Leitsatz (amtlich)

1. Die Aussetzung einer Kennzeichenstreitsache wegen eines anhängigen Verfahrens auf Löschung einer kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragenen abstrakten Farbmarke kommt selbst bei methodischen Mängeln eines der Markeneintragung zugrunde liegenden demoskopischen Gutachtens nicht in Betracht, wenn kein hinreichender Nachweis für eine im Eintragungszeitpunkt tatsächlich nicht vorhandene Verkehrsdurchsetzung vorliegt.

2. Weisen die Verpackungen von Sprachlernsoftware durchgängig einen bestimmten Farbton auf, so wird der Verkehr, der bei Wörterbüchern an die Verwendung einer konkreten Farbe als betrieblichen Herkunftshinweis gewöhnt ist, auch die werblich als Wiedererkennungszeichen für Sprachlernsoftware eingesetzte Farbe als Kennzeichen des anbietenden Unternehmens ansehen. In einem solchen Fall wird der gelbe Farbton nicht nur markenmäßig verwendet, sondern stellt ein eigenständiges Kennzeichen neben weiteren auf den Verpackungen der Sprachlernsoftware angebrachten Wort- und Bildzeichen dar.

3. Zur Verwechslungsgefahr zwischen einer für zweisprachige Wörterbücher in Printform eingetragenen abstrakten Farbmarke Gelb und einem als Kennzeichen für Sprachlernsoftware benutzten Gelbton.

 

Normenkette

ZPO § 148; MarkenG § 14

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 19.01.2012; Aktenzeichen 31 O 352/11)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.09.2014; Aktenzeichen I ZR 228/12)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.1.2012 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des LG Köln - 31 O 352/11 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte auf der Klägerin unter Ziff. I. 4. des landgerichtlichen Urteils zuerkannte außergerichtliche Rechtsanwaltskosten von 2.687,60 EUR Zinsen seit dem 23.6.2011 nur i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen hat.

II. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des LG sind (bis auf den Feststellungstenor zu Ziff. II. des landgerichtlichen Urteils) vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die jeweils gegnerische Partei vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt

  • hinsichtlich der Unterlassung 250.000 EUR
  • hinsichtlich der Auskunft und Vernichtung jeweils 10.000 EUR
  • hinsichtlich der Zahlung und der Kosten für die abwendende Partei 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren, für die vollstreckende Partei 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist in Deutschland Marktführerin bei dem Vertrieb von fremdsprachigen Wörterbüchern. Sie bietet zweisprachige Wörterbücher unter der Marke "L." (bis auf das Programm ausschließlich für Kinder sowie vereinzelte Aktionsangebote) seit dem Jahr 1956 als Printversion sowie seit 1986 in Form von Audio-CD's, CD-ROM's, e-Books und Apps für Smartphones in einer gelben Farbausstattung an. Auf den Produkten findet sich außerdem das Logo eines in Blau (HKS 48) gehaltenen Buchstabens "L" auf gelbem Grund. Darüber hinaus bietet die Klägerin seit 1986 unter der Marke "L." weitere Sprachlernprodukte, so etwa Sprachkurse, Sprach-, Vokabel- und Grammatiktrainer sowie Sprachkalender, jedenfalls teilweise in dieser farblichen Aufmachung an. Der Vertrieb der klägerischen Produkte erfolgt über den Einzelhandel, über die Webseite der Klägerin sowie über e-commerce-Portale. Die Produktkataloge und sonstigen Werbematerialien sowie die Homepage der Klägerin sind gleichfalls in Gelb gehalten und regelmäßig mit dem blau-gelben "L"-Logo der Klägerin versehen.

Am 4.10.2010 wurde zugunsten der Klägerin unter dem Anmeldedatum des 7.3.1996 die abstrakte Farbmarke Gelb (HKS 5) für zweisprachige Wörterbücher in Printform eingetragen. Zuvor hatte das Deutsche Patent- und Markenamt (im Folgenden DPMA) die Markenanmeldung mit Beschluss vom 17.6.2008 unter Verweis auf die fehlende Unterscheidungskraft der Farbe sowie die dagegen gerichtete Erinnerung der Klägerin mit weiterem Beschluss vom 16.9.2008 zurückgewiesen. Gegen diese Beschlüsse hatte die Klägerin Beschwerde eingelegt und im Verlauf des Beschwerdeverfahrens ein Verkehrsgutachten der Firma H Deutschland vom 28.7.2009 vorgelegt, ausweislich dessen 69 % der als Verkehrsbeteiligte angesehenen Nutzer bzw. Verwender von zweisprachigen Wörterbüchern in der Farbe Gelb (HKS 5) im Zusammenhang mit fremdsprachigen Wörterbüchern einen Hinweis auf die Klägerin sahen. Das BPatG hatte daraufhin mit Beschl. v. 28.10.2009 - 29 W (pat) 1/09 - die die Markeneintragung zurückweisenden Beschlüsse des DPMA mit der Begründung aufgehoben, die angemeldete Farbmarke sei zwar mangels Unterscheidungskraft von Hause aus nicht schutzfähig, habe sich aber im Verkehr durchgesetzt.

Die im Oktober 2009 als hundertprozentige Tochtergesellschaft der US-amerikanischen S Inc. gegründete Beklagte bietet seit April 2010 in Deutschland Lernsoftware für insgesamt 33 Sprachen in einer gelben Kartonverpackung an, auf der die mark...

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