Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallschadensregulierung: Entschädigung bei Ausfall einer Harley-Davidson trotz Zweitwagens
Leitsatz (amtlich)
Auch der unfallbedingte Ausfall eines Motorrads der Marke Harley-Davidson begründet einen ersatzfähigen Vermögensschaden. Ein Pkw im Besitz des Geschädigten ist keine gleichwertige Alternative.
Normenkette
BGB § 251
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 19.07.2007) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 19.7.2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Duisburg unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.432 EUR sowie ein Schmerzensgeld i.H.v. 100 EUR jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.9.2006 und weitere 10 EUR zu zahlen
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Beklagte zu 63 % und der Kläger zu 37 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte zu 2/3 und der Kläger zu 1/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger ist Eigentümer einer Harley Davidson Electra-Glide FLHTI. Dieses Motorrad wurde am 18.3.2006 durch einen Verkehrsunfall beschädigt. Unfallgegner war die Ehefrau des Klägers. Die Beklagte ist die Haftpflichtversicherung des unfallverursachenden Fahrzeugs. Die volle Haftung der Beklagten für die unfallursächlichen Schäden ist zwischen den Parteien unstreitig. Das Motorrad des Klägers befand sich in dem Zeitraum vom 18.3.2006 bis zum 3.6.2006 zur Reparatur in einer Fachwerkstatt. Der Kläger begehrt für diesen Zeitraum (78 Tage) Nutzungsausfallentschädigung zu einem Tagessatz von 66 EUR, insgesamt also 5.148 EUR. Ihm stand für den Reparaturzeitraum ein weiterers Fahrzeug (Pkw) zur Verfügung. Seine Ehefrau verfügt ebenfalls über einen privaten Pkw und ein weiteres Motorrad. Das ganzjährig angemeldete Motorrad nutzt der Kläger nicht nur für reine Freizeitfahrten, sondern - je nach Witterungslage - auch als alltägliches Transportmittel für Fahrten zum Arbeitsplatz etc. Neben dem Nutzungsausfall verlangt er vorgerichtliche Anwaltskosten, die er unter Zugrundelegung einer 1,8 Geschäftsgebühr berechnet. Unstreitig sind auf Anwaltskosten bereits 883,46 EUR von der Beklagten vorprozessual gezahlt worden.
Der Kläger hat behauptet, die Reparatur habe sich durch ein fehlendes Ersatzteil verzögert. Er hat in erster Instanz zudem einen in der Berufungsinstanz nicht mehr streitgegenständlichen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgelds und 10 EUR Eigenanteil an Heilbehandlungskosten geltend gemacht.
Er hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.148 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.9.2006 zu zahlen.
2. die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 500 EUR nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über des Basiszinssatz seit dem 19.3.2006 sowie 10 EUR Eigenanteil für die Krankenkasse zu zahlen.
3. die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an ihn auf die Verfahrensgebühr nicht anrechenbare Anwaltskosten i.H.v. 691,01 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat - soweit in der Berufungsinstanz noch von Interesse - die Auffassung vertreten, ein Nutzungsausfallanspruch käme nicht in Betracht, weil der Kläger gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen habe. Der Kläger habe nämlich, was unstreitig ist, auf den Pkw zurückgreifen können. Seinen Nutzungsbedarf, der nach Auffassung der Beklagten allein in der Fortbewegung mit einem Kraftfahrzeug liege, sei dadurch gedeckt. Soweit das Fahrzeug zu Vergnügungszwecken gefahren werde, läge ein immaterieller Schaden vor. Im Übrigen läge kein täglicher Nutzungswille vor. Auch habe der Kläger nicht hinreichend für eine rasche und zügige Reparaturdurchführung Sorge getragen. Es hätte eine Notreparatur durchgeführt oder ein Interimsfahrzeug beschafft werden müssen. Der Tagessatz für das streitgegenständliche Motorrad sei höchstens mit 46 EUR zu bemessen. Zuletzt hat sie die Auffassung vertreten, hinsichtlich der Anwaltskosten sei nur ein Gebührenfaktor von 1,3 zu berücksichtigen.
Das LG hat dem Kläger mit der angefochtenen Entscheidung 100 EUR Schmerzensgeld und 10 EUR Eigenanteil zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es - soweit noch von Interesse - im Wesentlichen folgendes ausgeführt:
Es läge keine fühlbare vermögenserhebliche Entbehrung vor, weil der Kläger auf seinen Pkw zurückgreifen konnte. Sinn und Zweck des Nutzungsausfallschadenersatzanspruchs sei es, den Geschädigten für die Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit zu entschädigen. Eine solche Einschränkung habe hier aber wegen des dem Kläger zur Verfügung stehenden Pkw nicht vorgelegen. Dem Kläger sei allenfalls der "Fahrspass" mit dem Motorrad entgangen, was aber keine fühlbare vermö...