Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Darlegungs- und Beweislast für eine Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 170 StGB bei Insolvenz des Unterhaltsschuldners
Leitsatz (amtlich)
1. Der Unterhaltsberechtigte trägt bei Insolvenz des Unterhaltsschuldners die sekundäre Darlegungslast für sämtliche Voraussetzungen eines Anspruchs aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 170 StGB.
Er genügt dieser Darlegungslast nicht, wenn er lediglich auf die Titulierung des Unterhaltsanspruchs oder darauf verweist, dass dieser Unterhaltsanspruch zur Insolvenztabelle festgestellt ist. Vielmehr muss er sämtliche Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs darlegen und gegebenenfalls beweisen.
2. Soweit die Verletzung der Unterhaltsverpflichtung mit nicht ausreichenden Bemühungen zur Sicherstellung des Unterhalts begründet wird, muss der Unterhaltsberechtigte nicht nur zu seinem Bedarf und seiner Bedürftigkeit sowie zur Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners vortragen, sondern darüber hinaus auch dazu, inwieweit keine ausreichenden Bemühungen erfolgt sind und welches Einkommen der Unterhaltsschuldner hätte erzielen können.
Verfahrensgang
AG Paderborn (Beschluss vom 01.08.2013; Aktenzeichen 85 F 51/13) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 4.9.2013 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Paderborn vom 1.8.2013 teilweise abgeändert.
Der Widerantrag des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller ist Vater der am 3.6.1999 geborenen Zwillinge M und N. Durch Urteil des AG - Familiengericht - Paderborn vom 17.7.2002 (Aktenzeichen: 8 F 673/02) wurde er zur Zahlung von Kindesunterhalt i.H.v. 100 % des Regelbetrages der Regelbetragsverordnung ab dem 1.4.2002, entsprechend jeweils 188 EUR verurteilt. Aus der Begründung ergibt sich, dass Grundlage der Berechnung die Zurechnung eines fiktiven Einkommens von 3.000 DM war, weil sich der Antragsteller nicht ausreichend um einen Arbeitsplatz bemüht hatte. Das AG ging davon aus, dass entsprechende Bemühungen dem Antragsteller den in der Vergangenheit - für 3 Monate vom 11.06. bis zum 18.9.2001 erzielten - Arbeitslohn von 3.000 DM brutto gesichert hätte.
Zur Sicherung des Lebensunterhalts der Kinder M und N zahlte die Unterhaltsvorschusskasse des Landes Nordrhein-Westfalen folgende Unterhaltsbeträge:
1.4.2002 bis 31.8.2002: jeweils 111 EUR monatlich (5 × 2 × 111 = 1.110 EUR) 6
1.9.2002 bis 31.3.2003: jeweils 31 EUR monatlich (7 × 2 × 31 = 434 EUR) 7
1.2.2006 bis 30.6.2007: jeweils 170 EUR monatlich (17 × 2x 170 = 5.780 EUR) 8
1.7.2007 bis 31.12.2008: jeweils 168 EUR monatlich (18 × 2 × 168 = 6.048 EUR) 9
1.1.2009 bis 30.11.2009: jeweils 158 EUR monatlich (11 × 2 × 158 = 3.476 EUR) 10
Die Zahlungen erreichen einen Gesamtbetrag von 16.848 EUR.
Der Antragsteller leistete folgende Zahlungen an die Unterhaltsvorschusskasse:
August und September 2006: jeweils 95,10 EUR (190,20 EUR)
Oktober 2006: 145,82 EUR
Mai 2007: 15,18 EUR
2010: 150 EUR
2011: 300 EUR
2012: 50 EUR
Diese Zahlungen i.H.v. insgesamt 851,20 EUR verrechnete die Unterhaltsvorschusskasse auf die ausstehende Hauptforderung von 16.848 EUR, so dass ein Restbetrag von 15.996,80 EUR verblieb.
Über das Vermögen des Antragstellers wurde durch Beschluss des AG Paderborn vom 22.2.2012 unter dem Aktenzeichen 2 IK 46/12 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Antragsgegner meldete im eigenen Namen unter Einreichung einer entsprechenden Forderungsaufstellung die Forderung der Unterhaltsvorschusskasse als Leistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zur Insolvenztabelle an. Er machte eine Hauptforderung i.H.v. 15.996,80 EUR sowie 385,60 EUR an Zinsen und 8 EUR an Kosten geltend. Im Rahmen der gleichen Anmeldung führte der Antragsgegner aus, dass es sich um eine Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung handele. Das Vorliegen einer vorsätzlich unerlaubten Handlung begründete der Antragsgegner im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Verurteilung zur Zahlung von Kindesunterhalt sowie den Umstand, dass der Antragsteller den Unterhalt nicht gezahlt habe. Die Ausführungen schließen damit, dass dies als Verletzung der Unterhaltspflicht gem. § 170 StGB strafbar sei und der Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 170 StGB folge. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anmeldung des Antragsgegners vom 11.4.2012 Bezug genommen.
In der Insolvenztabelle ist der Anspruch in voller Höhe als Unterhaltsrückstand ausgewiesen mit dem Zusatz, dass es sich hierbei um eine Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung handelt. Eingetragen ist ferner ein Widerspruch des Schuldners gegen die Höhe sowie gegen die Eintragung der Forderung als Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung.
Am 2.7.2013 trat das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Bezirksregierung, die in diesem Verfahren geltend gemachten Forderungen aus une...