Leitsatz (amtlich)

1. "Vorstände eines eingetragenen Vereins haften nicht analog § 64 GmbHG".

2. "Für die Kausalität eines nach § 42 Abs. 2 Satz 2 BGB geltend gemachten Schadens ist maßgebend, welche Vermögenslage eingetreten wäre, wenn der Vereinsvorstand den Insolvenzantrag rechtzeitig gestellt hätte".

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 17.08.2007; Aktenzeichen 310 O 431/06)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 08.02.2010; Aktenzeichen II ZR 54/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1.) und 3.) wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 10, vom 17.8.2007 (Az.: 310 O 431/06) abgeändert:

Die Klage gegen die Beklagten zu 1.) und 3.) wird abgewiesen.

Von den in erster Instanz angefallenen Gerichtskosten tragen der Kläger 2/3 und der Beklagte zu 2.) 1/3. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1.) und 3.) trägt der Kläger.

Von den erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt der Beklagte zu 2.) 1/3. Im Übrigen trägt jede Partei ihre erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger und der Beklagte zu 2.) dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. jeweils 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt mit seiner auf § 42 Abs. 2 BGB gestützten Klage von den Beklagten die Erstattung einer Zahlung, die diese als Vorstandsmitglieder des H. e.V. nach Eintritt der Insolvenzreife geleistet haben sollen.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter des H. e.V. (im Folgenden: Schuldner), über dessen Vermögen mit Beschluss des AG Hamburg vom 1.8.2003 aufgrund eines Eigenantrags vom 16.5.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Die Beklagten zu 1.) und 3.) waren ebenso wie der mit der Klage als Beklagter zu 2.) in Anspruch genommene A. von Juli 2001 bis zum 25.4.2003 Mitglieder des Vorstands des Schuldners.

Am 17.4.2003 leistete der Schuldner an die X. KG 12.760 EUR. Die Zahlung erfolgte in der Weise, dass die X. KG einen von der M. GmbH ausgestellten Scheck erhielt. Die M. GmbH besaß hinsichtlich der Footballmannschaft des Schuldners die Vermarktungsrechte. Auf welche Weise die Übergabe des Schecks erfolgte, ist streitig. Die Erstattung dieser Zahlung ist Gegenstand der Klage.

Mit Teil-Versäumnis-Urteil vom 21.2.2007 in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss vom 18.4.2007 wurde der Beklagte zu 2.) - gegebenenfalls als Gesamtschuldner mit den Beklagten zu 1.) und 3.) - verurteilt, an den Kläger 12.760 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.3.2005 zu zahlen. Die Kostenentscheidung wurde dem Schlussurteil vorbehalten.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagten zu 1.) und 3.) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 12.760 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 5.3.2005 zu zahlen.

Die Beklagten zu 1.) und 3.) haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit Urteil vom 17.8.2007 hat das LG der Klage unter teilweiser Abweisung des Zinsanspruches hinsichtlich der Hauptforderung stattgegeben. Die Kosten des Rechtsstreits wurden den Beklagten zu 1.), 2.) und 3.) als Gesamtschuldner auferlegt. Das LG hat die Auffassung vertreten, die §§ 64 Abs. 2 GmbHG (a.F.= § 64 GmbHG (n.F.), 93 Abs. 3 Nr. 6 i.V.m. 92 Abs. 3 AktG, 99 Abs. 2 GenG seien auf Ansprüche gegen die Vorstandsmitglieder eines Vereins auf Erstattung der Zahlungen, die sie nach Eintritt der Insolvenzreife geleistet haben, anlog anzuwenden. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass im Vereinsrecht eine entsprechende Regelungslücke bestehe, die nach dem Gebot der Gleichbehandlung des Gleichartigen im Vereinsrecht im Wege der Gesamtanalogie zu den genannten Vorschriften zu schließen sei (Reuter in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 42 Rz. 17; Wischemeyer DZWIR 2005, 230). Das LG ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die streitgegenständliche Zahlung nach Eintritt der Insolvenzreife geleistet worden sei. Insolvenzreife sei jedenfalls mit dem 17.1.2003 eingetreten, da der Schuldner zu diesem Zeitpunkt gem. § 17 Abs. 2 InsO zahlungsunfähig gewesen sei. Der Schuldner sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage gewesen, seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen, da diese 264.000 EUR betragen und ihnen liquide Mittel lediglich i.H.v. maximal 80.034,80 EUR gegenüber gestanden hätten. Soweit die Beklagten zu 1.) und 3.) die Zahlungsunfähigkeit erstmals mit Schriftsatz vom 24.7.2007 bestritten hätten, sei dieses Bestreiten gem. § 296a ZPO unbeachtlich, da das Bestreiten erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung, in der den Beklagten zu 1.) und 3.) Schriftsatznachlass lediglich zu den gerichtlichen Hinweisen einge...

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