Normenkette

AktG § 71 Abs. 1 Nr. 8, § 71c

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 06.12.2007; Aktenzeichen 404 O 157/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 20.09.2011; Aktenzeichen II ZR 234/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 4 für Handelssachen vom 6.12.2007 - 404 O 157/05 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagten vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter der I. Internet AG (im Folgenden: I. AG) Schadensersatz von den Beklagten zu 1) und 2) als ehemaligen Vorstandsmitgliedern sowie dem Beklagten zu 3) als ehemaligem Aufsichtsratsmitglied der I. AG wegen Ausgabe von Aktien ohne vorherige Bewirkung des Ausgabebetrages.

Der Kläger ist mit Beschluss des AG Hamburg vom 19.7.2002 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der I. AG bestellt worden (Anlage K 1).

Die I. AG entstand aus einer 1998 gegründeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der D. Internet Services GmbH, die mit Gesellschafterbeschluss vom 30.9.1999 (Anlage K 2) formwechselnd in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde.

Der Beklagte zu 3) war Mitglied des ersten Aufsichtsrates der I. AG und wurde in der Aufsichtsratssitzung vom 6.10.1999 zum stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt. Er ist Partner der Anwaltskanzlei C. H. S., welche ständige Beraterin der I. AG war. Im Zuge der Übernahme der Kapitalmehrheit der I. AG durch die E. plc. am 31.1.2001 schied der Beklagte zu 3) aus dem Aufsichtsrat aus.

Die Beklagten zu 1) und 2) wurden ebenfalls durch Beschluss des Aufsichtsrates der I. AG vom 6.10.1999 zu Vorstandsmitgliedern bestellt; die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 3.2.2000. Mit Ablauf des 31.1.2001 trat der Beklagte zu 1) als Vorstand zurück. Der Beklagte zu 2) war weiter bis Februar 2002 als Finanzvorstand tätig.

Zum Zeitpunkt der Umwandlung betrug das Grundkapital der I. AG 31.234.000 DM, welches eingeteilt war in 15.617.150 nennwertlose Stückaktien. Von den Aktien hielt die D. Holding AG (im Folgenden: D.) mit Sitz in der Schweiz ca. 14,8 Mio. Stück. Wesentlicher Aktionär der D. war der Beklagte zu 1) über eine Beteiligungsgesellschaft, die ihrerseits 34 % der Aktien an der D. hielt. Der Beklagte zu 1) war auch alleinvertretungsberechtigter Verwaltungspräsident der D.

Am 9.2.2000 fand in den Räumen des Notars Dr. S., Hamburg, eine außerordentliche Hauptversammlung statt, in der laut notariellem Protokoll (Anlage K 5) sämtliche Aktionäre anwesend bzw. durch Bevollmächtigte vertreten waren. Der Beklagte zu 3) übernahm als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender die Versammlungsleitung. In der Hauptversammlung wurde u.a. die Schaffung eines genehmigten Kapitals i.H.v. 7.800.000 EUR einstimmig beschlossen (Punkt 3 der Tagesordnung). Der Vorstand sollte befugt sein, mit Zustimmung des Aufsichtsrates durch die Ausgabe von bis zu 7.800.000 Stück neuer Aktien gegen Bar- oder Sacheinlage das Kapital der Gesellschaft bis zum 31.1.2005 entsprechend zu erhöhen. Der Vorstand wurde ferner ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrates das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen, um bis zu 1.500.000 neue Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen, insb. zum Zweck des Erwerbs von Beteiligungen gegen Überlassung von Aktien der Gesellschaft, auszugeben. Mit Beschluss vom selben Tage ermächtigte die Hauptversammlung den Vorstand zudem, bis zum 31.7.2001 eigene Aktien bis zu zehn von Hundert des damaligen Grundkapitals über die Börse oder auch außerhalb zu erwerben (Punkt 4 der Tagesordnung). Dem Vorstand wurde dabei ausdrücklich gestattet, ggf. auch von den derzeitigen Aktionären der Gesellschaft Aktien zu erwerben und zu veräußern, wobei der Erwerb insoweit aber nur unentgeltlich oder zu einem Kaufpreis von 1 EUR je Aktie hätte erfolgten dürfen.

Das genehmigte Kapital wurde am 25.2.2000 in das Handelsregister eingetragen. Am 17.3.2000 wurden die Aktien der I. AG am Neuen Markt in Frankfurt/M. zum Börsenhandel zugelassen. Es wurden insgesamt 18.637.000 Aktien ausgegeben. Aus dem Börsengang flossen der I. AG rund 201 Millionen EUR (abzgl. 17 Millionen EUR Kosten) zu. Die D. hielt davon rund 70 % der Aktien, Management und Mitarbeiter der I. waren mit 10 % beteiligt, die verbleibenden 20 % der Aktien befanden sich im Streubesitz. Im Laufe des Jahres 2000 wurde das Kapital der I. AG durch mehrere Kapitalerhöhungen um weitere 1,41 Millionen Aktien auf insgesamt 20.048.041 Aktien erhöht.

Im Anschluss an den Börsengang verfolgte die I. AG eine umfangreiche Expansionspolitik und erwarb insb. im Europäischen Ausland unmittelbar oder über verschiedene Tochtergesellschaften eine Reihe von Unternehmen bzw. Beteiligungen im Bereich...

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