Leitsatz (amtlich)

1. Auch wenn im Zusammenhang mit einem Leasingvertrag über ein vom Diesel-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, sind die gezogenen Nutzungsvorteile anspruchsmindernd in Anrechnung zu bringen.

2. Als Wert des Fahrzeugs, der der Berechnung der Nutzungsvorteile zu Grunde zu legen ist, ist der vom Leasinggeber für den Erwerb des Fahrzeugs aufzubringende "Kaufpreis" anzunehmen, nicht nur die vom Leasingnehmer an den Leasinggeber erbrachten (vertraglichen Gesamt-)Zahlungen.

3. Ist der Leasingvertrag vollständig abgewickelt und das Fahrzeug vereinbarungsgemäß an den Leasinggeber zurückgegeben, ist es nicht ungewöhnlich, wenn die Gesamtsumme an Leasingraten und sonstigen Zahlungen, die der Leasingnehmer erbracht hat, durch seinen monetarisierten Nutzungsvorteil vollständig aufgezehrt wird.

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Aktenzeichen 5 O 202/19)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 28.01.2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mainz, Az. 5 O 202/19, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das unter Ziff. 1 genannte Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Aufgrund eines am 06.07.2017 mit der Firma A. Leasing, einer Zweigniederlassung der V. Leasing GmbH in B., auf eine Laufzeit von 36 Monaten geschlossenen Leasingvertrags erlangte die Klägerin den Besitz und die Nutzungsmöglichkeit an einem Fahrzeug des Typs Q7 Ultra 3.0 TDI zu einer monatlichen Leasingsrate von 800,90 EUR. Dieses Fahrzeug verfügt werkseitig über einen mit Dieselkraftstoff betriebenen, von der Beklagten entwickelten Motor der Baureihe "EA 897", für den die Typgenehmigung nach VO [EG] Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (im Folgenden: VO [EG] Nr. 715/2007) erteilt wurde. Bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug erfolgt die Stickoxidemission über die sogenannte Abgasrückführung (AGR), bei der ein Teil der Abgase zurück in das Ansaugsystem des Motors geführt wird und dort erneut an der Verbrennung teilnimmt.

Mit der Behauptung, die Beklagte habe durch den in die Motorsteuerung des streitgegenständlichen Fahrzeugs erfolgten Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form einer Umschaltlogik, die dauerhaft zwischen dem Betrieb auf dem Prüfstand und dem Betrieb auf der Straße unterscheide und die Abgasrückführung unter Prüfstandsbedingungen optimiere, in verbotener Weise auf das Emissionsverhalten Einfluss genommen und so im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens unter Vorspiegelung der Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte die Erlangung der EG-Übereinstimmungsbescheinigung und die damit einhergehende Erteilung der Betriebserlaubnis erwirkt, begehrt die Klägerin Ersatz des ihr dadurch entstandenen Schadens. Sie verlangt unter Anrechnung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Nutzungsentschädigung primär die Erstattung von an die Leasinggeberin vertraglich geleisteter Zahlungen und hat in erster Instanz darüber hinaus unter sukzessiver Anpassung des jeweiligen Zahlbetrages die Freistellung von der Zahlungsverpflichtung betreffend künftig anfallender vertraglicher Raten verlangt sowie die Zahlung eines weitergehenden Zinsschadens nach § 849 BGB geltend gemacht. Schließlich verlangt sie Ersatz ihr vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten und trägt auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ausgleich weiterer, aus der Manipulation des streitgegenständlichen Fahrzeugs resultierender Schäden sowie auf Feststellung des Verzugs der Beklagten mit der Annahme des streitgegenständlichen Pkw an.

Die Laufleistung des streitgegenständlichen Pkw zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in erster Instanz betrug unstreitig 119.255 km.

Die Klägerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 23.226,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.09.2018 50202/19 Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs A. Q7 mit der FIN: WAU ... inklusive des Zubehörs gemäß II.3 der Klageschrift sowie Abtretung sämtlicher Rechte, die ihr, der Klägerin, gegen die Leasinggeberin, die A. Leasing aus dem Leasingvertrag mit der Vertragsnummer: 412 ... zustehen, sowie Zug um Zug gegen Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Nutzung des Fahrzeugs, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, sie, die Klägeri...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge