Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 19.04.1999; Aktenzeichen 3 O 287/98)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg – Einzelrichter – vom 19. April 1999 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Das Rechtsmittel des Klägers, mit welchem er den von seiner Zahlungsklage (16.590,00 DM nebst Zinsen) abgewiesenen Teil in Höhe von (16.590,00 DM – 6.733,98 DM) 9.856,02 DM nebst Zinsen weiterverfolgt und klageerweiternd die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung weiteren Pachtzinses in Höhe von 21.266,40 DM nebst Zinsen für die Zeit von September 1998 bis Mai 1999 erstrebt, bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Zahlungsansprüche gegen den Beklagten.

I.

Der von dem Kläger geltend gemachte Pachtzinsanspruch (§§ 581 Abs. 2, 535 S. 2 BGB) besteht nicht. In diesem Zusammenhang bedarf der Streit der Parteien darüber, ob und in welchem Umfange der vereinbarte Pachtzins wegen umstrittener Fehler der Pachtsache gemindert ist und ob die vom Beklagten wegen dieser Mängel ausgesprochene Kündigung zur Beendigung des Vertragsverhältnisses geführt hat, keiner Entscheidung. Zwischen den Parteien ist nämlich zu keinem Zeitpunkt ein wirksames Vertragsverhältnis begründet worden. Der Beklagte hat die ihm im Pachtvertrag (PV) auferlegte Getränkebezugsverpflichtung (Nr. 6 PV) wirksam widerrufen; mit deren Unwirksamkeit ist der gesamte Pachtvertrag unwirksam, § 139 BGB.

1.

Die genannte Getränkebezugsverpflichtung unterliegt als Kreditgeschäft besonderer Art (§§ 1 Abs. 1 und 2, 2 Nr. 3 VerbrKG) den Bestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes. Der Kläger als Getränkegroßhändler ist Kreditgeber im Sinne des § 1 Abs. 1 VerbrKG, der Beklagte ist zwar nicht Verbraucher im Sinne der genannten Bestimmung. Er ist dem Verbraucher aber als so genannter Existenzgründer rechtlich gleich gestellt.

2.

Die Bezugsverpflichtung ist nicht wirksam geworden. Die diesbezügliche Vertragserklärung des Beklagten unterliegt gemäß § 7 Abs. 1 VerbrKG dem Widerrufsrecht. Dieses Recht hat der Beklagte ausgeübt, womit die bis dahin schwebend unwirksame Bezugsverpflichtung endgültig unwirksam geworden ist.

a)

Der wirksame Widerruf der Bezugsverpflichtung scheitert nicht daran, dass der Begriff „Widerruf” in der Kündigungserklärung des Beklagten vom 29. Juni 1998 (GA 36) nicht gebraucht wird. Maßgeblich ist nicht die Begrifflichkeit, sondern der aus der Erklärung erkennbare Wille (§§ 133, 157 BGB), die vertragliche Bindung nicht (mehr) anerkennen zu wollen (vgl. dazu BGH NJW 1993, 128 und 1996, 1964 zu der vergleichbaren Regelung des § 1 b AbzG). Es unterliegt keinem vernünftigen Zweifel, dass der Beklagte mit der Kündigung des gesamten Pachtvertrags auch die Bindung an die (widerrufliche) Bezugsverpflichtung nicht (mehr) anerkennen wollte.

b)

Der Widerruf ist auch rechtzeitig, nämlich innerhalb der offenen Widerrufsfrist erfolgt. Im Streitfall beträgt die Widerrufsfrist abweichend von § 7 Abs. 1 VerbrKG nämlich nicht nur eine Woche, sondern gemäß § 7 Abs. 2 S. 2 VerbrKG ein Jahr. Die Wochenfrist ist nur dann maßgeblich, wenn der Verbraucher/Existenzgründer über sein Recht zum Widerruf in der Weise belehrt worden ist, wie das in § 7 Abs. 2 S. 2 VerbrKG vorgeschrieben ist. Daran fehlt es hier. Die Widerrufsbelehrung vom 17. Februar 1998 (GA 11) ist in zweifacher Hinsicht fehlerhaft:

aa)

Der angegebene Beginn der Widerrufsfrist „ab Aushändigung der Vertragsurkunde” ist falsch. Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis maßgebend (hier: Abgabe der auf die Bezugsverpflichtung gerichteten Willenserklärung des Beklagten), wird gemäß § 187 Abs. 1 BGB bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis fällt. Das bedeutet für die Berechnung der einwöchigen Widerrufsfrist des § 7 Abs. 1 VerbrKG, dass der 17. Februar 1998 bei der Fristberechnung unberücksichtigt bleiben muss (vgl. BGH WM 1993, 589, ZIP 1994, 884 und WM 1995, 1231). Die unrichtige Widerrufsbelehrung war generell dazu geeignet, den Beklagten am letzten Tag der Widerrufsfrist von der Ausübung seines Rechts abzuhalten, worauf es für die gesetzlichen Folgen einer unrichtigen Widerrufsbelehrung (Fristverlängerung auf ein Jahr) allein ankommt.

bb)

Falsch ist die vertragliche Widerrufsbelehrung auch insoweit, als in ihr als widerruflich nicht nur die von § 2 Nr. 3 VerbrKG allein erfasste Bezugsverpflichtung, sondern der gesamte Pachtvertrag bezeichnet wird. Der Pachtvertrag selbst ist nach dem Verbraucherkreditgesetz gar nicht widerruflich, weil er kein Kreditgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 2, § 2 VerbrKG darstellt (BGH ZIP 1990, 203). Die Widerrufsbelehrung soll den Verbraucher über seine gesetzlichen Rechte aufklären. Will der Kreditgeber die (widerrufliche) Bezugsverpflichtung mit (nicht widerruflichen) sonstigen Vertragspflichten in der Weise von einander abhängig machen, dass die wegen des Widerrufs unwirksam gewordene Bezugsve...

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