Leitsatz (amtlich)
Ein Telefonauskunftsdienst handelt unlauter, wenn er für seine Dienste in einem Werbefilm nur mit seiner Telefonnummer, aber ohne Hinweis auf sein Unternehmen wirbt. Der verständige Verbraucher mag wissen, dass verschiedene Auskunftsdienste Rufnummern beginnend mit „118 …” haben, ohne Unternehmensnennung besteht wegen der ähnlichen Telefonnummern Verwechslungsgefahr mit konkurrierenden Auskunftsdiensten, insb. mit dem weithin bekannten Marktführer. Der Hinweis: „Ihre Auskunft” gibt keine nähere Aufklärung, weil er zu beiden Anbietern passen könnte. Es liegt nahe, dass das Versteckspiel beabsichtigt ist, um sich Vorteile durch irrtümliches Anwählen zu verschaffen (verdeckter Kundenfang).
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 09.09.2002; Aktenzeichen 406 O 65/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 9.9.2002 abgeändert.
Die einstweilige Verfügung des LG vom 18.6.2002 wird erneut erlassen. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Gründe
A. Die Antragstellerin ist das größte deutsche Telekommunikations-Unternehmen.
Die Antragsgegnerin betreibt unter der Rufnummer „11 88 1” eine Telefonauskunft. Hierfür hat sie mit einem TV-Werbespot (Videoaufzeichnung: Anlage K 28, Einzelbild-Aufnahme aus diesem Film: Anlage K 29) geworben, den die Antragstellerin als wettbewerbswidrig beanstandet. Mit der Beschlussverfügung des LG vom 18.6.2002 ist der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten worden, einen telefonischen Auskunftsdienst mit der Angabe „Ihre Auskunft” zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies geschieht, wie in dem durch die als Anlage K 29 vorgelegte Fotographie gekennzeichneten TV-Spot (es folgt die Kopie der Einzelbild-Aufnahme: Anlage K 29).
Mit dem Urteil vom 9.9.2002 hat das LG seine Beschlussverfügung aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Verfügungsantrag zurückgewiesen. Auf das Urteil nebst Berichtigung vom 7.2.2002 wird Bezug genommen.
Gegen das Urteil des LG richtet sich die Berufung der Antragstellerin. Sie verfolgt ihren Verfügungsantrag gem. der Beschlussverfügung weiter. Die Antragsgegnerin verteidigt das landgerichtliche Urteil. In dem TV-Werbespot (Anlage K 28) sieht man zunächst die Zahl „11” und rechts davon eine „1”. Man hört Geräusche aus dem Fußballstadion und eine Stimme: „Aufgepasst …. Tor”.
Gleichzeitig rücken die Zahlen „11” und „1” weiter auseinander. In die „Lücke” fliegen nacheinander vier Fußbälle und die Stimme sagt: „Denken Sie nur an Eins”. Die Abbildung der vier Fußbälle verwandelt sich in die Zahl „88”, so dass die Zahlenfolge „11 88 1” mit farblich abgesetzter „88” entsteht, darüber erscheint der Text:
„Denken Sie nur an Eins” und unter der Rufnummer: „Ihre Auskunft” (vgl. das Schlussbild: Anlage K 29). Irgendein Hinweis auf das Unternehmen der Antragsgegnerin erfolgt nicht.
B. Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat auch in der Sache Erfolg. Die Beschlussverfügung des LG ist demgemäß unter Abänderung des angefochtenen Urteils erneut zu erlassen.
I. Gegenstand des Unterlassungsantrages gem. der Beschlussverfügung ist das Werben für einen telefonischen Auskunftsdienst mit dem TV-Werbespot gem. Anlage K 28, der die Einblendung gem. Anlage K 29 enthält, und zwar ohne dass in dem Film – wie sich aus der obigen Beschreibung ergibt – das Unternehmen der Antragsgegnerin in irgendeiner Weise (im Bild oder Ton) angegeben ist. Das Charakteristische des Werbespots besteht demgemäß in der werblichen Wiedergabe der Telefonnummer „11 88 1” und der Angabe „Ihre Auskunft” ohne einen zusätzlichen Hinweis auf das Unternehmen der Antragsgegnerin. Das ergibt sich bereits aus der Antragsschrift (S. 22), die Antragstellerin hat das in der Berufungsverhandlung nochmals klarstellen lassen.
Gegenstand des Unterlassungsantrages ist nicht etwa allgemein die Werbung mit einem Film mit der Einblendung gem. Anlage K 29, sondern die Verwendung des Werbespots gem. Anlage K 28 mit jener Einblendung.
II. Die Dringlichkeit für das einstweilige Verfügungsverfahren ist nach Auffassung des Senats gegeben. Wenn man auf das Vorbringen der Antragstellerin abstellt, sie habe von dem Werbespot (Anlage K 28) am 11.6.2002 Kenntnis erlangt (Bl. 20; eidesstattliche Versicherung H.: Anlage K 34; vgl. Anlage K 32), ist die Dringlichkeitsvermutung (§ 25 UWG) ist nicht widerlegt. Denn der Verfügungsantrag ist kurz darauf am 18.6.2002 bei Gericht eingegangen. Dass die Antragsgegnerin diesen Werbespot in Kenntnis der Antragstellerin zuvor seit längerem verwendet hätte, hat die Antragsgegnerin aber – anders als es das LG gemeint hat – nicht dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht.
1. Soweit die Antragsgegnerin die Sendetermine des streitgegenständlichen Werbespots vom 1. bis 12.6.2002 aufführt (Anlage B 1; Bl. 33), steht das der Dringlichkeitsvermutung ebenfalls nicht entgegen. Denn auch im Hinblick auf den gesamten Zeitraum wäre die Antragstellerin zeitnah und zügig vorgega...