Leitsatz (amtlich)
Zum Rücknahmeanspruch des Händlers gegen den Automobilhersteller in Bezug auf Kfz-Ersatzteile nach Kündigung des bestehenden Händlervertrages.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.02.2006; Aktenzeichen 13 O 39/05) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 13. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. vom 1.2.2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Rücknahme von Kfz-Ersatzteilen nach Kündigung des bestehenden Händlervertrages.
Die Klägerin war - zuletzt auf der Grundlage eines Händlerformularvertrages vom 1.12.1996/5.6.1997 - Vertragshändlerin der Beklagten. Der Vertrag wurde durch Kündigung der Beklagten zum 30.9.2003 beendet (Bl. 68, 69 d.A.). Seit 1.10.2003 ist die Klägerin auf der Grundlage eines neu abgeschlossenen Vertrages als A-Service-Partner für die Beklagte tätig.
Der Vertragshändlervertrag sieht in Art. 7 der Zusatzbestimmungen unter dort näher bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch des Vertragshändlers auf Rückkauf des Ersatzteillagers durch die Beklagte bei Beendigung des Vertrages vor. Wegen der Einzelheiten der Regelung wird auf Bl. 59/60 d.A. Bezug genommen. Von der ihr vertraglich eingeräumten Möglichkeit, Vorgaben zum Umfang eines Ersatzteillagers zu machen, hatte die Beklagte unstreitig keinen Gebrauch gemacht.
Der seit 1.10.2003 zwischen den Parteien bestehende Service - Partnervertrag enthält in Art. 23.6 "Vollständiger Vertrag" u.a. folgende Regelung:
"Vorbehaltlich anderweitiger Regelungen in diesem VERTRAG, gibt es zwischen den Parteien keine weiteren mündlichen oder schriftlichen Vereinbarungen oder Verständigungen, die diesen VERTRAG oder die von diesem VERTRAG geregelten Bereiche betreffen. Es gibt auch keine Zusicherung von A an den SERVICE-PARTNER, den PARTNERGESCHÄFTSFÜHRER oder einen PARTNER-EIGENTÜMER.
Soweit dies in diesem VERTRAG nicht ausdrücklich anders geregelt ist, werden durch diesen VERTRAG alle früheren Vereinbarungen zwischen den Parteien ersetzt, die die in diesem VERTRAG geregelten Bereiche betreffen. Dies gilt insb. für einen früheren A Händlervertrag für Vertrieb und Service, sofern ein solcher zwischen den Parteien bestanden hat".
Zur Rücknahme von Ersatzteilen bestimmt Art. 20.4.5. "Tatsächliche Beendigung der Zusammenarbeit":
"Die Rücknahmepflicht von A nach Art. 20.4 dieses VERTRAGES gilt nur, wenn und soweit mit der Beendigung dieses VERTRAGES auch ein tatsächliches Ende der Zusammenarbeit zwischen A und dem SERVICEPARTNER verbunden ist. Sie gilt insb. dann nicht, wenn und soweit der SERVICE-PARTNER aufgrund eines sich anschließenden Folgevertrages in der Lage ist, RÜCKNAHMEFÄHIGE GEGENSTÄNDE weiter zu verwenden".
Auf Bl. 288, 289 d.A. wird ergänzend verwiesen.
Mit Schreiben vom 29.3.2004 hat die Klägerin von der Beklagten den Rückkauf von Ersatzteilen verlangt. Die Beklagte hat dies mit Schreiben vom 22.4.2004 abgelehnt, weil die Klägerin jetzt A-Service-Partner sei (Bl. 77 f. d.A.).
Wegen der weiteren Feststellungen und des Parteivortrags im Einzelnen wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen (Bl. 244 ff. d.A.). Ergänzend ist festzustellen, dass die Hersteller B, C und D bereits im Jahr 1997 neben ihren Vertragshändlern ein Netz von Vertragswerkstätten unterhielten.
Das LG hat der Klage bis auf eine geringfügige Zuvielforderung bei den Zinsen stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf das Urteil vom 1.2.2006. verwiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie meint, Art. 7 der Zusatzbestimmungen des früheren Händlervertrages sei für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil diese Bestimmung einvernehmlich durch Art. 23.6 des A-Service-Partnervertrages aufgehoben worden sei. Darüber hinaus sei die Klausel durch die Vertragsbestimmung in Art. 20.4.5. des A-Service-Partner-Vertrages ersetzt worden.
Selbst wenn Art. 7 der Zusatzbestimmungen des Händlervertrages weiterhin anzuwenden wäre, so meint die Beklagte, ergäbe dessen Auslegung nach Sinn und Zweck, dass mit Beendigung des Vertrages das Ende der tatsächlichen Zusammenarbeit gemeint sei. Da es der Klägerin über den 30.9.2003 hinaus im Rahmen des A-Service-Partnervertrages möglich gewesen sei, die Ersatzteile zu verwerten und zu amortisieren, scheide ein Rückkaufanspruch aus, weil die Voraussetzungen von Art. 7.2 und 7.3 der Zusatzbestimmungen nicht erfüllt seien.
Bei der Auslegung der Klausel sei zu berücksichtigen, dass auch die maßgeblichen Verkehrskreise (die Avertragshändler) die streitgegenständliche Klausel nicht dahingehend verstanden hätten, dass Rücknahmeansprüche immer schon dann gegeben seien, wen...