Tenor

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Das OLG Düsseldorf legt dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

Welche Folgen hat es für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr einer Gemeinschaftswortmarke, wenn aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers eines Teils der Mitgliedstaaten die klangliche Ähnlichkeit der Gemeinschaftsmarke mit einer als markenverletzend gerügten Bezeichnung durch einen Bedeutungsunterschied neutralisiert wird, aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers anderer Mitgliedstaaten jedoch nicht:

a) Ist für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr die Sicht des einen Teils oder die Sicht des anderen Teils oder die Sicht eines fiktiven Durchschnittsverbrauchers aller Mitgliedstaaten maßgeblich?

b) Ist die Verletzung der Gemeinschaftsmarke für das gesamte Gebiet der EU zu bejahen oder zu verneinen, wenn in nur einem Teil eine Verwechslungsgefahr besteht, oder ist dann zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten zu differenzieren?

 

Gründe

A. 1 Dem OLG liegt die Berufung einer nach deutschem Recht eingetragenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung vor, die vor den deutschen Gerichten eine in Israel ansässige Limited wegen Markenverletzung in Anspruch nimmt.

Das Berufungsgericht hält für sein Urteil eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über die Auslegung der Art. 1 Abs. 2 2. Halbsatz, Art. 102 Abs. 1 S. 1 und Art. 109 Abs. 2 und Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke des Rates vom 26.2.2006 (im Folgenden "GMV") für erforderlich.

I. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

2 Die Klägerin beschäftigt sich mit der Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Hard- und Software in der Computerbranche sowie entsprechenden Servicedienstleistungen und Schulungen. Sie ist u.a. Inhaberin folgender Marken:

  • Deutsche Wortmarke Nr. 30230373 "combit" (nachfolgend Klagemarke 2 genannt) mit Priorität vom 21.6.2000, die in den Klassen 9, 16, 38 und 42 u.a. für Computerprogramme und Software aller Art geschützt ist,
  • Gemeinschaftswortmarke Nr. 001729367 "combit" (nachfolgend Klagemarke 3 genannt) mit Priorität vom 28.6.2000, die in den Klassen 35, 37, 38 und 42 u.a. für Entwicklung, Erstellung, Einrichtung, Pflege und Vermietung von Datenverarbeitungsprogrammen, Installations- und Installierungsarbeiten von Software und von Hardware sowie Beratung auf dem Gebiet der Computer-Hardware und -Software geschützt ist.

3 Die Beklagte ist ein Unternehmen mit Sitz in H., Israel, das über seine Homepage www.commitcrm.com weltweit verschiedene Computer-Programme anbietet. Diese Homepage verfügt über einen "e-store", wo die Angebote der Beklagten in deutscher Sprache abrufbar waren und unmittelbar nach Deutschland bestellt werden konnten. Die von der Beklagten angebotene Software war mit der Bezeichnung "Commit" versehen. Der Zusatz "CRM" bezeichnet den Verwendungszweck der Software im Bereich des Kundenbeziehungsmanagements (englisch Customer Relationship Management).

4 Die Klägerin hat mit der vorliegenden Klage erstinstanzlich begehrt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, in der Europäischen Union im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung der Klägerin die Bezeichnung "Commit" für Software zu verwenden und/oder unter der Bezeichnung die vorstehend genannten Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/oder das Zeichen in der Werbung zu benutzen, hilfsweise im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland ohne Zustimmung der Klägerin die Bezeichnung "Commit" für Software zu verwenden und/oder unter der Bezeichnung die vorstehend genannten Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/oder das Zeichen in der Werbung zu benutzen.

II. 5 Das LG hat die Beklagte dem Hilfsantrag gestützt allein auf die deutsche Marke entsprechend verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, Ansprüche aus der Klagemarke 3 stünden der Klägerin nicht zu, da ihnen der Einwand der Nichtbenutzung der Marke entgegenstehe. Gleiches gelte aus rechtlichen Gründen nicht für die Klagemarke 2, die von der Beklagten verletzt worden sei. Die erforderliche Verwechslungsgefahr sei gegeben. Es liege eine hochgradige Warenähnlichkeit vor, die Klagemarke 2 verfüge über zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft und auch die Zeichenähnlichkeit sei hoch. Zwar sei die Bezeichnung "combit" möglicherweise aus den Bezeichnungen "com" für Computer und "bit" für "binary digit" zusammengesetzt. Gleichwohl werde der Verbraucher diesen Begriff nicht als zusammengesetztes Wort und Abkürzung für Fachbegriffe aus der Computerbranche wahrnehmen, sondern als einheitlichen, neuen Phantasiebegriff. Ebenso verhalte es sich mit dem Begriff "commit". Hier sei die Silbe "com" angesichts des Geschäftsbetriebs der Beklagten in der IT-Branche geeignet, auf Computer hinzuweisen. Sie werde von den angesprochenen Verkehrskreisen jedoch eher als neu zusammengesetztes Phantasiewort denn als Abkürzung für den engli...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge