Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung der Mehrwertsteuer auf Reparaturkosten in der Fahrzeugversicherung
Verfahrensgang
LG Kassel (Urteil vom 01.07.2003; Aktenzeichen 8 O 2206/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Kassel vom 1.7.2003 abgeändert und neu gefasst.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.158,13 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.7.2002 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben der Kläger 20 % und die Beklagte 80 % zu tragen.
Die Kosten des zweiten Rechtszuges fallen dem Kläger zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Kraftfahrzeugversicherung auf Zahlung der restlichen Fahrzeugentschädigung in Anspruch.
Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine Vollkaskoversicherung für seinen Pkw Mercedes Benz E 200 CDI mit einer Selbstbeteiligung von 300 Euro. Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kraftfahrzeugversicherung (AKB) i.d.F. vom 1.10.2001 zugrunde (Bl. 40 d.A.). § 13 Nr. 6 der AKB lautet wie folgt:
"Die Mehrwertsteuer ersetzt der Versicherer nur, wenn der Versicherungsnehmer diese tatsächlich bezahlt hat."
Am 23.5.2002 (Bl. 2 d.A.) kam es zu einem Verkehrsunfall mit dem Pkw des Klägers, bei dem das Fahrzeug in einer S-Kurve zunächst nach rechts und sodann nach links von der Fahrbahn abkam und beide Fahrzeugseiten erheblich beschädigt wurden. In der Reparaturkalkulation des Sachverständigen B. vom 27.5.2002 (Bl. 5 d.A.) wird der Reparaturkostenaufwand nach Abzug eines Betrages neu für alt einschließlich eines Mehrwertsteuerbetrages von 1.798,16 Euro auf 13.036,63 Euro brutto beziffert. Ausweislich der Reparaturbescheinigung des Sachverständigen M. vom 15.6.2002 (Bl. 46 d.A.) ließ der Kläger das Fahrzeug reparieren und verkaufte es mit Kaufvertrag vom 5.7.2002 (Bl. 87 d.A.) zum Preis von 17.200 Euro an einen Käufer aus M. Der Kläger verlangt mit der Klage auf der Basis der Bruttoreparaturkosten von 13.036,63 Euro nach Abzug seiner Selbstbeteiligung von 300 Euro, einer Zahlung der Beklagten von 3.726,05 Euro sowie einer Kaskoprämie von 54,29 Euro (Bl. 119 d.A.) eine Restfahrzeugentschädigung von 8.956,29 Euro. Nachdem die Beklagte zunächst den Schadenshergang und die vollständige Reparatur des Fahrzeuges bestritten hatte, besteht nunmehr zwischen den Parteien nur noch Streit darüber, ob der Kläger auch die Mehrwertsteuer von 1.798,16 Euro erstattet verlangen kann. Die Parteien streiten darüber, ob § 16 Nr. 6 AKB wirksam ist.
Das LG hat die Beklagte durch Urteil vom 1.7.2003 (Bl. 112 ff. d.A.) zur Zahlung von 8.956,29 Euro nebst Zinsen verurteilt und zur Begründung ausgeführt:
Dem Kläger stehe die restliche Fahrzeugentschädigung von 8.956,29 Euro zu. An dem Eintritt des Versicherungsfalles bestehe nach der Beweisaufnahme kein Zweifel. Ebenso sei eine vollständige Reparatur des Fahrzeuges durch den Kläger bewiesen, so dass er die Reparaturkosten auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens verlangen könne. Der Kläger habe auch Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer von 1.798,16 Euro, weil die Mehrwertsteuerklausel in § 13 Nr. 83 AKB als überraschende Klausel i.S.d. § 3 AGBGB nicht Vertragsbestandteil geworden sei.
Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie sich ausschließlich gegen den ausgeurteilten Mehrwertsteuerbetrag von 1.798,16 Euro wendet.
Die Beklagte meint, § 13 Nr. 6 AKB enthalte keine überraschende Klausel i.S.d. § 3 AGBG. Eine erhebliche Abweichung der Klausel vom dispositiven Recht sei schon nicht feststellbar, weil § 249 BGB a.F. nur den Umfang der vertraglichen oder deliktischen Schadensersatzansprüche regele, nicht aber den Umfang der hier streitigen Versicherungsleistung. Im Übrigen habe der Gesetzgeber in der nunmehr ab 1.1.2002 gültigen Fassung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB n.F. eine dem § 13 Nr. 6 AKB inhaltsgleiche Bestimmung aufgenommen. Die Mehrwertsteuerklausel sei auch in § 13 AKB systematisch richtig eingeordnet, weshalb von einer überraschenden Klausel nicht die Rede sein könne. Die Klausel sei daher wirksam Vertragsbestandteil geworden. Die Klausel benachteilige den Kläger auch nicht unangemessen, da er beim tatsächlichen Anfall der Mehrwertsteuer bei einer Reparatur in einer Fachwerkstatt die Mehrwertsteuer auch erhalte. Da § 13 Nr. 6 AKB der Erstattung der Mehrwertsteuer im Streitfall entgegenstehe, sei die Klage insoweit unbegründet.
Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit mehr als 7.158,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.7.2002 ausgeurteilt worden sind.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
II. Die an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und sie hat auch in der Sache Erfolg.
A. Die zuerka...