Leitsatz (amtlich)
1. Verstöße des AG gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs können von der Beschwerdeinstanz rückwirkend geheilt werden.
2. Es verstößt grundsätzlich gegen das Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer einen Verwalter wiederbestellen, der über mehrere Jahre weder Jahresabrechnungen noch Wirtschaftspläne zur Beschlussfassung vorgelegt hat.
Normenkette
GG Art. 103; WEG § 21 Abs. 4
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 20.11.2006; Aktenzeichen 1 T 10002/06) |
AG München (Aktenzeichen 481 UR II 1473/05) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des LG München I vom 20.11.2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner tragen gesamtschuldnerisch die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 157.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer größeren Wohnanlage. Der weitere Beteiligte ist Miteigentümer der Wohnanlage und zugleich seit 1973 deren Verwalter. Am 3.11.2005 fand eine ordentliche Eigentümerversammlung statt, bei der der weitere Beteiligte gem. der vorgesehenen Tagesordnung für den Zeitraum 1.1.2006 bis 31.12.2010 als Verwalter mit der Mehrheit der Stimmen wieder bestellt wurde.
In der Eigentumsanlage werden Eigentümerversammlungen nur in unregelmäßigen Abständen abgehalten. Die letzte vor dem 3.11.2005 liegende Versammlung war für den 2.7.2003 einberufen worden. Beschlüsse über die Jahresabrechnungen 2003, 2004 und 2005 wurden bisher nicht gefasst. Hintergrund dafür waren Gerichtsverfahren, in denen die vom weiteren Beteiligten erstellten Abrechnungen und Wirtschaftspläne vergangener Jahre angegriffen und teilweise für ungültig erklärt worden waren. So hatte das AG mit Beschluss vom 24.1.2003 rechtskräftig die Genehmigungsbeschlüsse für die Jahresabrechnung 2000 sowie für den Wirtschaftsplan 2002 für ungültig erklärt. Nachdem die Eigentümer in der Versammlung vom 2.7.2003 - teilweise erneut - die Jahresabrechnungen für die Jahre 2000 bis 2002 und die Wirtschaftspläne für die Jahre 2002 und 2003 genehmigt hatten, wurden diese mit bisher nicht rechtskräftigem Beschluss des AG vom 21.5.2004 für ungültig erklärt.
Die Antragsteller (zu 1-5) haben den Eigentümerbeschluss vom 3.11.2005 zur Wiederbestellung des Weiteren Beteiligten als Verwalter fristgerecht angefochten und ferner beantragt, die Antragsgegner zur Zustimmung zur Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund und zur außerordentlichen Kündigung des Verwaltervertrages zu verpflichten. Aufrechterhalten blieben zuletzt noch die Anträge der Antragsteller zu 1-3.
Die Antragsgegner sind den Anträgen entgegengetreten. Sie verweisen darauf, dass die Eigentümer mit großer Mehrheit einem Aufschub der Genehmigung für die Jahresabrechnungen zugestimmt hätten. Diese Handhabung sei auch wegen der wiederholten Anfechtung "sämtlicher Beschlüsse" durch die Antragsteller vernünftig und kostensparend. Dieses Vorgehen entspreche den Obliegenheiten realer ökonomischer Vernunft. Die Anlage floriere, Hausgelder würden pünktlich bezahlt. Der Wirtschaftsplan gelte gem. § 11 Ziff. 1 der Gemeinschaftsordnung (GO) bis zur Beschlussfassung über einen neuen Wirtschaftsplan fort. Im Übrigen hätten die Antragsteller gem. § 24 Abs. 2 WEG die Einberufung einer Eigentümerversammlung verlangen können.
Das AG hat mit Beschluss vom 17.5.2006 den Beschluss über die Wiederbestellung des Verwalters für ungültig erklärt und die Antragsgegner verpflichtet, den Beschlussanträgen der Antragsteller zuzustimmen, mit denen diese die Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirksamkeit sowie die Kündigung des bestehenden Verwaltervertrages begehren. Gegen diesen Beschluss haben die Antragsgegner, vertreten durch den vom weiteren Beteiligten beauftragten Rechtsanwalt, sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 20.11.2006 hat das LG die sofortige Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Verpflichtung zur Abberufung aufgehoben, der Antrag insoweit verworfen wird und die Antragsgegner verpflichtet werden, den bestehenden Verwaltervertrag fristlos zu kündigen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die form- und fristgerecht durch den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner in deren Namen eingelegte sofortige weitere Beschwerde.
Am 9.8.2006 fand eine weitere Eigentümerversammlung statt, in der die Wiederbestellung des Weiteren Beteiligten als Verwalter nochmals beschlossen wurde. Der Beschluss wurde ebenfalls angefochten, eine rechtskräftige Entscheidung dazu ist noch nicht ergangen.
II. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist zulässig, in der Sache jedoch ohne Erfolg.
1. Eine Aussetzung des Verfahrens analog § 148 ZPO hält der Senat nicht für geboten. Bei der Aussetzung des Verfahrens handelt es sich um eine Entscheidung, die der Verfahrensökonomie dient und die im pflichtgemäßen Ermessen des Richters steht (Reichold in Thoma...