Leitsatz (amtlich)
Die negative Feststellungsklage in einem anderen Vertragsstaat der CMR begründet nicht die Einrede der Rechtshängigkeit nach Art. 31 Abs. 2 CMR, da Art. 31 Abs. 1 CMR eine materiell rechtliche Wertung enthält, die dem Kläger, bei Güterschäden dem Absender oder dem Empfänger, zu seinem Schutz ein Wahlrecht zwischen verschiedenen Gerichtsständen einräumt, das ihm weder durch Vereinbarung noch durch andere Handlungen des Beklagten entzogen werden kann.
Normenkette
CMR Art. 31 Abs. 1, Art. Abs. 2; EuGVÜ Art. 21
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 415 O 82/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Zwischenurteil des LG Hamburg, Kammer 15 für Handelssachen, vom 27.9.2001 (Az.: 415 O 82/01) wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 4.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz allein um die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, die das LG mit dem angefochtenen Zwischenurteil bejaht hat.
Die Klägerin ist Transportversicherer der Fa. A. AG. Diese beauftragte die Beklagte im Juli 2000, einen Lkw-Container mit Einwegkameras zu festen Kosten von R. nach L. zu transportieren. Die Beklagte ihrerseits beauftragte hiermit die Fa. B. (Nederland) B.V.
Der noch mehrfach weitergereichte Transportauftrag wurde schließlich von der Firma W. Transport B.V. durchgeführt. Er erreichte sein Ziel nicht, vielmehr ist die Ladung bis auf einen geringen Teil verschwunden.
Die Firma B. (Nederland) B.V. verklagte mit Autorisierung der hiesigen Beklagten die Firma A. AG vor einem Gericht in R. auf Feststellung, für den Verlust der Ladung nicht schadensersatzpflichtig zu sein bzw. lediglich beschränkt zu haften. Aus dieser Klage leitet die Beklagte die Internationale Unzuständigkeit des von der Klägerin angerufenen LG Hamburg gem. Art. 31 Abs. 2 CMR i.V.m. Art. 21 EuGVÜ her.
Das LG hat in einem im Termin der mündlichen Verhandlung vom 17.9.2001 verkündeten Beschluss die abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage angeordnet und diese durch sein am 27.9.2001 verkündetes Zwischenurteil bejaht. Das LG stützt sein Urteil im Wesentlichen darauf, dass die Anwendung von Art. 31 Abs. 2 CMR eine Klage wegen derselben Sache zwischen denselben Parteien erfordere. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben, weil die Klägerin an dem in R. geführten Rechtsstreit nicht beteiligt sei. Auf das Urteil des LG wird zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes verwiesen.
Die Beklagte hat gegen dieses Urteil, das ihr am 28.9.2001 zugestellt worden ist, am 26.10.2001 Berufung eingelegt und diese nach entspr. Fristverlängerung am 14.12.2001 begründet.
Die Beklagte wendet sich gegen das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, die in R. erhobene Klage gewähre der Beklagten die Einrede der anderweitigen Rechtshängigkeit gem. Art. 31 Abs. 2 CMR. Die Frage, ob der in Holland und Deutschland anhängige Rechtsstreit zwischen denselben Parteien geführt werde, dürfe nicht anhand formeller Kriterien, sondern müsse anhand materieller Gesichtspunkte beurteilt werden. Vor einem solchen Hintergrund seien der Transportversicherer und sein Versicherungsnehmer als dieselben Parteien i.S.d. Art. 31 Abs. 2 CMR anzusehen.
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Zwischenurteils des LG Hamburg – Az.: 415 O 82/01 vom 27.9.2001 die Klage als unzulässig abzuweisen, hilfsweise, den vorliegenden Rechtsstreit auszusetzen bis zur Entscheidung der vor der A.bank R. anhängigen Klage der Firma B. (Nederland B.V.) gegen die Firma A. AG vom 21.2.2001.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ebenfalls ihr Vorbringen erster Instanz. Wegen weiterer Einzelheiten ihres Vortrags wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache weder mit dem Haupt- noch dem Hilfsantrag Erfolg. Die von der Klägerin vor dem LG Hamburg erhobene Klage ist weder unzulässig noch besteht in entspr. Anwendung von Art. 21 EuGVÜ Anlass, dieses Verfahren von Amts wegen auszusetzen, bis das in Rotterdam angerufene Gericht über seine Zuständigkeit entschieden hat.
1. Das LG ist zutreffend von einer Geltung der CMR ausgegangen, da die Klägerin die Beklagte als Spediteurin zu festen Kosten gem. § 459 HGB (in der seit dem 1.7.1998 geltenden Fassung) mit der Durchführung eines Transports von den Niederlanden nach Deutschland beauftragt hatte (vgl. BGH, TranspR 1999, 19 [20 f.]).
2. Die von der Firma B. (Nederland) B.V. in R. gegen die Versicherungsnehmerin der Klägerin erhobene negative Feststellungsklag...