Leitsatz (amtlich)
Die Gratisverlosung eines Unternehmens des Versandhandels ist unlauter, wenn sich der Teilnahmeschein auf der anderen Seite des Bestellscheins befindet, obwohl auch die Möglichkeit besteht, sich telefonisch, und zwar sogar mehrfach, zu beteiligen.
Normenkette
UWG § 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 08.05.2001; Aktenzeichen 312 O 802/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 8.5.2001 geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft bis zu sechs Wochen oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, in Zeitungsbeilagen oder sonstigen Mitteilungen, die sich an einen größeren Personenkreis richten, die Durchführung einer Gratisverlosung anzukündigen, wie sich das aus der mit diesem Urteil in Kopie verbundenen Anlage ergibt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 40.000? abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 70.000 DM = 35.790 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt den Einzelhandel mit Textilien, vor allem in Hamburg, außerdem auf Sylt.
Die Beklagte vertreibt im Versandhandel insbesondere Textilien.
Im Mai 2000 warb die Beklagte mit einer Werbebroschüre, in der sie auf den Seiten 2 und 3 auf eine „Gratis-Verlosung” hinwies. Bis zum 30.6.2000 sollte jeden Freitag eine Verlosung erfolgen („jede Woche 10.000 DM!”). Wer teilnehmen wollte, konnte die Beklagte unter einer 0190-Nummer anrufen – „Täglich anrufen und gewinnen! … (1,21 DM/Min.)” oder die beiliegende Bestellkarte („Mindestanforderungswert 69 DM”) einsenden, auf deren Vorderseite er die Eintragungen für das Gewinnspiel vornehmen konnte: „Sie können die Lösung auch auf das vorbereitete Feld Ihrer Test-Anforderung übertragen!”. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 1 (Original Anlage EV AS 1) Bezug genommen.
Im Beschwerdewege hat der Senat am 17.7.2000 eine dem Klagantrag entsprechende einstweilige Verfügung erlassen (Az. 312 O 415/00 = 3 W 100/00).
Die Klägerin hat vorgetragen:
Die Gratis-Verlosung der Beklagten verstoße wegen der Verkoppelung mit dem Warenabsatz gegen § 1 UWG. Die Möglichkeit, sich telefonisch zu beteiligen, sei nicht gleichwertig. Die Beklagte sei daher zur Unterlassung verpflichtet.
Die Beklagte hat vorgetragen:
Die Voraussetzungen des § 1 UWG seien nicht gegeben. Die Möglichkeit der telefonischen Teilnahme, die als primäre Alternative herausgestellt werde, sei gleichwertig. Ein durchschnittliches Gespräch von etwa 76 Sekunden koste den Anrufer nur 1,53 DM.
Durch Urt. v. 8.5.2001 hat das LG die Klage abgewiesen. Auf das Urteil wird Bezug genommen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat. Sie vertieft ihr Vorbringen erster Instanz.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils, der Beklagten bei Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verbieten, in Zeitungsbeilagen oder sonstigen Mitteilungen, die sich an einen größeren Personenkreis richten, die Durchführung einer Gratisverlosung anzukündigen, wie sich das aus der mit diesem Urteil in Kopie verbundenen Anlage ergibt.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Zur Ergänzung des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien und auf die überreichten Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin hat Erfolg.
Mit ihren Klaganträgen wendet sich die Klägerin, wie sie im Senatstermin noch einmal klargestellt hat, gegen die Ankündigung eines Gewinnspiels in ihrer konkreten Ausgestaltung mit allen Einzelheiten, wie sie sich aus der dem Urteil beigefügten Anlage ergibt. Hierbei handelt es sich um die Seiten 2 und 3 der Werbebroschüre sowie um die Vorder- und Rückseite der Bestell-/Teilnahmekarte (Anlage EV AS 1).
Die Klage ist begründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. § 1 UWG zu. Das von der Beklagten veranstaltete Gewinnspiel ist unlauter,
Soweit es um die allgemeinen Grundlagen der rechtlichen Beurteilung von Gewinnspielen nach § 1 UWG, insbesondere auch im Versandhandel, geht (BGH GRUR 1973, 474 [475 f.] „Preisausschreiben”; WRP 1976, 100 [101] „Mars”; WRP 1976, 172 [173 f.] „Versandhandels-Preisausschreiben”; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Rz. 155 f. zu § 1 UWG), wird auf die zutreffenden Ausführungen des LG Bezug genommen. Der Senat macht sich diese Ausführungen zu eigen.
Das Gewinnspiel der Beklagten ist unmittelbar mit dem Warenabsatz verknüpft, was...