Leitsatz (amtlich)

1. Die Rechtsanwaltskammern sind Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne von §§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UKlaG.

2. Bei § 3 RDG handelt es sich um eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 3a UWG.

3. Stellt jemand in offener Stellvertretung für den Eigentümer des betroffenen Grundstücks eine Bauvoranfrage, wird er damit im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG in einer konkreten fremden Angelegenheit tätig.

4. Die Vertretung seiner Auftraggeber im Widerspruchsverfahren nebst Geltendmachung entsprechender Kostenerstattungsansprüche ist einem Architekten nicht nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubt.

 

Normenkette

RDG § 1 Abs. 1 S. 2, § 2 Abs. 1, §§ 3, 5 Abs. 1; UKlaG § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 8, § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; UWG § 3 Abs. 1, §§ 3a, 8 Abs. 1, 3 Nr. 2; ZPO § 531 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 27.05.2019; Aktenzeichen 4 O 269/18)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 11.02.2021; Aktenzeichen I ZR 227/19)

 

Tenor

1.) Die gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 27. Mai 2019 gerichtete Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3.) Sowohl das vorliegende als auch das angegriffene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf eine Vollstreckung aus dem Unterlassungstenor durch Sicherheitsleistung in Höhe von 11.000,-- EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Im Übrigen darf die Beklagte eine Vollstreckung seitens der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des betreffenden Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4.) Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Bei der Klägerin handelt es sich um die gesetzlich berufene Vertretung der im Bezirk des Oberlandesgerichts ... zugelassenen Rechtsanwälte. Ihr obliegt unter anderem die Wahrnehmung der beruflichen Interessen ihrer Mitglieder.

Die Beklagte ist Architektin. Sie war und ist weder als Rechtsanwältin zugelassen noch wurde ihr auf sonstige Art und Weise das Recht eingeräumt, außergerichtlich Rechtsdienstleistungen zu erbringen.

Mit Schreiben vom 13. Januar 2015 stellte die Beklagte bei der Stadt ...[Z] eine das Grundstück ...[Y]straße ... in ...[Z], Gemarkung ...[Z1], Flur 3, Flurstück 1962/14, betreffende Bauvoranfrage. In dieser teilte die Beklagte mit, "die Grundstückseigentümer, Familie ...[A]," hätten sie - die Beklagte - "beauftragt, die Möglichkeiten der Bebauung ihres Grundstücks rechtsverbindlich festzustellen". Für die Bauvoranfrage erhielt die Beklagte von den Grundstückseigentümern ein Bearbeitungsentgelt in Höhe von 500,-- EUR. Dem Text der Bauvoranfrage war zudem ein Postskriptum angefügt, in welchem es heißt:

"Der Kostenbescheid der Voranfrage ist zu richten an

... [A1]

... [Y]str. ...

... [Z]"

Nachdem die Stadt ...[Z] die Bauvoranfrage vom 13. Januar 2015 negativ beschieden hatte, legte die Beklagte hiergegen mit Schreiben vom 2. März 2015 "namens der Grundstückseigentümer" Widerspruch ein. Im weiteren Verlauf des Widerspruchsverfahrens, in welchem der Stadtrechtsausschuss von der Beklagten als Widerspruchsführerin ausging, teilte sie der Widerspruchsbehörde mit Schreiben vom 26. März 2015 zudem unter anderem mit, die Kosten des Widerspruchsverfahrens trügen "die Auftraggeber"; als deren "Adressat" benannte sie Herrn ...[A2].

Der Widerspruch wurde am 24. Juni 2015 seitens des Stadtrechtsausschusses der Stadt ...[Z] zurückgewiesen. Nachdem der daraufhin angestrengten Klage seitens des zuständigen Verwaltungsgerichts stattgegeben worden war, machte die Beklagte der Stadt ...[Z] gegenüber unter anderem die Kosten des Widerspruchsverfahrens betreffende Kostenerstattungsansprüche geltend. In dem entsprechenden Schreiben vom 5. August 2016, auf dessen als Anlage K1 zur Gerichtsakte gereichte Ablichtung (Bl. 5 d.A.) ergänzend Bezug genommen wird, führte die Beklagte unter anderem aus, die Erstattung der verauslagten Rechtsanwaltsgebühren erfolge "mit den Auftraggebern/Erbengemeinschaft & Unterzeichnerin im Innenverhältnis".

Die Klägerin nahm die Tätigkeiten der Beklagten in dem vorerwähnten Widerspruchsverfahren sowie die genannte Geltendmachung von Kostenerstattungsansprüchen zum Anlass, die Beklagte mittels eines anwaltlichen Schreibens vom 29. Oktober 2018 wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) abzumahnen. Die insoweit geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung gab die Beklagte indes nicht ab. Auch erstattete sie der Klägerin nicht die von dieser verauslagten Kosten der Abmahnung in Höhe von 887,03 EUR. Die der Beklagten insoweit mit dem Abmahnschreiben gesetzte und später bis zum 15. November 2018 verlängerte Zahlungsfrist lief fruchtlos ab.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten,

die streitgegenständliche Vertretung der Grundstückseigentümer im Widerspruchsverfahren gegen die nega...

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