Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe für den Insolvenzverwalter: Zumutbarkeit der Prozesskostenaufbringung bei Verweigerung der Kostenaufbringung durch einzelne Insolvenzgläubiger

 

Normenkette

ZPO § 116S 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 03.03.2010; Aktenzeichen 412 O 6/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Hamburg, Kammer 12 für Handelssachen, vom 3.3.2010, Geschäfts-Nr. 412 O 6/10, wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gem. §§ 127 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO, unter denen dem Antragsteller als Partei kraft Amtes Prozesskostenhilfe zu bewilligen wäre, liegen nicht vor. Hiernach kommt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe u.a. dann in Betracht, wenn die Kosten der beabsichtigten Rechtsverfolgung aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen. Hiervon ist vorliegend indes nicht auszugehen.

a) Vorschüsse auf die Prozesskosten sind nur solchen Beteiligten zuzumuten, welche die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozesskostenrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung voraussichtlich deutlich größer sein wird (BGH, Beschl. v. 27.9.1990 - IX ZR 250/89, ZIP 1990, 1490 f.; Beschluss vom 6.3.2006 - II ZB 11/05, ZIP 2006, 369 f.). Ausweislich der vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 21.1.2010 als Anlage ASt 4 eingereichten Tabellenstatistik zum 21.1.2010 sind an dem verfahrensgegenständlichen Insolvenzverfahren mit der D. AG und der H. AG mit einem Forderungsvolumen von insgesamt EUR 7.586 411,18 zwei Großgläubigerinnen beteiligt, auf die mehr als 88 % des Gesamtbetrags der angemeldeten Forderungen i.H.v. EUR 8.563 735,59 entfallen. Im Falle einer erfolgreichen Durchsetzung der verfahrensgegenständlichen Forderung über EUR 1.098 552,55 gegen die Antragsgegnerin käme hiernach diesen beiden Insolvenzgläubigerinnen der Prozesserfolg in einem die Kosten der beabsichtigten Prozessführung weit übersteigenden Umfang zugute. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass von den Forderungen der beiden genannten Insolvenzgläubigerinnen Beträge i.H.v. EUR 7.163 505,20 lediglich für den Ausfall festgestellt worden sind, da sich nach deren Abzug der Betrag der bislang festgestellten Insolvenzforderungen auf nicht mehr als EUR 904.550,43 beläuft und insofern ebenfalls zu mehr als 46 % auf die D. AG entfällt. Die voraussichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung belaufen sich nämlich unter Berücksichtigung von drei Gebühren gem. Nr. 1210 des Kostenverzeichnisses in Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG und auf Seiten des Antragstellers anfallender Rechtsanwaltsgebühren gem. Nr. 3100 und Nr. 3104 des Vergütungsverzeichnisses in Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer auf nicht mehr als EUR 28.559,90.

Umstände, derentwegen es der D. AG und der H. AG gleichwohl nicht zuzumuten wäre, die Kosten der seitens des Antragstellers beabsichtigten Rechtsverfolgung aufzubringen, liegen nicht vor. Insbesondere folgt eine derartige Unzumutbarkeit nicht schon daraus, dass diese Insolvenzgläubigerinnen, wie der Antragsteller dies andeutet, aus etwaiger Rücksichtnahme auf die ihr anderweitig geschäftlich verbundene Antragsgegnerin oder aufgrund allgemeiner geschäftspolitischer Erwägungen ggf. kein eigenes Interesse an der seitens des Antragstellers beabsichtigten Inanspruchnahme der Antragsgegnerin haben.

b) Soweit der Antragsteller darüber hinaus mit Schriftsatz vom 23.2.2010 geltend gemacht hat, nach Auffassung des BGH sei § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO dahingehend restriktiv auszulegen, dass Prozesskostenhilfe auch zu gewähren sei, wenn die wirtschaftlich Beteiligten zur Kostenaufbringung nicht bereit seien, kann der Senat dies der aktuellen Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 5.11.2007 - II ZR 188/07, DStR 2007, 2338, hier zit. n. juris; Beschluss vom 23.10.2008 - II ZR 211/08, NJW-Spezial 2009, 21, hier zit. n. juris) nicht entnehmen.

c) Eine abweichende rechtliche Beurteilung kommt auch nicht mit Blick darauf in Betracht, dass die mangelnde Bereitschaft der D. AG und der H. AG zur Finanzierung der vom Antragsteller beabsichtigten Rechtsverfolgung sich mittelbar auch zum Nachteil solcher Gläubiger der Schuldnerin wirtschaftlich auswirken kann, denen, namentlich unter Berücksichtigung der jeweiligen Höhe ihrer Insolvenzforderungen, eine Kostenaufbringung i.S.v. § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO ihrerseits ggf. nicht zuzumuten wäre.

Unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung ...

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