Leitsatz (amtlich)
Ein Prämiensystem, mit dem ein Hersteller Zahnlaboren für den Bezug seiner Dentalprodukte, darunter Medizinprodukte, umsatzabhängig Prämienpunkte verspricht, die gegen bestimmte Sachprämien eingelöst werden können, stellt eine nach § 7 HWG unzulässige produktbezogene Werbemaßnahme dar, die weder als zulässiger Geldrabatt noch als handelsübliche Nebenleistung eingestuft werden kann.
Normenkette
HWG § 7 Abs. 1 Nr. 1; UWG § 4 Nr. 11
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 13.10.2006; Aktenzeichen 3-11 O 82/06) |
Nachgehend
Tenor
Nach der den Freistellungsanspruch betreffenden teilweisen Klagerücknahme in der Berufungsinstanz wird die Berufung der Beklagten gegen das am 13.10.2006 verkündete Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt am Main auf Kosten der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass im Unterlassungsausspruch (Ziff. 1 des Tenors des angefochtenen Urteils) das Wort "insb." entfällt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 160.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Mit der Berufung wendet die Beklagte weiterhin ein, das angegriffene Bonusprogramm stelle nur eine unternehmensbezogene Werbung, nicht aber "Werbung für Medizinprodukte" i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1a HWG dar. Jedenfalls sei der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a erfüllt, da es sich bei den ausgelobten Sammelpunkten ("...") um "Geld" im Sinne eines Tauschmittels handele. Weiter seien die beanstandeten Zuwendungen handelsüblich (§ 7 I Satz 1 Nr. 3 HWG). Im Übrigen fehle es an einer unsachlichen Beeinflussung des angesprochenen Verkehrs, was bei der Auslegung von § 7 Abs. 1 HWG berücksichtigt werden müsse; insb. liege der Wert der Prämien nur bei 1-3 % des zu erzielenden Umsatzes.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Den Unterlassungsantrag hat sie in der nachfolgend wiedergegebenen Form modifiziert. Den Freistellungsantrag hat die Klägerin teilweise zurückgenommen, nachdem der Senat darauf hingewiesen hat, dass für die Berechnung der Abmahnkosten nur die 1,3-Mittelgebühr anzusetzen sei.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass im Unterlassungsausspruch das Wort "insb." entfällt und dass der Freistellungsanspruch nur i.H.v. 1.050,25 EUR verteidigt wird.
Wegen des Weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat - nachdem die Klägerin die Klage hinsichtlich des Freistellungsanspruchs in der Berufungsinstanz teilweise zurückgenommen hat - in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch in der mit dem zuletzt gestellten Klageantrag geltend gemachten Form aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG i.V.m. 7 Abs. 1 Satz 1 HWG zu.
Wie das LG mit zutreffenden Gründen angenommen hat, verstößt die Ankündigung und Gewährung von Prämien bzw. von Punkten zur Erlangung von Prämien in der mit dem Klageantrag beanstandeten Form gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG.
Die Vorschriften des HWG sind auf den vorliegenden Fall anwendbar, weil die Beklagte mit dem streitgegenständlichen Prämiensystem "für Medizinprodukte" (§ 1 Abs. 1 Nr. 1a HWG) und nicht etwa nur in allgemeiner Form für ihr Unternehmen, d.h. ohne Bezug zu bestimmten Produkten, wirbt. Das gilt nach Auffassung des erkennenden Senats (vgl. bereits GRUR-RR 05, 393; insoweit a.A. OLG Düsseldorf WRP 05, 135) unabhängig davon, dass die Beklagte die Prämien nicht nur für einzelne, sondern für alle bei ihr erhältlichen Medizinprodukte sowie sonstige Erzeugnisse ankündigt und gewährt. Es geht insoweit nicht um die Frage, ob generell auch im Bereich der in § 7 HWG geregelten Werbeformen zwischen produktbezogener und unternehmensbezogener - und damit nicht unter § 1 Abs. 1 HWG fallender - Werbung unterschieden werden muss (vgl. hierzu OLG Düsseldorf a.a.O. S. 136). Es mag durchaus Fälle von "Zuwendungen" i.S.d. Gesetzes geben, die keine direkte Koppelung mit dem Warenabsatz aufweisen und daher nur Imagewerbung darstellen. Dagegen sind die hier in Rede stehenden Prämien als produktbezogene Werbung einzustufen, weil sie gewährt werden, wenn der Kunde mit dem angebotenen Medizinprodukt einen bestimmten Umsatz erreicht. Damit steht die Gewährung der Prämie in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Absatz des Medizinprodukts. Die abweichende Auffassung, wonach nur Zuwendungen für einzelne oder abgegrenzte Teile des Sortiments produktbezogene Werbung darstellten, während Zuwendungen auf alle Produkte des Gesamtsortiments als unternehmensbezogene Werbung einzustufen seien, ist auch mit Sinn und Zweck der Regelung nic...