Leitsatz (amtlich)
1. Die Deutsche Börse kann einer Bank nicht untersagen, mit auf den DAX bezogenen Optionsscheinen zu handeln.
2. Eine Bank verhält sich beim Handel mit DAX-bezogenen Optionsscheinen nicht wettbewerbswidrig, weil hierdurch nicht der DAX oder ein sonstiger Index zum Zwecke der Rufausbeutung übernommen wird. Es handelt sich vielmehr um eine zulässige Bezugnahme auf eine veröffentlichte und frei zugängliche Information.
3. Dabei darf in sachlicher und beschreibender Form auch darauf hingewiesen werden, dass Bezugsgröße der Wertpapiere der DAX ist. Nicht gestattet ist dagegen eine Verwendung des Begriffs DAX im Sinne einer Marke.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.07.2006; Aktenzeichen 2-6 O 452/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26.07.2006 teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin nicht untersagen kann, Wertpapiere anzubieten, in den Verkehr zu bringen und zu bewerben, die Zahlungsansprüche in Abhängigkeit von dem jeweiligen Stand des DAX verbriefen, und zwar auch dann nicht, wenn die Klägerin hierbei diesen als Bezugsgröße benannten Index mit „Dax” bezeichnet, nämlich in der Werbung „bezogen auf den Dax” (wobei die Klägerin darauf hinweist, dass „Dax” eine eingetragene Marke der Beklagten ist).
Der Widerklageantrag zu 2.a), es zu unterlassen Wertpapiere anzubieten, in den Verkehr zu bringen, insbesondere als Market Maker, und/oder zu bewerben, die Zahlungsansprüche direkt oder indirekt in Abhängigkeit von dem jeweiligen Stand des von der Widerklägerin unter der Bezeichnung DivDAX berechneten und verteilten Aktienindex verbriefen, sowie die darauf bezogenen Ansprüche auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunft werden abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann eine Vollstreckung der Beklagten wegen des Widerklageantrags zu 2.a) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,– EUR und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten über marken-, wettbewerbs- und lizenzvertragsrechtliche Ansprüche im Zusammenhang mit der Emission indexbezogener Wertpapiere.
Die Klägerin ist eine Geschäftsbank, die die Emission von und den Handel mit Wertpapieren, u.a. von auf den Deutschen Aktienindex (DAX) bezogenen Optionsscheinen betreibt.
Die Beklagte ist die Trägerin der Frankfurter Wertpapierbörse. Sie betreibt daneben eine privatrechtliche Geschäftstätigkeit im Bereich der Kurs- und Indexvermarktung. Sie emittiert selbst keine Wertpapiere. Ein zum Konzernverbund der Beklagten gehörendes Unternehmen, die E. AG, handelt mit DAX-bezogenen Terminkontrakten.
Der DAX ist ein Auswahlindex, der die Kurse der größten und umsatzstärksten inländischen Aktiengesellschaften abbildet. Die Berechnung und Veröffentlichung des DAX erfolgt durch die Beklagte an Hand einer Formel von Laspeyres, die u.a. die Anzahl der Werte im Index, die Schlusskurse der Aktien, das börsenzugelassene Aktienkapital der DAX-Unternehmen sowie den Berechnungszeitraum berücksichtigt.
Neben dem DAX führt die Beklagte weitere Indizes, u.a. den MDAX und den TecDAX … Am 1. 3.2005 veröffentlichte die Beklagte einen neuen Index unter der Bezeichnung „DivDAX„. Dabei handelt es sich um einen Auswahlindex der 15 im DAX 30 enthaltenen Unternehmen mit der höchsten Dividendenrendite. Die Beklagte ist Inhaberin der Wortmarken DAX und DivDAX.
Beim Erwerb von Optionsscheinen erwirbt der Anleger einen Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrags, der sich aus der Differenz zwischen einem festgelegten Basiskurs und dem Marktkurs des Basiswertes bei Ausübung errechnet. Bei den auf den DAX bezogenen Optionsscheinen wird ein Zahlungsanspruch in Relation zu einem in einem bestimmten Zeitpunkt veröffentlichten Stand des DAX gewährt.
Die Klägerin verwendet beim Vertrieb dieser Papiere die Formulierung: „Optionsscheine … bezogen auf den DAX„. Auf die Anlagen K4, K6c, B27 und B28 wird zur näheren Darstellung Bezug genommen. Die Klägerin emittiert u.a. auch auf den DivDAX bezogene Optionsscheine, die sie in einem Verkaufsprospekt als „Unlimitid DivDAX-Indexzertifikat” bezeichnet. Auf die Anlage WK12 wird insoweit Bezug genommen.
Die Parteien haben am 5.4.2001 einen Lizenzvertrag abgeschlossen (Anlage K12), mit dem die Beklagte als Lizenzgeberin der Klägerin das Recht einräumte, die dort näher spezifizierten Finanzinstrumente, die sich auf die im Vertrag genannten Indizes beziehen, unter Benutzung...