Entscheidungsstichwort (Thema)

Terminsreisekosten des ohne Einschränkung beigeordneten, beim Gericht nicht zugelassenen Anwalts

 

Leitsatz (amtlich)

Die Terminsreisekosten des auswärtigen, beim Gericht nicht zugelassenen Prozesskostenhilfe-Anwalts sind aus der Staatskasse zu vergüten, wenn der Beiordnungsbeschluss keine Beschränkung hinsichtlich der Reisekosten enthält.

 

Normenkette

BRAGO § 126 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 25 O 10186/00)

 

Tenor

I. Der Beschluss des LG München I vom 5.11.2001 wird aufgehoben.

II. Das LG München I wird angewiesen, den Festsetzungsbeschluss vom 24.4.2001 dahin abzuändern, dass auch Terminsreisekosten des beigeordneten Rechtsanwalts festgesetzt werden.

 

Gründe

Der dem Beklagten zu 3) im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt wendet sich dagegen, dass bei der Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung die Reisekosten zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem LG München I nicht anerkannt wurden.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 128 Abs. 4 BRAGO) und begründet.

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Anweisung an das LG (Urkundsbeamtin), den Festsetzungsbeschluss in der Weise abzuändern, dass auch Terminsreisekosten des beigeordneten Rechtsanwalts berücksichtigt werden.

Nach der Rechtsprechung des Senats sind die Terminsreisekosten eines – der Partei ohne Einschränkung beigeordneten – auswärtigen, beim Gericht nicht zugelassenen Prozesskostenhilfe-Rechtsanwalts zu vergüten (vgl. Senat, OLG München v. 15.12.1983 – 11 WF 1227/83, AnwBl 1984, 210 = JurBüro 1984, 707; Senatsbeschluss v. 18.9.2001 – 11 WF 1134/01).

Nach § 126 Abs. 1 S. 1 BRAGO sind Reisekosten des Rechtsanwalts dann nicht zu vergüten, wenn sie zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der armen Partei nicht erforderlich waren. Eingeschränkt wird diese Regelung durch § 126 Abs. 1 S. 1 1. Hs. BRAGO für den beim Prozessgericht zugelassenen, dort aber nicht wohnenden Rechtsanwalt. Diese Einschränkung gilt aber nach § 126 Abs. 1 S. 2 2. Hs. BRAGO dann nicht, wenn ein (auswärtiger) Rechtsanwalt beigeordnet wird, der weder bei dem Prozessgericht noch bei einem Gericht zugelassen ist, dass sich an demselben Ort wie das Prozessgericht befindet.

Dieser letzte Fall ist vorliegend gegeben, so dass es nur darauf ankommt, ob die Terminsreise zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der Partei erforderlich war. Hier ist allein entscheidend, dass die Anwesenheit eines Prozessbevollmächtigten in den Terminen vor dem Prozessgericht immer erforderlich ist und dass demnach auch die Reise des beigeordneten (auswärtigen) Anwalts immer als erforderlich anzusehen ist (vgl. Senat, v. 18.9.2001 – 11 WF 1134/01; Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, 14. Aufl., Rz. 25, 15 zu § 126; Madert/Müller/Rabe, Kostenhandbuch Familiensachen, Kapitel O, Rz. 48).

In diesem Zusammenhang ist nicht zu überprüfen, ob für das Gericht eine Veranlassung bestand, gerade diesen (auswärtigen) Rechtsanwalt beizuordnen. Vielmehr ist von der Beiordnung auszugehen, durch die das Gericht zum Ausdruck gebracht hat, dass die Einschaltung des auswärtigen Anwalts für sachdienlich und notwendig erachtet wurde (vgl. Senat, v. 18.9.2001 – 11 WF 1134/01).

Allerdings vertritt der Senat im Fall der Beiordnung eines beim Prozessgericht nicht zugelassenen Anwalts zu den „Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts” die Ansicht, dass dem Prozesskostenhilfe-Anwalt – solange der Beiordnungsbeschluss Bestand hat – wegen der Terminsreisekosten kein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zusteht (vgl. OLG München, Beschl. v. 25.9.2000 – 11 WF 1174/00, OLGReport München 2001, 72 = Rpfleger 2001, 86).

Im vorliegenden Fall enthält der Beiordnungsbeschluss aber keine Einschränkung.

Der Vergütungsanspruch kann auch nicht in Hinblick auf den vom Bezirksrevisor zitierten Beschluss des Brandenburgischen OLG (Rpfleger 2000, 279 [280]) abgelehnt werden.

Dies ergibt sich schon daraus, dass die zitierte Entscheidung unmittelbar nur die Reisekosten eines Prozessbevollmächtigten betrifft, der „zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts” beigeordnet wurde, im vorliegenden Fall also nicht einschlägig ist.

Allerdings meint das Brandenburgische OLG auch, dass es eines solchen Zusatzes (Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts) nicht bedürfe, weil sich diese Beschränkung im Anwaltsprozess unmittelbar aus § 126 Abs. 1 S. 2 BRAGO ergebe, woraus wohl gefolgert werden soll, dass auch ohne diesen Zusatz Rechtsanwalts-Reisekosten nicht zu vergüten seien.

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Zum einen wird hier nicht berücksichtigt, dass der Beiordnungsbeschluss die Grundlage des dem Rechtsanwalt zustehenden Vergütungsanspruchs bildet (§ 122 Abs. 1 BRAGO) und es problematisch erscheint, in diesen Beschluss etwas hereinzulesen, was dort nicht ausdrücklich bestimmt ist. Zum anderen regelt § 126 Abs. 1 S. 2 BRAGO – wie ausgeführt – zwei unterschiedliche Fälle, nämlich den Fall, dass der Rechtsanw...

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