Entscheidungsstichwort (Thema)
Belästigende Werbung durch Steinmetz nach einem Todesfall; Karenzfrist
Leitsatz (amtlich)
Es stellt eine unzulässige belästigende Werbung (§ 7 UWG) dar, wenn ein Unternehmen das mit Grabmalen handelt, kurz nach einem Todesfall ggü. den Angehörigen schriftlich auf seine Angebote hinweist. Nach Ablauf von zwei Wochen seit dem Todesfall ist die Versendung entsprechender Werbeschreiben - soweit sie sachlich gehalten sind - dagegen wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
UWG § 7
Verfahrensgang
LG Gießen (Aktenzeichen 8 O 3/08) |
Nachgehend
Gründe
I. Der Beklagte, der u.a. mit Grabmalen handelt, wandte sich am ... 2007 mit dem nachfolgend wiedergegebenen Schreiben (Bl. 6 d.A.) an eine Frau X, nachdem am gleichen Tag in O1er Tageszeitungen eine von Frau X aufgegebene Todesanzeige eines Angehörigen erschienen war:
"Sehr geehrte Frau X, durch Informanten wurde uns mitgeteilt, dass unsere Mitbewerber und Bestatter, um zum schnelleren Verkaufsabschluss zu kommen, das Gerücht verbreiten, wir hätten unsere Steinmetzwerkstatt beim Gewerbeamt, Handwerkskammer sowie Finanzamt abgemeldet. Dieses entspricht nicht der Wahrheit. Jedoch möchten wir Ihnen mitteilen, dass wir nach wie vor für unsere Kunden verfügbar sind."
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch. Sie hält eine unzumutbare Belästigung gem. § 7 UWG stets dann für gegeben, wenn aus Anlass eines Todesfalles Angehörige des Verstorbenen innerhalb einer Schonfrist von vier Wochen nach dem Todesfall zu Werbezwecken angeschrieben werden.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 I Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 32 ff. d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat dem Unterlassungsantrag unter Klageabweisung im Übrigen für einen Zeitraum von drei Wochen nach dem Todesfall und dem Zahlungsantrag in vollem Umfang stattgegeben.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung.
Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie die nachfolgenden Ausführungen unter Ziff. II. Bezug genommen.
II. Die Berufung des Beklagten ist insgesamt zulässig. Dies gilt auch für die Anfechtung des Zahlungsausspruchs. Der Beklagte hat die Berufung auch insoweit ausreichend begründet (§ 520 ZPO). Indem er sich gegen die Annahme des LG, er habe wettbewerbswidrig gehandelt, gewandt hat, hat der Beklagte nicht nur die Voraussetzungen des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs in Abrede gestellt, sondern auch die Voraussetzungen des Zahlungsanspruchs, da dieser nur im Falle einer berechtigten Abmahnung besteht.
In der Sache hat die Berufung des Beklagten nur zum Teil Erfolg.
Der Beklagte hat durch das beanstandete Schreiben unzumutbar belästigend geworben und somit einen Wettbewerbsverstoß begangen (§§ 3, 7 I UWG in der bis zum 29.12.2008 gültigen Fassung).
Bei dem Schreiben vom ... 2007 handelte es sich um Werbung und damit zugleich um eine Wettbewerbshandlung (§ 2 I Nr. 1 UWG a.F.), da das Schreiben Äußerungen mit dem Ziel der Absatzförderung beinhaltete.
Das LG hat einen Verstoß gegen § 7 UWG (a.F.) zu Recht bejaht.
Die besonderen Voraussetzungen von § 7 II Nr. 1 UWG (a.F. - vgl. § 7 I 2 UWG n.F.) sind allerdings nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift ist eine unzumutbare Belästigung insbesondere dann anzunehmen, wenn erkennbar ist, dass der Empfänger die betreffende Werbung nicht wünscht. Die Regelung betrifft jedoch lediglich die Art und Weise, in der die Werbung übermittelt wird, nicht den Inhalt der Werbung (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 7 Rz. 17). Außerdem muss der Empfänger seinen entgegenstehenden Willen in irgendeiner Weise für den Werbenden erkennbar zum Ausdruck gebracht haben (a.a.O., § 7 Rz. 20). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall.
Es liegt aber ein Verstoß gegen den Grundtatbestand (§ 7 I UWG a.F.) vor.
Eine Werbung, mit der kurz nach einem Todesfall den Angehörigen des Verstorbenen die Fertigung eines Grabsteins oder andere auf den Trauerfall bezogene Leistungen angeboten werden, ist geeignet, die Gefühle der Hinterbliebenen zu verletzen, da sie es als pietätlos empfinden werden, wenn unmittelbar nach dem Verlust eines nahen Angehörigen der Trauerfall zum Gegenstand geschäftlicher Bemühungen gemacht wird. Neben diesem Gesichtspunkt der Gefühlsmissachtung kann im Einzelfall auch der Gesichtspunkt der Gefühlsausnutzung für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung relevant werden, da nach dem Verlust eines Angehörigen die Fähigkeit zu abgewogenen Nachfrageentscheidungen beeinträchtigt sein kann und dies durch die Art der Werbung, etwa bei einem Hausbesuch oder auch durch ein gefühlsbetont aufgemachtes Ko...