Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensrecht: Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten nach "Unfallersatztarif"

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur weiteren Entwicklung der Rechtsprechung des 6. Zivilsenats des BGH zur Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten nach Verkehrsunfall aufgrund eines "Unfallersatztarifs" bis Oktober 2007.

2. Beurteilung eines Falles, in dem unstreitig ist, dass der von dem Mietwagenunternehmer berechnete Mietzins deutlich überteuert ist, und dementsprechend die Klage auf Erstattung der Mietwagenkosten auf eine Berechnung nach dem "Normaltarif" zzgl. eines pauschalen Aufschlags für unfallbedingte zusätzliche Leistungen und zzgl. konkret angefallener Nebenkosten gestützt ist.

3. Die von dem erstinstanzlich berufenen Gericht in Anwendung des § 287 ZPO getroffene Entscheidung zur Höhe des "Normaltarifs" und zur Höhe des pauschalen Aufschlags für unfallbedingte zusätzliche Leistungen ist im Berufungsrechtsstreit uneingeschränkt überprüfbar.

4. Der Schwacke-Automietpreisspiegel 2006 stellt eine geeignete Schätzungsgrundlage für die Bestimmung des "Normaltarifs" für Schadensfälle ab April/Mai 2006 dar; die konkrete Berechnung der erforderlichen Mietwagenkosten hat nach einer Kombination der danach einschlägigen Tages-, Mehrtages- und Wochentarife (dem sog. Modus) zu erfolgen.

5. Ist zwischen den Parteien des Rechtsstreits unstreitig, dass dem Geschädigten ein "Normaltarif" zugänglich war, kann über diesen hinaus ein pauschaler Aufschlag wegen unfallbedingter zusätzlicher Leistungen mangels einer die Haftung ausfüllenden Kausalität nicht verlangt werden.

 

Normenkette

BGB §§ 249 ff.; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 19.07.2007; Aktenzeichen 9 O 110/07)

 

Tenor

Unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels wird das am 19.7.2007 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Bonn - 9 O 110/07 - auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.274,86 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 119,80 EUR seit dem 20.2.2005, aus 9,20 EUR seit dem 13.3.2005, aus 76 EUR seit dem 1.8.2005, aus 25,40 EUR seit dem 24.8.2005, aus 332,66 EUR seit dem 15.8.2006, aus 232,60 EUR seit dem 1.10.2006, aus 8,40 EUR seit dem 18.10.2006, aus 71,20 EUR seit dem 20.11.2006 und aus 399,60 EUR seit dem 17.12.2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die im ersten Rechtszug entstandenen Kosten werden der Klägerin zu 86 % und der Beklagten zu 14 % auferlegt. Die Kosten des Berufungsrechtsstreits tragen die Klägerin zu 74 % und die Beklagte zu 26 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin, die ein Autovermietungsunternehmen betreibt und über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz zur außergerichtlichen Einziehung von Forderungen auf Ersatz von Mietwagenkosten verfügt, nimmt die Beklagte auf Zahlung restlicher Mietwagenkosten aufgrund von insgesamt 18 Verkehrsunfällen aus jeweils abgetretenem Recht der Geschädigten in Anspruch.

Die Ersatzpflicht der Beklagten als Haftpflichtversicherer der Kraftfahrzeuge der jeweiligen Unfallgegner ist unstreitig. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Abtretungen durch die Geschädigten an die Klägerin im Lichte des Rechtsberatungsgesetzes, ferner über die Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten. Die der Beklagten von der Klägerin übersandten Rechnungen belaufen sich auf insgesamt 17.440,60 EUR. Sie sind auf der Grundlage des von der Klägerin einzig vorgehaltenen "Unfallersatztarifs" erstellt. Hierauf zahlte die Beklagte 8.248,72 EUR.

Die Klägerin hat die ihr abgetretenen Ersatzforderungen nicht auf der Grundlage ihres Tarifs, den sie - wie die Beklagte - selbst für überhöht angesehen hat, mit der Differenz zwischen den beiden zuvor genannten Beträgen (9.191,88 EUR) beziffert, sondern hat sich auf die Geltendmachung eines Betrages von 9.137,48 EUR beschränkt. Sie hat die Auffassung vertreten, diese Summe entspräche den nach Maßgabe der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung erstattungsfähigen Mietwagenkosten. Der zur Schadensbeseitigung erforderliche Betrag bemesse sich nach dem "Normaltarif", als dessen maßgebliche Grundlage sie den Schwacke-Automietpreisspiegel 2006 (im Folgenden: AMP 2006) ansieht, zzgl. eines pauschalen Aufschlages von 30 % wegen spezifischer Kostensteigerungen bei der Vermietung von Ersatzfahrzeugen an Unfallgeschädigte und zzgl. Nebenkosten wie solchen für die Zustellung/Abholung der Mietfahrzeuge und für den Abschluss einer Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 1.000 EUR. Auf dieser Grundlage hat sie sich einen Betrag von 9.137,48 EUR errechnet, den sie mit der Klage geltend gemacht hat.

Die Beklagte, die Klageabweisung beantragt hat, hat u.a. die Auffassung vertreten, die Klägerin sei allenfalls berechtigt, die Mietwagenkosten nach dem "Normaltarif" zu berechnen. Für dessen Ermittlung sei indes nicht der AMP 2006 zugrunde zu legen, sondern der...

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