Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 29.07.2009; Aktenzeichen 13 O 82/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 29.7.2009 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des LG Bochum wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Der Kläger (vom Beklagten abgemahnt durch Schreiben vom 16.1.2009) verlangt von dem Beklagten die Zahlung von (Gegen-) Abmahnkosten von insgesamt 1.135,90 EUR (für seine Gegenabmahnung vom 8.4.2009), mit der Begründung, der Beklagte habe ihn in offenkundig rechtsmissbräuchlicher Weise abgemahnt und ihn, den Kläger, dadurch gezielt behindert und geschädigt.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat für den geltend gemachten Zahlungsanspruch keine Anspruchsgrundlage gesehen.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes in erster Instanz und der Entscheidungsgründe wird auf den Tatbestand wie auch die Begründung des angefochtenen Urteils Bezug genommen (vgl. Bl. 98 ff. d.A.).

Der Kläger verfolgt seine Klageansprüche mit der von ihm eingelegten Berufung weiter und beantragt,

das Urteil des LG Bochum vom 29.7.2009 (AZ I-13 O 82/09) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.005,40 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 % seit dem 28.4.2009 zu zahlen, sowie den Kläger von außergerichtlichen Anwaltsgebühren i.H.v. 130,50 EUR freizustellen.

Der Beklagte beantragt unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der beiderseitigen Vorträge wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Er kann von dem Beklagten für die Gegenabmahnung vom 8.4.2009 nicht Erstattung der Anwaltskosten von 1.005,40 EUR sowie Freistellung von den weiteren Anwaltsgebühren von 130,50 EUR verlangen.

Hinsichtlich der geltend gemachten Kosten für die Gegenabmahnung ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass eine Erstattung selbst bei einer unberechtigte Abmahnung nicht verlangt werden kann.

Eine Anspruchsgrundlage wie § 12 I 2 UWG, der wegen der Ausgestaltung der Abmahnung als Vorstufe der vorgerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs auch analog nicht anwendbar ist, existiert in diesem Zusammenhang nicht. Der Abgemahnte kann gegen eine unberechtigte Abmahnung im Wege der Feststellungsklage vorgehen. Eine Gegenabmahnung ist auch zur Vermeidung der Kostenfolge des § 93 ZPO grundsätzlich nicht erforderlich (vgl. Senat, Urt. v. 11.1.2007 - 4 33/06; v. 18.1.2007 - 4 U 29/06; Köhler, in HefermehlKöhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl. 2009, § 4 Nr. 10.166). Es besteht insoweit ein "verfahrensrechtliches Privileg". Der Gegner muss die Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter hinnehmen, weil er sich gegen die ungerechtfertigte Inanspruchnahme in dem Rechtspflegeverfahren selbst hinreichend verteidigen kann. Nichts anderes gilt im Streitfall. Ebenso wenig kann in diesem Zusammenhang ein Schadensersatzanspruch aus § 823 I BGB wegen Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb angenommen werden (BGH GRUR 1969, 479 - Colle de Cologne; GRUR 1985, 571 - Feststellungsinteresse; Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl. 2006, § 4.10 Rz. 10/33; Bornkamm, a.a.O., § 12 Rz. 1.72 m.w.N.; anders unter bestimmten Voraussetzungen bei unberechtigter Schutzrechtsverwarnung, vgl. BGH GS GRUR 2005, 882). Der objektiv unbegründeten Abmahnung steht dabei die lediglich unbefugte Abmahnung gleich, wenn also ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, dem Abmahner aber die Abmahnbefugnis fehlt, etwa mangels Anspruchsberechtigung (§ 8 III UWG) oder - wie hier - wegen Missbrauchs (§ 8 IV UWG) fehlt (BGH GRUR 2001, 354 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner; Köhler, a.a.O., § 4 Rz. 10.166). Es lag auch keineswegs der (Ausnahme-) Fall vor (s. dazu BGH GRUR 2004, 790 - Gegenabmahnung), dass die Abmahnung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht auf offensichtlich unzutreffenden Annahmen beruhte, bei deren Richtigstellung mit einer Änderung der Auffassung des vermeintlich Verletzten gerechnet werden konnte. Eher das Gegenteil war der Fall, weil der Beklagte selbst noch in der mündlichen Verhandlung vom 7.4.2009 in Kenntnis aller maßgeblichen Umstände an seiner Rechtsverfolgung festhielt.

Denkbar sind ausnahmsweise Ansprüche aus §§ 3, 4 Nr. 10, 9 UWG, wenn der Abmahnende den Gegner seinerseits durch die Abmahnung gezielt behindert hätte, oder aus § 826 BGB oder § 678 BGB. Als eine "gezielte" Behinderung im Sinne der zuerst genannten Vorschriften stellt sich eine unberechtigte Abmahnung aber allenfalls dar, wenn der Abmahner von der fehlenden Berechtigung der Abmahnung Kenntnis hatte oder - was dem gleichsteht - sich der Kenntnis bewusst verschließt (Köhler, a.a.O., Rz. 10.167 m.w.N.). Mitunter wird in der unbegründeten Abmahnung auch eine Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den Willen des Geschäftsherrn gesehen, die bei wiederum bei Erkennbarkeit des entgegenstehenden Willens nach § 678 BGB einen Schadensersatzanspruch auslösen könnte (vgl. OLG Hamburg NJW-RR 2003, 857; B...

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