Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 114 Rz. 23). Dass der Antragstellerin nach den §§ 989, 990 BGB ein Schadensersatzanspruch wegen Unmöglichkeit der Herausgabe der Truhe dem Grunde nach zusteht, hat sie schlüssig dargelegt. Dass der Anspruch aber diese Höhe erreichen würde, was sich maßgeblich nach dem Wert der Truhe bemisst, hat die Antragstellerin nicht ausreichend dargelegt.
Den von der Antragstellerin angenommenen Wert der Truhe von 20.000 EUR hat sie nicht näher begründet. Die Antragstellerin hat auch sonst keine Einzelheiten zu den wertbestimmenden Eigenschaften der Truhe mitgeteilt, die über die vorstehend wiedergegebenen Merkmale hinausgehen, etwa Abmessungen, Erhaltungszustand oder besondere Merkmale. Die vorgelegten Fotos lassen zwar geschnitzte Verzierungen erkennen, geben dem Senat aber keine Anhaltspunkte für eine nähere Eingrenzung des Werts. Das von der Antragstellerin (lediglich auszugsweise, Seiten 1-5) in Abschrift vorgelegte Urteil des LG Kleve vom 7.6.1996 (6 S 240/95) enthält im vorgelegten Umfang keinerlei Angaben zum Wert der Truhe oder wertprägenden Merkmalen. Auch wenn die Überlegungen der Antragstellerin, aus dem Urteil lasse sich rückschließen, dass das LG einen Wert der Truhe von 8.900 DM (entspricht 4.550,50 EUR) zugrunde gelegt hat, zutreffen sollten, ergibt sich hieraus nicht, dass der Mindeststreitwert von 5.000 EUR erreicht wäre, zumal es keinen gesicherten Satz der Lebenserfahrung gibt, dass der Wert einer derartigen Antiquität im Verlaufe der vergangenen Jahre gestiegen wäre. Auch ist nicht erkennbar, aufgrund welcher Anknüpfungstatsachen das LG diesen Wert angenommen haben soll. Ebenso verhält es sich mit dem vorgelegten Scheidungsurteil des AG Moers vom 6.10.2005 (472 F 14/03). Aus dem Urteil ergibt sich lediglich, dass das AG den Wert des Hausratsverfahrens mit 10.000 EUR angenommen hat. Gegenstand des Hausratsverfahrens war indes nicht lediglich die Truhe, sonde...