Normenkette
RVG §§ 15 a, 15a Abs. 2, § 33 Abs. 3, §§ 49, 55, 55 Abs. 5, § 56 Abs. 2 S. 1, § 58 Abs. 2, §§ 59, 60 Abs. 1; BGB § 250; ZPO § 91 ff., § 91 Abs. 2 S. 1, § 122 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 12 O 94/08) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass die dem Beteiligten zu 1) aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung für seine Tätigkeit als im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt auf 234,43 € festgesetzt wird.
Der Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
A.
Der Beteiligte zu 1) nahm für die unter Betreuung stehende Klägerin des Ausgangsverfahrens deren Tochter auf Rückzahlung von Geldbeträgen in Anspruch, welche diese sich im Juli und September 2007 angeeignet hat.
Die Klägerin war im April 2007 in ihrer Wohnung gestürzt und musste daraufhin stationär behandelt werden. Während der Rehabilitationsmaßnahme stellte sich heraus, dass die Klägerin nicht mehr in ihre Wohnung zurückkehren konnte und überdies die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung vorlagen. Diese wurde durch das Amtsgericht Münster durch Beschluss vom 06.09.2007 eingerichtet.
Die Beklagte weilte im Juli und September 2007 in Münster. Während dieser Zeit hob sie von dem Girokonto der Beklagten und dem Sparbuch der Klägerin insgesamt 27.359,22 € ab.
Da das Geld dringend für den Lebensunterhalt der Klägerin benötigt wurde, forderte der Betreuer die Beklagte zunächst vergeblich auf, die abgehobenen Beträge zu erstatten. Sodann wurde der Beteiligte zu 1) beauftragt, der die Beklagte durch Schreiben vom 30.01.2008 nochmals zur Zahlung aufforderte. Hierfür berechnete der Beteiligte zu 1) eine Vergütung in Höhe von 1.196,43 €, die ebenfalls mit der Klage geltend gemacht wurde.
Für die Durchführung des Klageverfahrens wurde der Klägerin Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.
Die Beklagte wurde sodann durch ein im schriftlichen Verfahren ergangenes Versäumnisurteil antragsgemäß verurteilt.
Der Beteiligte zu 1) hat sodann die Festsetzung der Vergütung eines beigeordneten Anwalts in Höhe von 782,07 € beantragt. Durch Beschluss vom 10.12.2008 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vergütung auf 508,25 € festgesetzt. Auf die Erinnerung des Beteiligten zu 1) hin hat die Einzelrichterin dieser überwiegend abgeholfen und die Vergütung auf 740,42 € angehoben. Hiergegen richtet sich nun die Beschwerde der Beteiligten zu 2).
Die Beteiligte zu 2) ist der Ansicht, es sei auf seiten des Beteiligten zu 1) eine gerichtlich geltend gemachte und titulierte Geschäftsgebühr entstanden, welche auf die im Rechtsstreit entstandene Verfahrensgebühr anzurechnen sei und von dem Beteiligten zu 1) gegenüber seiner Mandantin auch geltend gemacht werden könne. Eine etwaige Pflichtverletzung des Rechtsanwalts durch einen unterbliebenen Hinweis auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Beratungshilfe lasse seinen Vergütungsanspruch nicht entfallen.
Der Beteiligte zu 1) ist der Ansicht, es falle, wenn bei Beauftragung des Rechtsanwalts die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Beratungshilfe vorlägen, nur eine Geschäftsgebühr nach Ziff. 2503 VV zum RVG an, die auf die Verfahrensgebühr angerechnet werden könnte.
Der Landeskasse entstünden keine Nachteile, weil - soweit die Beratungshilfe angerechnet werde und eine Kostenerstattung durch den Gegner erfolge - in Höhe der tatsächlich bewilligten Beratungshilfe eine Erstattung an die Landeskasse zu erfolgen habe bzw. der Anspruch übergehe.
Zumindest sei die Geschäftsgebühr auf die Differenz zwischen der Wahlanwaltsvergütung und der Vergütung für den beigeordneten Rechtsanwalt anzurechnen.
Die Unklarheiten im Zusammenhang mit der Anrechnung der Geschäftsgebühr seien durch die Neuregelung des § 15 a RVG beseitigt worden.
Das Landgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 30.04.2009 nicht abgeholfen und das Beschwerdeverfahren dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
B.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
I.
Für den Beteiligten zu 1) ist eine Geschäftsgebühr nach Ziff. 2300 VV zum RVG entstanden, die nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV zum RVG in Anrechnung zu bringen ist.
1.
Zwischen der Klägerin des Ausgangsverfahrens, vertreten durch den Betreuer und dem Beteiligten zu 1) ist ein Anwaltsvertrag zustande gekommen, in dessen Erfüllung der Beteiligte 1) außergerichtlich für die Klägerin tätig geworden ist, indem er die Beklagte des Ausgangsverfahrens zur Leistung von Schadensersatz aufgefordert hat.
a)
Das Zustandekommen eines Anwaltsvertrages kann nicht mit der Begründung verneint werden, es sei aus dem Verhalten von Anwalt und Mandant abzuleiten, dass kein Kosten verursachender Anwaltsvertrag abgeschlossen worden sei, sondern dass sich die Tätigkeit als faktische und von einem entsprechenden Willen getragene Beratungshilfe darstelle (vgl. dazu OLG Hamm, Beschlüsse vom 28.01.2009, AZ: 6 WF 384/09, Tz. 10 und 6 WF 426/08, Tz. 10 = FamRZ...