Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeitsbestimmung für das Adoptionsverfahren bei einer ausländischem Recht unterliegenden Zustimmung
Leitsatz (amtlich)
Die besondere Zuständigkeit des AG am Sitz des OLG für Adoptionsverfahren greift auch dann ein, wenn hinsichtlich des Zustimmungserfordernisses zusätzlich ausländisches Recht anzuwenden ist (Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung).
Normenkette
EGBGB Art. 23; AdWirkG § 5; FGG § 43 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
AG Essen (Beschluss vom 18.04.2006; Aktenzeichen 76-XVI 5/05) |
AG Hamm (Aktenzeichen 76 AR 35/05) |
Tenor
Das AG Hamm wird als örtlich zuständiges Gericht bestimmt.
Gründe
I. Das betroffene Kind ist aus der ersten Ehe seiner Mutter, der Beteiligten zu 2), mit dem am 3.3.2001 verstorbenen Herrn G. hervorgegangen. Das Kind besitzt wie seine Mutter die ukrainische Staatsangehörigkeit. Der Beteiligte zu 3), der deutscher Staatsangehöriger mit polnischer Abstammung ist, hat am 16.1.2002 mit der Beteiligten zu 2) in F. die Ehe geschlossen. Die Beteiligten zu 2) und 3) haben ihren gemeinsamen dauernden Aufenthalt in Deutschland, seit deren Eheschließung lebt das betroffene Kind in ihrem Haushalt. Der Beteiligte zu 3) hat in notarieller Urkunde vom 18.8.2005 (UR-Nr. .../2005 Notar R.T. in F.) mit Zustimmung der Beteiligten zu 1) und 2) beantragt, die Annahme der Beteiligten zu 1) als Kind auszusprechen.
Das AG Essen hat die Akten an das AG Hamm im Hinblick auf die Annahme einer dort gegebenen örtlichen Zuständigkeit nach §§ 2 und 5 AdWirkG abgegeben. Das AG Hamm hat durch Beschluss vom 3.4.2006 die Übernahme der Sache abgelehnt. Der Richter des AG Essen hat daraufhin mit Verfügung vom 18.4.2006 die Sache dem Senat zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts vorgelegt.
II. Der Senat ist gem. § 5 FGG zur Bestimmung des örtlich zuständigen AG berufen. Die Vorlage ist zulässig, weil zwischen den beteiligten AG Streit darüber besteht, welches von ihnen zur Entscheidung über den Annahmeantrag örtlich zuständig ist.
In der Sache ist die örtliche Zuständigkeit des AG Hamm begründet.
Nach der allgemeinen Vorschrift des § 43b Abs. 2 S. 1 FGG ist in Angelegenheiten, welche die Annahme eines Kindes betreffen, das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Annehmende in dem Zeitpunkt, in dem der Antrag eingereicht worden ist, seinen Wohnsitz hatte. Demnach wäre das AG Essen zuständig, weil der Annehmende, der Beteiligte zu 3), in F. wohnt. Kommen aber ausländische Sachvorschriften zur Anwendung, dann richtet sich die örtliche Zuständigkeit für die Annahme eines Kindes nach § 43b Abs. 2 S. 2 FGG i.V.m. § 5 Abs. 1 und 2 des Adoptionswirkungsgesetzes vom 5.11.2001 (AdWirkG). Die darin vorgesehene Zuständigkeitskonzentration auf das AG, in dessen Bezirk das OLG seinen Sitz hat, gilt aber nur dann, wenn auf die Angelegenheit betreffend die Annahme des Kindes ausländische Sachvorschriften Anwendung finden.
Die vorliegend beantragte Einzeladoption durch nur einen Ehegatten unterliegt gem. Art. 22 Abs. 1 S. 2 EGBGB dem Ehewirkungsstatut nach Art. 14 Abs. 1 EGBGB. Da beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung am 16.1.2002 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten, ist gem. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB als Ehewirkungsstatut deutsches Recht berufen.
Daneben findet nach der ergänzenden kollisionsrechtlichen Sonderregelung des Art. 23 EGBGB für den statusverändernden Rechtsvorgang der Adoption zusätzlich auch ukrainisches Recht Anwendung (Palandt/Heldrich, BGB, 65. Aufl., Art. 23 EGBGB Rz. 1). Denn die Vorschrift Art. 23 EGBGB beruft neben dem Adoptionsstatut zusätzlich das Personalstatut des betroffenen Kindes für die Notwendigkeit und die Erteilung der Zustimmung des Kindes oder einer Person, zu dem es in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, insb. eines Elternteils; hierher gehören neben der Erforderlichkeit auch die Wirksamkeitsvoraussetzungen der Zustimmung einschließlich ihrer Ersetzbarkeit und ggf. ihrer behördlichen und gerichtlichen Genehmigungsbedürftigkeit (Palandt/Heldrich, BGB, 65. Aufl., Art. 23 EGBGB Rz. 3). Das Zustimmungserfordernis des Kindes sowie seiner Eltern zur Adoption ist daher sowohl nach dem Adoptionsstatut als auch nach dem Personalstatut des Kindes zu erfüllen, d.h. es ist kumulativ anzuknüpfen, um so hinkenden Statusveränderungen vorzubeugen. Daher gehört die ergänzende Sonderregelung des Art. 23 EGBGB nicht in den Bereich von Vorfragen, sondern zur Hauptfrage der Adoption selbst (BayObLG v. 16.12.2004 - 1Z AR 168/04, BayObLGZ 2004, 368 = BayObLGReport 2005, 279 = FGPrax 2005, 65 = FamRZ 2005, 1694 = StAZ 2005, 297).
Allerdings hat der Senat in seinem Beschluss vom 21.11.2002 (OLG Hamm v. 21.11.2002 - 15 Sbd 13/02, OLGReport Hamm 2003, 189 = FGPrax 2003, 75 = FamRZ 2003, 1042) für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit gem. § 43b Abs. 2 S. 2 AdWirkG ausschließlich darauf abgestellt, ob auf die Annahme i.S.d. Art. 22 EGBGB insgesamt ausländisches Recht Anwendung findet, während er die Sondernorm des Art. 23 S. 1 EGBGB lediglich als V...