Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufstockungsunterhalt für den geschiedenen Ehegatten: Berücksichtigung beamtenrechtlicher Familienzuschläge für den wiederverheirateten Unterhaltsschuldner. Unterhaltsbegrenzung trotz langer Ehedauer
Leitsatz (redaktionell)
1. Der beamtenrechtliche Verheiratetenzuschlag ist entsprechend seiner doppelten Zweckbestimmung aufzuteilen und zur Hälfte der neuen Ehe zuzuordnen.
2. Familienzuschläge und Kinderfreibeträge für Stiefkinder sind allein der neuen Ehe zuzuordnen.
3. Freiwillige der Altersversorgung dienende Zahlungen auf Versicherungsverträge sind unterhaltsrechtlich unbeachtlich.
4. Eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehefrau kann auch bei einer Ehedauer von mehr als 20 Jahren gem. § 1573 Abs. 5 BGB geboten sein. Dies gilt jedenfalls dann, wenn nach der Scheidung eine vollständige Entflechtung der beiderseitigen Lebensverhältnisse stattgefunden hat und die Unterhaltsberechtigte in der Lage ist, einen angemessenen Lebensstandard zu halten.
Normenkette
BGB § 1573 Abs. 2, §§ 313, 242
Verfahrensgang
AG Hamm (Urteil vom 18.02.2004; Aktenzeichen 3 F 150/02) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 18.2.2004 verkündete Urteil des AG - FamG - Hamm teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird in Abänderung des Urteils des OLG Hamm vom 19.9.1997 - Az. 11 UF 224/96 - verurteilt, wie folgt Unterhalt an die Klägerin zu zahlen:
1. für die Zeit von April 2002 bis Mai 2002 monatlich 789 EUR, davon 144,73 EUR als Altersvorsorge- und 47,08 EUR als Krankheitsvorsorgeunterhalt;
2. für die Zeit von Juni 2002 bis Dezember 2002 monatlich 727 EUR, davon 132,65 EUR als Altersvorsorge- und 47,08 EUR als Krankheitsvorsorgeunterhalt;
3. für die Zeit von Januar 2003 bis Oktober 2003 monatlich 684 EUR, davon 126,59 EUR als Altersvorsorge- und 47,08 EUR als Krankheitsvorsorgeunterhalt;
4. für die Zeit von November bis Dezember 2003 monatlich 603 EUR, davon 110,37 EUR als Altersvorsorge- und 47,08 EUR als Krankheitsvorsorgeunterhalt;
5. für die Zeit von Januar 2004 bis Juli 2004 monatlich 613 EUR, davon 112,37 EUR als Altersvorsorge- und 47,08 EUR als Krankheitsvorsorgeunterhalt;
6. für die Zeit von August 2004 bis Dezember 2004 monatlich 692 EUR, davon 128,03 EUR als Altersvorsorge- und 47,08 EUR als Krankheitsvorsorgeunterhalt;
7. für die Zeit von Januar 2005 bis Dezember 2006 monatlich 752 EUR, davon 139,93 EUR als Altersvorsorge- und 47,08 EUR als Krankheitsvorsorgeunterhalt.
Ab Januar 2007 entfällt die Unterhaltspflicht des Beklagten.
Die weiter gehende Klage und die weiter gehende Widerklage werden abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien sind seit dem 30.12.1986 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Sie streiten um die erneute Abänderung eines Unterhaltsvergleichs vom 26.6.1987, der zuletzt durch Urteil des Senats vom 19.9.1997 an veränderte Verhältnisse angepasst worden ist. Im Einzelnen liegt folgendes zugrunde:
Die Parteien haben im Juli 1973 geheiratet. Aus der Ehe sind zwei Söhne hervorgegangen: I2, geboren am 30.12.1975, und C., geboren am 18.6.1977. Nach im Januar 1984 erfolgter Trennung ist die Ehe durch Urt. v. 29.7.1986 geschieden worden. Bei Zustellung des Scheidungsantrags hatte der Beklagte ein Vermögen von 1.110.650,66 DM, das überwiegend aus einer Erbschaft nach seiner Mutter stammte, während die Klägerin über Vermögenswerte von 198.443,40 DM verfügte. Ein Zugewinnausgleich ist nicht erfolgt. Die Klägerin hat aber die Miteigentumshälfte des Beklagten an der während der Ehe erworbenen und als Ehewohnung genutzten Doppelhaushälfte am Y.-Weg in I. erhalten (und dessen Belastungen übernommen), während sie im Gegenzug ihren Miteigentumsanteil an dem unbebauten Grundstück I3 auf ihren Ehemann übertrug.
Der auf § 1570 BGB gestützte Anspruch auf nachehelichen Unterhalt - die beiden Kinder lebten bei der Mutter - ist zunächst im Scheidungsurteil vom 29.7.1986 und dann im anschließenden Berufungsverfahren durch den Vergleich vom 26.6.1987 festgelegt worden. Als Grundlage wurde festgehalten, dass allein das Erwerbseinkommen des Beklagten als Oberstudienrat einschl. seiner Einkünfte aus der Nebentätigkeit bei der Volkshochschule für die Unterhaltsbemessung maßgeblich sein solle (BA Bl. 350).
Der Beklagte hat am 2.10.1987 erneut geheiratet. Seine zweite Ehefrau, die einen Sohn aus erster Ehe hat, ist nicht erwerbstätig, bezog und bezieht aber im hier streitigen Zeitraum eine Aufwandsentschädigung für ihre Tätigkeit im Rat der Stadt I.
Nachdem die Klägerin im April 1990 eine Halbtagsbeschäftigung als kaufmännische Angestellte aufgenommen hatte, ist die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten mit dem am 27.7.1990 vor dem AG Hamm abgeschlossenen Vergleich vom 27.7.1990 auf monatlich 1.000 DM (einschl. Vorsorgeunterhalt)...