Leitsatz (amtlich)

Der Schuldner kann in entsprechender Anwendung von § 371 BGB die Herausgabe des Vollstreckungstitels verlangen, wenn das Erlöschen der titulierten Forderung unstreitig oder auf eine Vollstreckungsgegenklage hin ein die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärendes Urteil ergangen ist. Ist die Erfüllung streitig, setzt die Zulässigkeit der Herausgabeklage analog § 371 BGB jedoch voraus, dass der Schuldner gleichzeitig die Vollstreckungsgegenklage erhebt.

 

Normenkette

BGB § 371; ZPO § 767

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 19.07.2006; Aktenzeichen 3 O 59/06)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 14.07.2008; Aktenzeichen II ZR 132/07)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Heidelberg - 3 O 59/06 - vom 19.7.2006 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines zwischen den Parteien geschlossenen Prozessvergleichs. Eine Vollstreckungsgegenklage neben der Herausgabeklage hat der Kläger nicht erhoben.

Am 20.2.2006 brachte der Kläger den vergleichsweise titulierten Betrag von 10.000 EUR zur Einzahlung auf das Konto der Beklagten Nr. der Sparkasse X. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger durch diese Zahlung frei geworden ist oder ob er mit befreiender Wirkung nur auf ein anderes, von der Prozessbevollmächtigten der Beklagten bezeichnetes, Konto hätte leisten können. Der Kläger hat für den Fall, dass seine Zahlung nicht unmittelbar zur Erfüllung der Verbindlichkeit geführt haben sollte, hilfsweise die Aufrechnung mit einem Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung erklärt. Die titulierte Forderung sei jedenfalls erloschen, weshalb die Beklagte die vollstreckbare Ausfertigung herausgeben müsse.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs des OLG Karlsruhe vom ... zum Aktenzeichen ... herauszugeben.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass der Kläger mit befreiender Wirkung nur auf das von ihrer Bevollmächtigten genannte Konto hätte leisten können. Da eine Gutschrift im Übrigen mangels Bestätigung durch das Kreditinstitut mit Nichtwissen bestritten werden müsse, habe dem Kläger auch kein Bereicherungsanspruch zugestanden, mit dem er gegen die titulierte Forderung hätte aufrechnen können.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das LG die Klage als unzulässig abgewiesen. Solange zwischen den Parteien Streit über die Erfüllung der titulierten Forderung bestehe, könne der Schuldner die Herausgabe des Vollstreckungstitels analog § 371 BGB nur dann verlangen, wenn er gleichzeitig die Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO erhebe. Die Klage sei außerdem unbegründet, weil der Kläger die Gutschrift des Betrages auf dem Konto der Beklagten nicht nachgewiesen habe.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. Der Kläger hält die isolierte Herausgabeklage für zulässig. Es sei weder notwendig noch ausreichend, dass der Schuldner zunächst ein Urteil gem. § 767 ZPO erwirke oder gleichzeitig die Vollstreckungsgegenklage erhebe. Auch sei außer Acht geblieben, dass die Beklagte vorprozessual mitgeteilt habe, von der Vollstreckung bis zu einer internen Abklärung absehen zu wollen. Die Vollstreckungsgegenklage sei in dieser Situation mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig; die Erhebung der Klage könne deshalb nicht ihrerseits Zulässigkeitsvoraussetzung einer Herausgabeklage analog § 371 BGB sein. Für die isolierte Herausgabeklage sprächen prozessökonomische Gründe, da die Frage, ob der titulierte Anspruch zwischenzeitlich erfüllt sei und aus dem Titel deshalb nicht mehr vollstreckt werden dürfe, inzidenter geprüft werden könne. Im Übrigen ist der Kläger der Auffassung, dass er die Gutschrift des streitgegenständlichen Betrages durch eine zulässigerweise nachgereichte Bestätigung des Kreditinstituts bewiesen habe.

Der Kläger beantragt,

I. das Urteil des LG Heidelberg vom 19.7.2006 - 3 O 59/06, aufzuheben,

II. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs des OLG Karlsruhe vom ... zum Aktenzeichen ... herauszugeben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Klage auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des zwischen den Parteien in dem Verfahren ... vor dem OLG Karlsruhe geschlossenen Prozessvergleichs ist unzulässig, weil es der Kläger versäumt hat, neben der Herausgabeklage eine Vollstreckungsgegenklage zu erheben. Die Umstände des Einzelfalls rechtfertigen keine abwei...

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