Entscheidungsstichwort (Thema)
"Krankentransport über Landesgrenzen" - Wettbewerbsklage bei Verstoß gegen Landesrettungsgesetz
Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorschriften des Landesrettungsgesetzes Nordrhein-Westfalen betreffend die - begrenzte - Zulassung privater Unternehmen zu Notfallrettung und Krankentransport bezwecken den Schutz der öffentlichen Rettungsdienste vor privater Konkurrenz. Da die öffentlichen Rettungsdienste ausschließlich hoheitlich handeln, sind sie bei Wahrnehmung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben keine "Marktteilnehmer" i.S.d. §§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 4 Nr. 11 UWG.
2. Die Auswirkungen der Vorschriften des LRettG auf den Wettbewerb der zum Krankentransport zugelassenen privaten Unternehmer sind nur ein Reflex der öffentlich - rechtlichen Regelungen. Die Durchführung eines Transportes ohne die erforderliche Genehmigung kann daher nicht mit einer auf § 4 Nr. 11 UWG gestützten Klage beanstandet werden (a.A. OLG Hamm, Urt. v. 17.11. 2005 - 4 U 105/05).
Normenkette
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Nr. 11; RettG-NRW §§ 6, 13-14, 17, § 18 ff.; BayRDG Art. 13
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 12.01.2006; Aktenzeichen 84 O 74/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.1.2006 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 84 O 74/05 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien sind unmittelbare Wettbewerber im Bereich des Krankentransportwesens. Die Klägerin, ein in L. ansässiges Unternehmen, ist nach nordrhein-westfälischem Landesrecht, §§ 18 ff. des Gesetzes über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmer (RettG NRW), zur Durchführung von Krankentransporten befugt. Die Beklagte, die ihren Betriebssitz in N. hat, verfügt über eine entsprechende behördliche Genehmigung nach dem Bayerischen Rettungsdienstgesetz (BayRDG), wonach sie Beförderungen durchführen darf, deren Ausgangs- oder Zielort im Einsatzbereich N. liegt, Art. 13 Abs. 2 BayRDG.
Am 20.3.2005 hat die Beklagte eine Patientin im Stadtgebiet von L. zur Durchführung einer Krankentransportfahrt mit einem hierfür bereit gehaltenen Fahrzeug aufgenommen und nach N. transportiert. Die Klägerin hat hierin einen Verstoß gegen §§ 18 ff. RettG NRW gesehen, weil die Beklagte - unstreitig - über keine Genehmigung nordrhein-westfälischer Behörden zur Aufnahme von Krankentransportpatienten am Ausgangsort i.S.d. § 22 Abs. 2 Satz 2 und § 23 Abs. 3 RettG NRW, nämlich im Betriebsbereich der Stadt L., verfügt. Sie hat die Beklagte unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten, § 4 Nr. 11 UWG, auf Unterlassung sowie auf Zahlung von Schadensersatz, nämlich Ersatz des ihr entgangenen Gewinns aus der fraglichen Krankentransportfahrt i.H.v. 400 EUR und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten i.H.v. weiteren 278,05 EUR, in Anspruch genommen.
Mit Urteil vom 12.1.2006, auf dessen tatsächliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen wird, hat das LG die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dass es sich bei den von der Klägerin in Bezug genommenen Vorschriften der §§ 18 ff. RettG um reine Marktzutrittsregelungen ohne Wettbewerbsbezug i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG handele. Gegen diese rechtliche Beurteilung wendet sich die Klägerin mit ihrem Rechtsmittel.
Sie beantragt nunmehr - unter teilweiser redaktioneller Neufassung des Unterlassungsantrags - die Beklagte zu verurteilen,
1. es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000 EUR oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Patienten im Stadtbereich von L. mit Krankentransportwagen aufzunehmen, sofern und solange für diesen Betriebsbereich und für das eingesetzte Fahrzeug keine Genehmigung gemäß Rettungsgesetz NRW erteilt worden ist;
2. an sie 400 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.4.2005 zu zahlen;
3. an sie weitere 278,05 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.4.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen, wobei sie das Urteil verteidigt.
II. Die zulässige Berufung führt in der Sache nicht zum Erfolg. Das Begehren der Klägerin stellt sich als insgesamt unbegründet dar, weil die in Frage kommende Vorschrift des § 18 RettG NRW keinen Marktbezug i.S.d. - als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommenden - §§ 3, 4 Nr. 11 UWG aufweist.
1. Der Senat folgt dem LG nicht schon darin, dass § 18 RettG NRW als reine Mark...